Der Fokus der Statistik zur Unternehmensdemografie liegt auf der Veränderung des Unternehmensbestandes durch Gründungen und Schließungen sowie der Darstellung des Überlebens von Unternehmen.
Eine Gründung beziehungsweise Schließung im Sinne der Unternehmensdemografie liegt dann vor, wenn eine Kombination von Produktionsfaktoren - insbesondere Beschäftigung - geschaffen wird oder wegfällt, keine Reaktivierung vorliegt und an diesem Vorgang kein anderes Unternehmen beteiligt ist.
Daher werden die sogenannten demografischen Ereignisse aus den Gründungen und Schließungen herausgerechnet. Dies sind beispielsweise Umstrukturierungen (z.B. Fusionen und Übernahmen, Joint Ventures) oder Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen.
Eine Vergleichbarkeit mit den Gründungsdaten der Gewerbeanzeigenstatistik ist durch die Verschiedenartigkeit der angewandten Methoden nur eingeschränkt möglich. Bei Gewerbeanmeldungen handelt es sich um reine Absichtserklärungen, ob tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen wird, wird nicht nachgewiesen. Darüber hinaus sind beispielsweise die Freien Berufe von einer Anmeldepflicht befreit.
Ebenso lassen sich aus Insolvenzen keine echten Schließungen ermitteln, da eine Insolvenz nicht zwangsläufig zu einer Schließung im Sinne der Unternehmensdemografie führt.
Bei der Unternehmensdemografie handelt es sich um eine Sekundärstatistik und keine Befragung beziehungsweise Erhebung. Die zentrale Datenbasis stellt das statistische Unternehmensregister, ergänzt um unterjährige Verwaltungsdaten der Bundesagentur für Arbeit und der Finanzbehörden, dar.
Die Lieferung unternehmensdemografischer Daten ist seit dem Jahr 2009 (Berichtsjahr 2007) auf europäischer Ebene verpflichtend. Rechtsgrundlage bildet der Anhang IX der EU-Verordnung über die strukturelle Unternehmensstatistik. Diese wird für das Berichtsjahr 2021 durch die Verordnung über europäische Unternehmensstatistiken abgelöst (siehe Rechtsgrundlagen).
Daten zur Unternehmensdemografie werden ca. 20 Monate nach Ende des jeweiligen Berichtsjahres sowohl in der Datenbank Genesis-Online als auch in der Eurostat-Datenbank veröffentlicht.
Bis einschließlich Berichtsjahr 2017 ist die Darstellungseinheit der Unternehmensdemografie die "Rechtliche Einheit". Diese ist definiert als die kleinste rechtliche Einheit, die aus handels- und/oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt.
Ab Berichtsjahr 2018 ist die Darstellungseinheit in der Unternehmensdemografie das Unternehmen nach EU-Definition. Dieses ist die kleinste Kombination "Rechtlicher Einheiten", die eine organisatorische Einheit zur Erzeugung von Waren und Dienstleistungen bildet und insbesondere in Bezug auf die Verwendung der ihr zufließenden Mittel über eine gewisse Entscheidungsfreiheit verfügt. Ein Unternehmen übt eine Tätigkeit oder mehrere Tätigkeiten an einem Standort oder an mehreren Standorten aus. Ein Unternehmen kann einer einzigen "Rechtlichen Einheit" entsprechen ("einfaches Unternehmen") oder aus mehreren "Rechtlichen Einheiten" bestehen ("komplexes Unternehmen").
Die Ergebnisse zur Unternehmensdemografie umfassen alle Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereiches. Ab Berichtsjahr 2018 wird die Grundgesamtheit auf die Marktproduzenten beschränkt, das heißt auf Unternehmen, die den VGR-Sektoren 11 "nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften", 12 "finanzielle Kapitalgesellschaften" oder 14 "private Haushalte" angehören. Nicht einzubeziehen sind Unternehmen der Sektoren 13 "Staat" und 15 "private Organisationen ohne Erwerbszweck".
Als Beschäftigtenwerte werden "Abhängig Beschäftigte" (Summe der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und geringfügig entlohnt Beschäftigten) und "Tätige Personen" als Durchschnittswerte nachgewiesen.
Die Ergebnisse der Statistik ermöglichen eine Analyse des Gründungs-, Überlebens- und Schließungsgeschehens in Deutschland nach
- Wirtschaftsbereichen (WZ 2008)
- Rechtsformgruppen
- Beschäftigtengrößenklassen
Unterscheiden lässt sich dabei die Unternehmensdemografie, die alle im Berichtsjahr aktiven Unternehmen umfasst, die bestimmte Aktivitätsschwellen überschreiten und die Arbeitgeberdemografie, die nur Unternehmen umfasst, welche über mindestens einen abhängig Beschäftigten im Jahresdurchschnitt verfügen.
Ebenso werden schnell wachsende Unternehmen ermittelt, die über ein durchschnittlich jährliches Wachstum (gemessen an den Beschäftigten) von mehr als 10 % pro Jahr über einen Zeitraum von 3 Jahren verfügen.
Zukünftig wird auch eine regionale Darstellung möglich sein.
Daten bis zum Berichtsjahr 2006 wurden auf freiwilliger Basis erstellt. Seit dem Berichtsjahr 2007 ist die Lieferung unternehmensdemografischer Daten verpflichtend.
Die Daten bis einschließlich des Berichtsjahres 2006 liegen nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ), Ausgabe 2003 (WZ 2003) vor, ab dem Berichtsjahr 2006 sind die Daten nach der WZ 2008 aufbereitet.
Ab dem Berichtsjahr 2018 wird eine neue Darstellungseinheit - das Unternehmen nach EU-Definition verwendet. Somit sind die Daten vor dem Berichtsjahr 2018 nicht mit denen ab Berichtsjahr 2018 vergleichbar. Unternehmensdemografische Daten auf europäischer Ebene können in der Eurostat-Datenbank abgerufen werden.
Weitere Informationen zur Methodik finden Sie in Aufsätzen aus unserem Wissenschaftsmagazin "Wirtschaft und Statistik" WISTA in Ausgabe 6/2013 "Unternehmensdemografie: methodischer Ansatz und Ergebnisse 2005 bis 2010" und in Ausgabe 2/2021 "Aktuelle Entwicklungen in der Unternehmensdemografie".
Die detaillierten Konzepte sind auch im von Eurostat und der OECD gemeinsam entwickelten Manual on Business Demography Statistics beschrieben.