Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex misst die Fahrleistung von mautpflichtigen Lastkraftwagen (Lkw) mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen. Mit Berichtsmonat Oktober sind erstmals auch Lkw-Maut-Fahrleistungsindizes für die Bundesländer verfügbar. Die Indizes für die Bundesländer veröffentlicht das Statistische Bundesamt ab sofort monatlich zeitgleich mit dem bereits bestehenden Lkw-Maut-Fahrleistungsindex für Deutschland in seinem Internetangebot. Für die Bundesländer sind, ebenso wie für den gesamtdeutschen Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, unbereinigte sowie kalender- und saisonbereinigte Ergebnisse1) verfügbar. Die Daten für Bundesländer stehen in der Datenbank GENESIS-Online über die Tabelle 42191-0010 bereit.
Für die Berechnung des monatlichen Lkw-Maut-Fahrleistungsindex differenziert nach Bundesländern summiert das Bundesamt für Güterverkehr die erbrachte Fahrleistung in Kilometern von mautpflichtigen Fahrzeugen je Bundesland. Diese wird ins Verhältnis zur durchschnittlichen monatlichen Fahrleistung je Bundesland im Jahr 2015 gesetzt. Wie beim gesamtdeutschen Lkw-Maut-Fahrleistungsindex wird nur die Fahrleistung auf Bundesautobahnen von Lkw mit mindestens vier Achsen einbezogen. Die Zeitreihe der Werte für den regionalen Fahrleistungsindex nach Bundesländern beginnt im Januar 2008. Für den gesamtdeutschen Lkw-Maut-Fahrleistungsindex liegen Werte ab Januar 2005 vor. Der Fahrleistungsindex beruht auf einer nahezu vollständigen Erhebung aller mautpflichtigen Fahrten von Lkw mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen in Deutschland beziehungsweise den jeweiligen Bundesländern.
Zusammenhang zwischen regionaler Lkw-Fahrleistung und regionaler Industrieaktivität
Wirtschaftliche Aktivität erzeugt und benötigt Verkehrsleistungen – daher besteht ein enger Zusammenhang zwischen der konjunkturellen Entwicklung und dem Verkehr von Lastkraftwagen. Wegen seiner frühen Verfügbarkeit dient der gesamtdeutsche Lkw-Maut-Fahrleistungsindex als ergänzender Konjunkturindikator2). Nachfolgend skizziert eine erste explorative Analyse den Zusammenhang zwischen Lkw-Fahrleistung und industrieller Aktivität auf der regionalen Ebene von Bundesländern.
Als Maß für den Zusammenhang zwischen Lkw-Maut-Fahrleistungsindex und Umsatzentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe wird die Korrelation von kalender- und saisonbereinigten Vormonatsraten herangezogen3). Je näher der Korrelationskoeffizient an Null liegt, desto schwächer ist der Zusammenhang der Variablen. Umgekehrt stellt ein Korrelationskoeffizient mit dem Wert Eins einen perfekten Zusammenhang der Variablen dar. Abbildung 1 zeigt die Korrelationskoeffizienten zwischen den Vormonatsraten der regionalen LKW-Maut-Fahrleistungsindizes und der regionalen Umsatzentwicklung im Verarbeitenden Gewerbe für alle Bundesländer. Die Analyse bezieht sich auf monatliche saisonbereinigte Vormonatsraten für den Zeitraum von Februar 2009 bis Juli 2021.
Abbildung 1:
Die Korrelationskoeffizienten liegen zwischen 0,75 für Bayern und 0,12 für Schleswig-Holstein. Die Abbildung verdeutlicht, dass die Qualität des Zusammenhangs zwischen regionaler Lkw-Fahrleistung und regionaler Industrieaktivität differenziert zu betrachten ist.
Bei den oberen neun Bundesländern aus Abbildung 1 besteht ein Korrelationskoeffizient von über 0,5, was auf einen relativ engen Zusammenhang zwischen der regionalen Fahrleistung und dem regionalen Umsatz hinweist. Die betreffenden Bundesländer weisen tendenziell Industriestrukturen mit Schwerpunkten in Bereichen auf, die jeweils starke Lkw-Verkehre erzeugen. Unter anderem sind dies die Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, von Metallerzeugnissen sowie in einigen Bundesländern der Bereich Maschinenbau.
Flächenländer mit Korrelationskoeffizienten unter 0,5 sind Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Die industrielle Struktur in diesen Bundesländern unterscheidet sich von der in den oben genannten Bundesländern. Unter anderem spielt die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln hier eine größere Rolle. Auch ist insgesamt der Anteil des lastverkehrs-intensiven Verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung in diesen vier Bundesländern unter dem bundesweiten Durchschnitt.
Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg weisen mit unter 0,3 sehr niedrige Korrelationskoeffizienten auf. Insgesamt gibt es in den Stadtstaaten weniger Lkw-Verkehr, zudem finden sich hier im Vergleich zu den Flächenstaaten stark abweichende Wirtschaftsstrukturen. So liegt der Anteil der weniger verkehrsintensiven Unternehmensdienstleistungen an der regionalen Bruttowertschöpfung in den Stadtstaaten über dem bundesweiten Durchschnitt.
Zusammenhang zwischen regionaler Lkw-Fahrleistung und gesamtdeutscher Industrieaktivität
Wegen der Relevanz von Durchgangsverkehren durch die Bundesländer beziehungsweise Bundeslandsein- und -ausfahrten ist auch eine Betrachtung der Korrelation regionaler Lkw-Fahrleistungen mit dem gesamtdeutschen Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe sinnvoll. Abbildung 2 stellt die Korrelationskoeffizienten in dieser Betrachtungsweise dar. Sie liegen für die meisten Bundesländer über denen in Abbildung 1, in Nordrhein-Westfalen ergibt sich eine etwa gleich hohe Korrelation.
Abbildung 2:
In Brandenburg und Sachsen-Anhalt zeigen sich strukturell etwas andere Resultate, wenn die Korrelation der regionalen Lkw-Fahrleistung mit der gesamtdeutschen Umsatzentwicklung betrachtet wird. Hier ist nun ein deutlicherer Zusammenhang zwischen dem Lkw-Maut-Fahrleistungsindex und dem Umsatzindex für ganz Deutschland im Verarbeitenden Gewerbe zu beobachten, der bei einer rein regionalen Betrachtung nicht auftritt. Dabei dürfte der Durchgangsverkehr im Zusammenhang mit West-Ost-Transitfahrten eine wichtige Rolle spielen.
Fazit
Da der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex auf einer nahezu vollständigen Erhebung aller mautpflichtigen Fahrten von Lkw mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen beruht, spiegelt er in allen Bundesländern sehr exakt die Entwicklung der jeweiligen regionalen Lkw-Fahrleistung wider. Für eine Nutzung als grober Indikator der regionalen konjunkturellen Entwicklung ist er jedoch nicht in allen Bundesländern geeignet. Eine erste explorative Korrelationsanalyse hat für viele Flächenstaaten einen relativ engen Zusammenhang zwischen regionalem Lkw-Verkehr und regionaler Industrieaktivität gezeigt. In den Stadtstaaten sowie in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein war dieser Zusammenhang kaum zu beobachten. Aber auch in diesen Bundesländern kann er genutzt werden, um Verkehrseffekte abzubilden und zu analysieren.
Fußnoten:
1):: Vergleich hierzu "Digitale Prozessdaten aus der Lkw-Mauterhebung – neuer Baustein der amtlichen Konjunkturstatistiken". Seit der Corona Krise werden zusätzlich experimentelle Tagesdaten veröffentlicht, die wöchentlich aktualisiert werden ("Täglicher Lkw-Maut-Fahrleistungsindex aus digitalen Prozessdaten der Lkw-Mauterhebung").
2):: Bei den Konjunkturstatistiken steht in der Regel die Entwicklung der Ergebnisse im Zeitverlauf stärker im Mittelpunkt des Interesses, als die absoluten Werte einzelner Berichtsmonate. In Veröffentlichungen zu Konjunkturindikatoren werden daher vorrangig Veränderungsraten gegenüber dem Vormonat angegeben. Diese sind häufig stark durch saisonale Effekte beeinflusst. Daher werden die Konjunkturindikatoren in der Regel einer Saisonbereinigung unterzogen; diese schließt gegebenenfalls eine Kalenderbereinigung ein.
3):: Für den Zweck der vorliegenden Analyse wurde die regionale Umsatzentwicklung für Bundesländer einmalig saisonbereinigt. Der nicht-saisonbereinigte Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe für die einzelnen Bundesländer ist in der Datenbank GENESIS über die Tabelle: 42111-0031 abrufbar.