Presse Erwerbstätigkeit übertrifft im 1. Quartal 2022 erstmals Vorkrisenniveau

Erwerbstätigenzahl 0,5 % höher als im Vorquartal und 0,1 % über Vorkrisenniveau (4. Quartal 2019)

Pressemitteilung Nr. 208 vom 18. Mai 2022

Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland, 1. Quartal 2022
+0,5 % zum Vorquartal (saisonbereinigt)
-0,6 % zum Vorquartal (nicht saisonbereinigt)
+1,5 % zum Vorjahresquartal

WIESBADEN – Im 1. Quartal 2022 waren rund 45,1 Millionen Personen mit Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) stieg die Erwerbstätigenzahl im Vergleich zum 4. Quartal 2021 saisonbereinigt deutlich um 217 000 Personen (+0,5 %) und lag damit erstmals über dem Vorkrisenniveau: Im Vergleich zum 4. Quartal 2019, dem letzten Quartal vor Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland, stieg die Zahl der Erwerbstätigen im 1. Quartal 2022 saisonbereinigt um 0,1 % oder 43 000 Personen.

Ohne Saisonbereinigung ging die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber dem 4. Quartal 2021 zwar um 253 000 Personen oder 0,6 % zurück. Im Jahr 2022 fiel dieser saisonal übliche Rückgang im 1. Quartal jedoch merklich schwächer aus als im Durchschnitt der drei Vorkrisenjahre 2017 bis 2019 (-338 000 Personen; -0,8 %).

Stärkster Anstieg der Erwerbstätigkeit im Vorjahresvergleich seit 2. Quartal 2007

Verglichen mit dem 1. Quartal 2021 stieg die Zahl der Erwerbstätigen im 1. Quartal 2022 um 687 000 Personen (+1,5 %). Der Beschäftigungsanstieg im Vorjahresvergleich hat sich damit weiter erhöht. Im 1. Quartal 2021 war die Erwerbstätigkeit gegenüber dem Vorjahr noch um 1,5 % gesunken. Die positive Entwicklung im Vorjahresvergleich seit dem 2. Quartal 2021 lässt sich zwar immer noch zum Teil auf den Einbruch der Erwerbstätigenzahl im Jahr 2020 zurückführen, als die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirkten. Über diesen Basiseffekt hinaus ist aber seit dem Sommer 2021 ein deutlicher Aufwärtstrend zu erkennen. Noch stärker als im 1. Quartal 2022 war die Erwerbstätigkeit im Vorjahresvergleich zuletzt im 2. Quartal 2007 gestiegen, und zwar um 700 000 Personen (+1,8 %). Dieser Anstieg wurde damals den sogenannten Hartz-Reformen zugeschrieben.

Es ist zu beachten, dass sowohl die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie als auch der Zustrom von Geflüchteten aus der Ukraine seit März zu einer erhöhten Unsicherheit bei der Schätzung der Erwerbstätigenzahlen führen. Die massiv gestiegene und mittlerweile wieder gesunkene Kurzarbeit wirkt sich dabei allerdings nicht auf die Erwerbstätigenzahlen aus, da Kurzarbeitende nach den Konzepten der Erwerbstätigenrechnung unverändert als Erwerbstätige zählen.

Dienstleistungsbereiche mit stärkstem Beschäftigungszuwachs

Im 1. Quartal 2022 trugen überwiegend die Dienstleistungsbereiche zum Anstieg der Erwerbstätigenzahl gegenüber dem Vorjahresquartal bei (+650 000 Personen; +2,0 %): Die größten absoluten Beschäftigungsgewinne hatten die Öffentlichen Dienstleister, Erziehung, Gesundheit mit +242 000 Personen (+2,1 %), gefolgt von dem Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit +190 000 Personen (+2,0 %) sowie den Unternehmensdienstleistern mit +112 000 Personen (+1,9 %), zu denen auch die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften gehört. Im Bereich Information und Kommunikation entwickelte sich der Beschäftigungszuwachs mit +66 000 Personen (+4,7 %) noch dynamischer. Auch bei den Sonstigen Dienstleistungen (unter anderem Verbände und Interessenvertretungen) gab es wieder größere Beschäftigungsgewinne (+38 000 Personen; +1,3 %). Bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern setzte sich hingegen der bereits seit Jahren bestehende Abwärtstrend fort (-5 000 Personen; -0,5 %).

Im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) ist die Erwerbstätigenzahl im 1. Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahr erstmals seit dem 3. Quartal 2019 wieder leicht gestiegen (+14 000 Personen; +0,2 %). Auch im Baugewerbe konnten weiterhin Beschäftigungsgewinne erzielt werden (+30 000 Personen; +1,2 %). In der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sank die Zahl der Erwerbstätigen um 7 000 Personen (-1,3 %); dieser Rückgang bestätigte den langfristigen Trend in dieser Branche.

Mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, weniger Selbstständige

Zum Anstieg der Erwerbstätigkeit gegenüber dem Vorjahresquartal um 1,5 % hat im 1. Quartal 2022 maßgeblich die positive Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beigetragen. Leichte Beschäftigungsgewinne gab es auch bei der Zahl der Beschäftigten mit ausschließlich marginalen Tätigkeiten (geringfügig entlohnte und kurzfristig Beschäftigte sowie Personen in Arbeitsgelegenheiten), während die Zahl der selbstständig Tätigen weiter zurückging. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im 1. Quartal 2022 im Vergleich zum 1. Quartal 2021 um 719 000 (+1,8 %) auf 41,2 Millionen Personen. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger sank dagegen um 32 000 Personen (-0,8 %) auf 3,9 Millionen.

Arbeitsvolumen steigt um 3,3 %

Die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je erwerbstätiger Person erhöhte sich nach ersten vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit im 1. Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,7 % auf 341,3 Stunden. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen – also das Produkt aus Erwerbstätigenzahl und geleisteten Stunden je erwerbstätiger Person – erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 3,3 % auf 15,4 Milliarden Stunden.

Erwerbstätigenzahlen in der EU

Nach Angaben des europäischen Statistikamtes Eurostat vom 17. Mai 2022 stieg die nach europäisch harmonisierten Methoden berechnete Erwerbstätigkeit im 1. Quartal 2022 in den 27 Staaten der Europäischen Union (EU) und im Euroraum gegenüber dem Vorjahresquartal durchschnittlich stärker als in Deutschland (1,5 %). So betrug der Anstieg in der EU 2,5 % und im Euroraum 2,6 %.

Hinweis zu den bisher veröffentlichten Ergebnissen

Neben der Erstberechnung der Erwerbstätigenzahlen und der geleisteten Arbeitsstunden für das 1. Quartal 2022 wurden auch die bisher veröffentlichten Ergebnisse ab dem 1. Quartal 2021 im Rahmen der turnusmäßigen Überarbeitung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) überarbeitet. Aus der Neuberechnung resultieren für die vierteljährlichen Erwerbstätigenzahlen gleichwohl weitgehend identische Vorjahresveränderungsraten, die gegenüber den früheren Angaben nur im 4. Quartal 2021 um 0,1 Prozentpunkte tiefer liegen. Das in der Pressemitteilung vom 3. Januar 2022 (Nr. 01/22) veröffentlichte Jahresergebnis von 44,9 Millionen Erwerbstätigen und die Vorjahresentwicklungsrate von 0,0 % bleiben durch die Neuberechnung unverändert, weil die geringe Korrektur der Quartalsergebnisse keine Auswirkung auf das gerundete Jahresergebnis hat.

Detaillierte Ergebnisse und lange Zeitreihen zu den Erwerbstätigen für Deutschland können in der Datenbank GENESIS-Online über die Tabellen VGR des Bundes (81000-0012 und 81000-0016) und Arbeitsmarkt (13321) abgerufen werden.

Methodische Hinweise

In allen Meldungen zu Konjunkturindikatoren sind die unterschiedlichen Vergleichszeiträume zu beachten. Im Fokus der Konjunkturbeobachtung steht der Vergleich zum Vormonat bzw. Vorquartal. Hieraus lässt sich der kurzfristige Trend der konjunkturellen Entwicklung ablesen. Der Vorjahresvergleich dient einem längerfristigen Niveauvergleich und ist von saisonalen Schwankungen weitgehend unabhängig. In der Corona-Krise und im Zuge des Kriegs in der Ukraine kann es aktuell zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen im Vormonats-/Vorquartalsvergleich und Vorjahresvergleich kommen.

Krisenmonitor ermöglicht Vergleich zwischen Corona-Krise und Finanz- und Wirtschaftskrise

Die Erwerbstätigenzahlen sind auch Teil des „Krisenmonitor“ (www.destatis.de/krisenmonitor), mit dem das Statistische Bundesamt die Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in der Corona-Krise denen der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegenüberstellt. Der Krisenmonitor ergänzt die Sonderseite Corona-Statistiken, die seit Anfang April 2020 statistische Informationen zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bündelt.


Erwerbstätige und geleistete Arbeitsstunden
Jahr, Quartal 1Erwerbstätige 2Geleistete Arbeitsstunden 3
InsgesamtArbeit-
nehmer/-innen
Selbst-
ständige 5
Insgesamtje
Erwerbstätigen
saisonbereinigter Wert 4Originalwert
Personen in 1 000Millionen StundenStunden
1: Für Erwerbstätige: Jahres- beziehungsweise Quartalsdurchschnitte.
2: Ergebnisse der Erwerbstätigenrechnung im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen; Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland (Inlandskonzept).
3: Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg.
4: Saisonbereinigung nach X13-ARIMA unter JDemetra+.
5: Einschließlich mithelfender Familienangehöriger.
Q = Quartal
2018-44 85840 6354 22362 1131 384,7
2019-45 26841 1174 15162 5391 381,5
2020 -44 89840 8604 03859 4541 324,2
2021-4491840 9893 92960 4901 346,7

2019

Q145 17244 90640 7204 18615 952355,2
Q245 27345 23041 0694 16114 727325,6
Q345 28845 37841 2314 14716 060353,9
Q445 34245 55941 4484 11115 800346,8
2020Q145 37845 12241 0364 08615 604345,8
Q244 76444 71240 6624 05013 235296,0
Q344 70744 79440 7604 03415 446344,8
Q444 74844 96540 9833 98215 169337,4
2021Q144 69744 45140 5043 94714 918335,6
Q244 80144 74240 8173 92514 120315,6
Q345 00345 08841 1573 93115 774349,8
Q445 16845 39141 4793 91215 679345,4
2022Q145 38545 13841 2233 91515 407341,3
 Veränderung gegenüber Vorquartal in %Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %
2018-1,41,6-1,21,0-0,3
2019-0,91,2-1,70,7-0,2
2020 --0,8-0,6-2,7-4,9-4,1
202-0,00,3-2,71,71,7
2019Q10,3 1,21,4-1,31,90,7
Q20,2 1,01,3-1,6-0,4-1,4
Q30,0 0,81,1-1,81,30,5
Q40,1 0,71,0-2,1-0,1-0,8
2020 Q10,1 0,50,8-2,4-2,2-2,6
Q2-1,4 -1,1-1,0-2,7-10,1-9,1
Q3-0,1 -1,3-1,1-2,7-3,8-2,6
Q40,1 -1,3-1,1-3,1-4,0-2,7
2021Q1-0,1-1,5-1,3-3,4-4,4-2,9
Q20,20,10,4-3,16,76,6
Q30,50,71,0-2,62,11,5
Q40,40,91,2-1,83,42,4
2022Q10,51,51,8-0,83,31,7
Erwerbstätige mit Arbeitsort in Deutschland nach Wirtschaftsbereichen 1
Wirtschaftsbereich 22020202120212022
Q1Q2Q3Q4Q1

1: Ergebnisse der Erwerbstätigenrechnung im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Inlandskonzept);
Jahres- und Quartalsdurchschnitte.
2: Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008).
Q = Quartal

Personen in 1000
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei580563531593585539524
Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe8 1808 0888 0648 0648 0948 1248 078
darunter:
Verarbeitendes Gewerbe7 5767 4797 4597 4597 4827 5097 472
Baugewerbe2 5792 6062 5692 6022 6182 6362 599
Handel, Verkehr, Gastgewerbe10 0129 8699 7229 7729 95810 0279 912
Information und Kommunikation1 3981 4311 4051 4231 4371 4611 471
Finanz- und Versicherungsdienstleister1 0861 0811 0811 0781 0791 0851 076
Grundstücks- und Wohnungswesen477479474477481484481
Unternehmensdienstleister6 1066 1256 0446 1066 1626 1896 156
Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit11 48011 71111 62511 67511 68911 85411 867
Sonstige Dienstleister3 0002 9652 9362 9522 9852 9922 974
Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei-3,2-2,9-4,3-3,7-2,7-1,8-1,3
Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe-2,2-1,1-2,4-1,5-0,6-0,10,2
darunter: 
Verarbeitendes Gewerbe-2,4-1,3-2,6-1,6-0,7-0,20,2
Baugewerbe1,31,01,11,50,90,81,2
Handel, Verkehr, Gastgewerbe-2,1-1,4-4,2-1,7-0,50,62,0
Information und Kommunikation1,52,40,32,23,03,94,7
Finanz- und Versicherungsdienstleister-0,9-0,5-0,6-0,3-0,4-0,5-0,5
Grundstücks- und Wohnungswesen-0,60,4-0,40,40,61,01,5
Unternehmensdienstleister-1,90,3-2,20,71,61,21,9
Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit1,52,01,62,32,21,92,1
Sonstige Dienstleister-1,3-1,2-3,1-1,1-0,30,21,3

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