Dienstleistungen Die neue Strukturstatistik im Handels- und Dienstleistungs­bereich

Die neue Struktur­statistik im Handels-und Dienstleistungs­bereich deckt ab dem Berichtsjahr 2021 die folgenden Bereiche der Statistischen Systematik der Wirtschafts­zweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE Rev. 2) ab:

  • Abschnitt G: Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen
  • Abschnitt H: Verkehr und Lagerei
  • Abschnitt I: Gastgewerbe
  • Abschnitt J: Information und Kommunikation
  • Abschnitt K: Erbringung von Finanz- und Versicherungs­dienstleistungen
  • Abschnitt L: Grundstücks- und Wohnungswesen
  • Abschnitt M: Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen
  • Abschnitt N: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen
  • Abschnitt P: Erziehung und Unterricht
  • Abschnitt Q: Gesundheits- und Sozialwesen
  • Abschnitt R: Kunst, Unterhaltung und Erholung
  • Abteilung S95: Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern
  • Abteilung S96: Erbringung von sonstigen überwiegend persönlichen Dienstleistungen

Ermittlung der Strukturdaten

Im Rahmen der Strukturstatistik im Handels- und Dienstleistungs­bereich wird jährlich eine dezentrale Stichproben­erhebung mit Auskunftspflicht durchgeführt, bei der höchstens insgesamt 10 % aller Erhebungs­einheiten aus den oben angeführten Bereichen befragt werden. Das Statistische Bundesamt befragt weiterhin alle Erhebungs­einheiten des Großhandels, während im Bereich Finanz- und Versicherungs­dienstleistungen vorwiegend Verwaltungsdaten für die Statistikerstellung genutzt werden.

Die Auswahlgesamtheit bildet das statistische Unternehmensregister. Es enthält Angaben zur eindeutigen Identifizierung der Befragungseinheiten, zum Wirtschaftszweig, zur Aufnahme sowie Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit und zur wirtschaftlichen Bedeutung im Hinblick auf den steuerbaren Umsatz und die Zahl der sozialversicherungs­pflichtig Beschäftigten.

Ab dem Berichtsjahr 2021 vereint die Strukturstatistik im Handels- und Dienstleistungs­bereich die bisherige Strukturerhebung im Dienstleistungs­bereich mit den bisherigen Jahres­erhebungen im Handel und Gastgewerbe. Gleichzeitig deckt erstmals eine einheitliche Erhebung den kompletten Bereich der Dienstleistungen ab. Grundlage dieser Änderung gegenüber den Vorjahren ist die "Verordnung (EU) 2019/2152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über europäische Unternehmens­statistiken, zur Aufhebung von zehn Rechtsakten im Bereich Unternehmens­statistiken", umgesetzt im Handels- und Dienstleistungs­statistikgesetz vom 22. Februar 2021 (BGBl. I Seite 266).

Bis zur Verabschiedung der Verordnung lagen den europäischen Unternehmens­statistiken insgesamt zehn einzelne, im Laufe der Jahrzehnte entstandene, Verordnungen zugrunde. Mit ihrer Ablösung durch den neuen Rechtsrahmen werden die Unternehmens­statistiken EU-weit auf eine einheitliche rechtliche Basis gestellt. Diese dient durch die Anwendung gemeinsamer Definitionen und Klassifikationen der methodischen Konsistenz der Ergebnisse sowohl wirtschaftszweig- als auch länderübergreifend.

Die neue Verordnung dient damit der nunmehr vollständigen und einheitlichen Abbildung der Wirtschaftsstrukturen. Bislang bestehende Lücken, etwa im Abschnitt K, aber auch die Abschnitte P, Q, R und die Abteilung S96 betreffend, sind erstmals geschlossen und konsistente Ergebnisse möglich.


Erhebungseinheiten sind die Rechtlichen Einheiten und Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit, sofern es sich um Markt­produzenten handelt. Auf der Grundlage der bei den befragten Stichproben­einheiten erfassten Merkmalswerte werden durch Hochrechnung entsprechende Totalwerte ermittelt.

Die auskunftspflichtigen Einheiten werden nach mathematisch-statistischen Methoden aus der Auswahlgesamtheit des Unternehmens­registers nach einem Auswahlplan mittels einer geschichteten Zufallsstichprobe gezogen. Die so ermittelten Einheiten erhalten durch das zuständige statistische Amt des Bundeslandes den Zugang zu den Erhebungs­instrumenten, füllen diese aus und liefern die geforderten Angaben an das statistische Amt zurück. Eine Ausnahme bilden die Einheiten des Großhandels. Hier führt weiterhin das Statistische Bundesamt die Erhebung zentral durch. Für die Erfassung, Plausibilisierung, Auswertung und Aufbereitung der Daten wird ein bundesweit einheitliches Verbundprogramm angewendet. In den statistischen Ämtern des Bundes und der Länder durchlaufen die erfassten Daten verschiedene Plausibilisierungs­prüfungen, bevor sie zu Landes- beziehungsweise Bundesergebnissen aggregiert werden.

In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse für Unternehmen gemäß EU-Definition ermittelt und anschließend an das Statistische Amt der EU (Eurostat) geliefert. Diese Darstellungseinheit löst ab dem Berichtjahr 2021 auch auf Bundesebene die bislang vorwiegend genutzte, mit der Erhebungseinheit identische, Darstellungseinheit "Rechtliche Einheit" ab.

Erhebungsmerkmale

Auf der rechtlichen Grundlage des Handels- und Dienstleistungs­statistikgesetzes (HdlDlStatG) in Verbindung mit dem Bundesstatistikgesetz (BStatG) liefert die Strukturstatistik im Handels- und Dienstleistungs­bereich Ergebnisse zu folgenden Merkmalskomplexen:

1. Allgemeine Angaben zur Kennzeichnung der Erhebungseinheit

  • Wirtschaftlicher Schwerpunkt
  • Anzahl der Niederlassungen

2. Tätige Personen sowie Personalaufwand

  • Zahl der tätigen Personen nach Stellung im Beruf sowie Voll- und Teilzeit
  • Bruttoentgelte
  • gesetzliche und übrige Sozialaufwendungen des Arbeitgebers

3. Umsätze, Vorleistungen sowie Steuern und Subventionen

  • Umsätze oder Einnahmen nach In- und Ausland und sonstige betriebliche Erträge, für Erhebungseinheiten der Wirtschaftszweige
    des Abschnitts G (Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) auch Verkaufserlöse aus Sachanlagen
  • Auslandsumsätze oder -einnahmen nach Sitz des Auftraggebers innerhalb und außerhalb der Europäischen Union
  • Umsätze oder Einnahmen nach Art der Dienstleistung
  • Umsätze nach Art der Tätigkeit
  • Handelsumsätze nach Produktarten
  • Aufwendungen für Waren, Material und Dienstleistungen nach Arten
  • Wert der Bestände von Waren, Material und Dienstleistungen zu Beginn und zum Ende des Berichtsjahres
  • Aufwendungen für Mieten, Pachten und Leasing
  • Steuern, Abgaben und Subventionen

4. Investitionen

  • Bruttoinvestitionen in Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände nach Arten
  • Wert der selbst erstellten Sachanlagen und immateriellen Vermögensgegenstände.

Zur Reduzierung des Aufwands bei den Auskunftspflichtigen wurde der Merkmalskatalog auf das zwingend Erforderliche eingegrenzt. Eine weitere deutliche Entlastung bei Einheiten mit einem Umsatz von weniger als 300 000 Euro im Berichtsjahr bringt eine spezifische Reduzierung des Merkmalskatalogs. Im Bereich der Finanz- und Versicherungs­dienstleistungen wird zudem weitestgehend auf für die Statistikerstellung geeignete Verwaltungsdaten zurückgegriffen.

Genauigkeit der Ergebnisse

Bei jeder Stichproben­erhebung gibt es einen gewissen Unschärfebereich. Dieser wird als Standardfehler bezeichnet. So sinkt die Zuverlässigkeit der Ergebnisse, je detaillierter das Ergebnis hinsichtlich Wirtschaftszweig, Unternehmens­größenklasse, regionaler Zuordnung oder Merkmalsunter­gliederung ist. Mit zunehmendem Detaillierungsgrad wachsen in der Regel stichprobenbedingte Fehler (Stichproben­zufallsfehler) sowie die Abhängigkeit der Richtigkeit der Meldung einzelner, bedeutsamer Einheiten (nichtstichproben­bedingte, systematische Fehler).
Das Stichprobendesign wurde nach wissenschaftlich anerkannten Methoden so ausgewählt, dass die statistischen Ergebnisse bei dem vorgegebenen Stichprobenumfang mit der erforderlichen bestmöglichen Präzision bereitgestellt werden. Bei einem gesetzlich vorgegebenen Stichproben­umfang wird die Genauigkeit durch Schichtung und Bildung von Totalschichten qualitativ sichergestellt.

Hintergrund zur Darstellungseinheit:

In den Strukturstatistiken im Produzierenden Gewerbe sowie im Handels- und Dienstleistungs­bereich wurde bis einschließlich Berichtsjahr 2017 der Begriff "Unternehmen" mit der Rechtlichen Einheit gleichgesetzt, also mit der kleinsten rechtlichen Einheit, die aus handels- oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt und Geschäfts­abschlüsse aufstellt beziehungsweise über ähnliche Aufzeichnungen verfügt. Rechtliche Einheiten sind juristische und natürliche Personen, die eine Wirtschaftstätigkeit selbstständig ausüben, beispielsweise Aktiengesellschaften, GmbHs, Offene Handelsgesellschaften oder auch Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmer.

Diese Definition des Unternehmens entspricht jedoch nicht der EU-Definition, die für die Strukturstatistiken in den Mitgliedstaaten der EU maßgebend ist. Der Unterschied zur Definition des Unternehmens nach EU-Recht liegt darin, dass nach der EU-Definition ein Unternehmen aus mehr als einer Rechtlichen Einheit bestehen kann. Diese Definition wird in der "Verordnung (EWG) Nr. 696/93 des Rates vom 15. März 1993 betreffend die statistischen Einheiten für die Beobachtung und Analyse der Wirtschaft in der Gemeinschaft" festgelegt.

Die Darstellung von Ergebnissen für Unternehmen in der Definition nach EU-Recht bringt Vorteile für die Analyse der Wirtschaft. So führt beispielweise bei einer Betrachtung auf Ebene der Rechtlichen Einheit die Ausgliederung der Beschäftigten aus einer Rechtlichen Einheit im Produzierenden Gewerbe in eine andere, eigenständige Rechtliche Einheit dazu, dass die Statistik für die ursprüngliche Rechtliche Einheit eine Produktion ohne Beschäftigte nachweist. Aussagen zur Produktivität des Faktors Arbeit werden damit unmöglich. Werden dagegen beide Einheiten in der Unternehmensstrukturstatistik entsprechend der EU-Definition zu einem Unternehmen zusammengefasst, ist der Zusammenhang von Umsatz und Beschäftigung wieder gegeben.

Seit dem Berichtsjahr 2018 ist das Unternehmen gemäß der EU-Definition daher die zentrale Darstellungseinheit der strukturellen Unternehmens­statistiken. Doppelveröffentlichungen nach Rechtlichen Einheiten und Unternehmen wurden übergangsweise angeboten.

Weitere Informationen finden Sie in dem Beitrag Die neue Strukturstatistik im Handels- und Dienstleistungsbereich in unserem Wissenschaftsmagazin "WISTA - Wirtschaft und Statistik", 05/2022.