Statistik visualisiert Methodenbeschreibung - Gender Gap Simulator

Einleitung

Der Gender Pay Gap gilt als der zentrale Indikator zur Messung von Verdienst­ungleichheit zwischen Frauen und Männern. In bereinigter und unbereinigter Form gibt er Auskunft über die geschlechts­spezifischen Unterschiede beim Brutto­stunden­verdienst. Verdienst­ungleichheit begrenzt sich jedoch nicht nur auf Brutto­stunden­verdienste. Nicht am Erwerbs­leben teilzunehmen oder in Teilzeit zu arbeiten birgt mittel- bis langfristige Verdienst­folgen.

Beim Gender Gap Simulator handelt es sich um ein Analysetool, das verschiedene Dimensionen und Ursachen von Verdienst­ungleichheit betrachtet. Dabei beleuchten drei Szenarien das Thema aus einer jeweils anderen Perspektive: Neben Brutto­stunden­verdiensten werden auch die bezahlte Arbeits­zeit und die Erwerbs­tätigen­quote von Frauen und Männern fokussiert. Je Szenario können Sie mindestens eine Struktur­komponente verändern und die damit verbundenen Auswirkungen auf Verdienst­ungleichheit nachvollziehen.

Der Gender Gap Arbeitsmarkt als neuer Indikator für erweiterte Verdienst­ungleichheit betrachtet mehrere Dimensionen: Neben der Verdienst­lücke pro Stunde verdeutlicht er Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbs­beteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap).

Der Gender Gap Simulator richtet sich insbesondere an politische Entscheidungs­träger, die sich mit dem Thema Verdienst­ungleichheit befassen und mehr über verschiedene Ursachen von Verdienst­ungleichheit erfahren wollen.

Datengrundlage

Der Gender Gap Simulator basiert auf den Daten der Verdienst­erhebung vom April 20221. Bis zum Berichts­jahr 2021 wurden Ergebnisse zum Gender Pay Gap basierend auf der vierjährlichen Verdienst­struktur­erhebung (VSE) berechnet. Diese wurde letztmalig für das Berichts­jahr 2018 durchgeführt und anschließend durch die Viertel­jährliche Verdienst­erhebung (VVE) fortgeschrieben. Ab dem Berichts­jahr 2022 wurde die VSE durch die neue monat­liche Verdienst­erhebung (VE) abgelöst. Aufgrund dieser methodischen Umstellung ist die Vergleich­barkeit des Gender Pay Gap 2022 mit den Vorjahren eingeschränkt.

In der Verdienst­erhebung werden Daten zu Verdiensten und Arbeits­zeiten von abhängig Beschäftigten in Deutschland erfasst. Monatlich stehen zwischen 8 und 9 Millionen Daten­sätze zur Verfügung. Die Ergebnisse zum Gender Pay Gap basieren auf den Erhebungen aus dem Berichtsmonat April. Der April gilt als repräsentativer Monat für das Jahr. Den Gender Pay Gap berechnen wir nach der einheit­lichen Definition von Eurostat. Dabei werden das Produ­zierende Gewerbe und der Dienst­leistungs­bereich (Wirtschafts­zweige B - S ohne den Abschnitt O "Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozial­versicherung") sowie Unternehmen ab einer Größe von zehn Beschäftigten in die Berechnung einbezogen. Sowohl Teilzeit- als auch Vollzeit­beschäftigte, geringfügig Beschäftigte, Auszubildende und Personen in Alters­teilzeit sind in der Analyse enthalten.

Neben persönlichen Angaben, wie Alter, Ausbildungs­abschluss oder Dauer der Unternehmens­zugehörigkeit, enthält die Verdienst­erhebung arbeits­platz­bezogene Informationen, wie die Tätigkeit, das Anforderungs­niveau oder Art und Umfang der Beschäftigung sowie unternehmens­bezogene Merkmale, wie die Branche oder die Unternehmens­größe. Die Verdienst­erhebung ermöglicht damit Aussagen über die Verteilung der Arbeitnehmer­verdienste sowie über den Einfluss wichtiger Faktoren, die die individuelle Verdienst­höhe bestimmen.

Methode

Im Folgenden werden die im Gender Gap Simulator aufgeführten Indikatoren (Gender Pay Gap, Verdienstabstand im Monat, Gender Hours Gap, Gender Employment Gap und Gender Gap Arbeitsmarkt) und ihre Berechnungsweise aufgeführt.

Gender Pay Gap

Der Gender Pay Gap (GPG) misst den Abstand zwischen den durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdiensten (bsv) von Frauen (f) und Männern (m) in Prozent des durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdienstes der Männer:

Bei der Berechnung des durch­schnitt­lichen Brutto­stunden­verdienstes (bsv) wird die Summe aller Brutto­stunden­verdienste jeweils von Frauen (f) und von Männern (m) gebildet und durch die Anzahl der weiblichen beziehungs­weise männlichen Beschäftigten (N) dividiert:

Dabei wird der Brutto­stunden­verdienst (bsv) ohne Sonder­zahlungen (SZ) und mit Überstunden­angaben (ÜSt) für jedes Beschäftigungs­verhältnis (i) berechnet (bmv = Bruttostundenverdienst/Gesamtbruttoentgelt, St = Bezahlte Arbeitsstunden ohne Überstunden im Monat):

Im April 2022 lag der unbereinigte Gender Pay Gap bei 18 %. Während der unbereinigte Gender Pay Gap den durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdienst von Frauen und Männern mit unterschied­lichen lohn­bestimmenden Merkmalen miteinander vergleicht, werden diese Unter­schiede beim bereinigten Wert heraus­gerechnet2. Ausgehend vom unbereinigten Wert (18 %) sind 11 Prozent­punkte auf Unter­schiede in lohn­bestimmenden Merkmalen zwischen Frauen und Männern zurück­zuführen. Die wichtigsten Ursachen für die Verdienst­lücke bestehen darin, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungs­niveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Zum anderen sind Frauen häufiger gering­fügig und in Teilzeit beschäftigt, was auch mit geringeren durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdiensten einhergeht.

Hingegen können 7 Prozent­punkte der 18 % nicht durch unter­schiedliche, in der Verdienst­erhebung vorhandene Merkmale erklärt werden (bereinigter Gender Pay Gap). Bei der Inter­pretation des bereinigten Werts ist zu berück­sichtigen, dass nicht alle relevanten lohn­bestimmenden Merkmale in der Verdienst­erhebung vorhanden sind. Informationen über Erwerbs­unterbrechungen (beispielsweise durch Mutter­schutz oder Eltern­zeit) liegen nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass der bereinigte Wert geringer ausfallen würde, wenn weitere Informationen vorlägen. Die direkte Verdienst­diskriminierung durch Arbeit­geber liegt damit bei maximal 7 %. Der bereinigte Gender Pay Gap ist damit als "Obergrenze" für direkte Verdienst­diskriminierung zu verstehen.

Verdienstabstand im Monat

Der Verdienst­abstand im Monat misst den Abstand zwischen dem durch­schnittlichen Brutto­monats­verdienst (bmv) von Frauen (f) und Männern (m) in Prozent des durch­schnittlichen Brutto­monats­verdienstes (bmv) der Männer (m):

Bei der Berechnung des durch­schnittlichen Brutto­monats­verdienstes (bmv) wird die Summe aller Brutto­monats­verdienste jeweils von Frauen (f) und von Männern (m) gebildet und durch die Anzahl der weiblichen beziehungs­weise männlichen Beschäftigten (N) dividiert:

Der Brutto­monats­verdienst zur Berechnung des Verdienst­abstandes im Monat enthält keine Sonder­zahlungen (§ 1 Absatz 2 Nummer 2a EBV).

Gender Hours Gap

Der Gender Hours Gap beschreibt den Unterschied zwischen der durch­schnittlichen Anzahl monatlich bezahlter Arbeits­stunden (h) von Frauen (f) und Männern (m) in Prozent der durchschnittlichen Anzahl monatlich bezahlter Arbeits­stunden (h) von Männern (m):

Bei der Berechnung der durch­schnittlichen Anzahl bezahlter Über­stunden wird die Summe aller monatlich bezahlten Arbeits­stunden (h) jeweils von Frauen (f) und von Männern (m) gebildet und durch die Anzahl der weiblichen beziehungs­weise männlichen Beschäftigten (N) dividiert:

Die Anzahl an bezahlten Arbeits­stunden umfasst die Anzahl der bezahlten Über­stunden.

Gender Employment Gap

Der Gender Employment Gap beschreibt den Unter­schied zwischen der Erwerbs­tätigen­quote (etq) von Frauen (f) und Männern (m) in Prozent der Erwerbs­tätigen­quote (etq) von Männern (m):

Die Erwerbs­tätigen­quoten basieren auf den Ergeb­nissen des Mikro­zensus und beschreiben den Anteil der Erwerbs­tätigen an der Bevölkerung. Nach Definition der Inter­nationalen Arbeits­organisation (ILO) sind Erwerbs­tätige Personen ab 15 Jahren, die mindestens eine Stunde in der Woche gegen Entgelt einer beruflichen Tätig­keit nachgehen beziehungs­weise in einem Arbeits­verhältnis stehen (Arbeit­nehmerinnen und Arbeit­nehmer) oder selbstständig ein Gewerbe, einen freien Beruf, ein Handwerk oder eine Land­wirtschaft betreiben oder als mithelfende Familien­angehörige im Betrieb eines Familien­mitglieds mitarbeiten, ohne dafür Lohn oder Gehalt zu beziehen.

Gender Gap Arbeitsmarkt

Der Gender Gap Arbeitsmarkt (GGA) ist ein erweitertes Indikatorenset zu geschlechter­spezifischer Verdienst­ungleichheit. Neben Unter­schieden im Brutto­stunden­verdienst (Gender Pay Gap) berücksichtigt der Indikator Unter­schiede in der bezahlten Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbs­beteiligung (Gender Employment Gap).

Damit besteht der Gender Gap Arbeitsmarkt aus drei kombinierten Größen:

• dem durch­schnittlichen Brutto­stunden­verdienst (bsv)
• der durch­schnittlichen Anzahl an bezahlten Arbeits­stunden im Monat (h)
• der Erwerbs­tätigenquote (etq)

Das breit gefasste Konzept der ILO von Erwerbs­tätigkeit unter­scheidet sich zum einen von den Inhalten der Verdienst­erhebung, die nur abhängig Beschäftigte umfasst, zum anderen vom Gender Pay Gap, der die Wirtschafts­zweige A (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) und O (öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung) bei der Berechnung ausschließt. Da drei Größen mit unterschiedlichen Maßeinheiten miteinander kombiniert werden, ist eine eindeutige Interpretation des Gender Gap Arbeitsmarkt erschwert.

Als erweiterter Indikator für Verdienst­ungleichheit beleuchtet der GGA die Verdienst- und Beschäftigungs­situation von verschiedenen Seiten und lässt insbesondere im Vergleich unter­schiedlicher Regionen, Bevölkerungs­schichten und Zeitpunkten interessante Rück­schlüsse über unter­schiedliche Ursachen von Verdienst­ungleichheit zu. Dabei dient der Indikator als Maß für erweiterte Verdienst­ungleichheit: Je höher er ausfällt, desto stärker ist die Verdienst­ungleichheit auf einem Arbeits­markt ausgeprägt. Um die Relevanz des Indikators zu verdeutlichen, folgendes fiktives Beispiel:

Gender Gap Arbeitsmarkt und seine Bestandteile

Gender Gap Arbeitsmarkt und seine Bestandteile – ein fiktives Beispiel
StaatDurch­schnittlicher
Brutto­stunden­verdienst
Gender
Pay Gap
Durch­schnittliche
Arbeitszeit
Gender
Hours Gap
Erwerbs­beteiligungGender
Employment
Gap
Gender Gap
Arbeits­markt
MännerFrauenMännerFrauenMännerFrauen
in Euroin %Stunden im Monatin %
Land 121,817,4201541232080721042
Land 216,015,251761451868502743

Stand 28. Juni 2023

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In Land 2 fällt der Gender Pay Gap mit 5 % deutlich geringer aus als in Land 1 mit 20 %. Dagegen unter­scheidet sich die Höhe des Gender Gap Arbeitsmarkt zwischen den beiden Ländern kaum – Land 2 weist mit 43 % sogar einen minimal höheren Gender Gap Arbeitsmarkt und damit ein höheres Maß an Verdienst­ungleichheit auf. Ursache hierfür ist insbe­sondere der geringe Anteil an erwerbs­tätigen Frauen und der damit einher­gehende hohe Gender Employment Gap (27 %). Damit liegt die Vermutung nahe, dass in Land 2 eher jene Frauen am Erwerbs­leben teilnehmen, die ohnehin relativ hohe Verdienste erzielen, während schlechter verdienende Frauen dem Arbeits­markt eher fernbleiben, wodurch der niedrige Gender Pay Gap erklärt werden kann.

Der Indikator wurde von Eurostat (Bezeichnung Eurostat: Gender Overall Earnings Gap) entwickelt und erstmals für das Berichtsjahr 2010 auf EU-Ebene veröffentlicht.

1: Für weitere Informationen zur Verdiensterhebung siehe Qualitätsbericht.

2: Das Bereinigungsverfahren wird im Methodenbericht zum bereinigten Gender Pay Gap ausführlich beschrieben.