Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen zur ausländischen Bevölkerung und deren demografischer Struktur aus mehreren Quellen. Einerseits liefert die Bevölkerungsfortschreibung demografische Angaben (Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Alter und Familienstand). Andererseits liefert das Ausländerzentralregister (AZR) neben demografischen Angaben zusätzlich Angaben zum Aufenthaltsstatus und zur Aufenthaltsdauer. Die Bestandszahlen über Ausländerinnen und Ausländer gemäß den Auswertungen des AZR und den Ergebnissen der Bevölkerungsfortschreibung weichen infolge unterschiedlicher inhaltlicher Abgrenzungen, Berichtswege und Erfassungsverfahren voneinander ab.
Welche Ausländerzahlen (Bevölkerungsfortschreibung oder AZR) zu nutzen sind, hängt von der Fragestellung und den benötigten Merkmalen ab: Die Daten der Bevölkerungsfortschreibung sind dann nützlich, wenn demografische Angaben bzw. Vergleiche mit der deutschen oder der gesamten Bevölkerung benötigt werden. Die Daten des AZR sind vorzuziehen, wenn aufenthaltsbezogene Angaben (Aufenthaltstitel oder -dauer) im Vordergrund stehen bzw. Daten nach einzelnen Staatsangehörigkeiten unterhalb der Landesebene benötigt werden.
Darüber hinaus können im Rahmen von Auswertungen des Mikrozensus Ergebnisse zur Bevölkerung nach der Staatsangehörigkeit ermittelt werden. Da der Mikrozensus an der Bevölkerungsfortschreibung hochgerechnet wird, sind die Zahlen zur Gruppe der Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit insgesamt gemäß Mikrozensus nah an der Bevölkerungsfortschreibung, weichen jedoch aus methodischen Gründen leicht davon ab. Unter anderem werden in den Mikrozensusergebnissen in der Regel nur Personen in privaten Hauptwohnsitzhaushalten dargestellt, während die Bevölkerungsfortschreibung (und die Ausländerstatistik) auch die Bevölkerung in Einrichtungen (z.B. Flüchtlingsunterkünfte) abdecken. Darüber hinaus stellt der Mikrozensus einen Jahresdurchschnitt dar, während die Ausländerstatistik sich auf den 31.12. des Jahres bezieht und die Bevölkerungsfortschreibung stichtagsbezogene und durchschnittliche Ergebnisse anbietet. Die Ergebnisse des Mikrozensus sind dann zu nutzen, wenn sozioökonomische Merkmale und/oder weitere Bevölkerungsgruppen (zum Beispiel Personen mit Einwanderungsgeschichte) benötigt werden. Ein weiterer Anwendungsfall sind Ergebnisse zu Personen, die zeitgleich die deutsche und eine ausländische Staatsangehörigkeit haben (Doppelstaatler).
Unterschiede zwischen Bevölkerungsfortschreibung und AZR
Die inhaltlichen Zielsetzungen, Abgrenzungen, Berichtswegen und Erfassungsverfahren beider Quellen unterscheiden sich in folgender Hinsicht:
Die Bevölkerungsfortschreibung stellt zwischen den Volkszählungen die einzige Quelle für ein umfassendes Bild der Gesamtbevölkerung in Deutschland und deren demografischer Struktur dar. Bis 2010 wurde bei der Staatsangehörigkeit lediglich zwischen deutscher und nicht-deutscher Staatsangehörigkeit unterschieden, ab 2011 werden zusätzlich bis auf Landesebene einzelne ausländische Staatsangehörigkeiten nachgewiesen.
Aufgabe des AZR ist es hingegen, die mit der Durchführung ausländer- und asylrechtlicher Vorschriften betrauten Behörden durch die Speicherung und Übermittlung der gespeicherten Daten zu unterstützen. Die AZR-Angaben werden von der amtlichen Statistik als Ergänzung für in der Bevölkerungsfortschreibung nicht enthaltene Merkmale (Aufenthaltsdauer, Aufenthaltsstatus, Staatsangehörigkeit bis 2010 bzw. auf Kreisebene) ausgewertet und bereitgestellt.
Abgrenzung von Ausländerinnen und Ausländern
In der Bevölkerungsfortschreibung werden Personen nach melderechtlichen Bestimmungen erfasst. Insbesondere werden alle aus dem Ausland zuziehenden Personen, die sich bei den Meldebehörden anmelden, ohne Zeitkriterium gezählt. Zwar besteht keine Meldepflicht für kurzfristige Aufenthalte (je nach Landesregelungen von 2 Wochen bis zu 2 Monaten, seit November 2015 bundesweit weniger als 3 Monate), Anmeldungen für kurzfristige Aufenthalte werden jedoch registriert.
Die Erfassung im AZR richtet sich nach ausländerrechtlichen Bestimmungen. So erfasst das AZR Ausländerinnen und Ausländer, die sich nicht nur vorübergehend, d.h. in der Regel länger als 3 Monate, in Deutschland aufhalten. Umgehend registriert werden Personen, sobald sie ein Asylgesuch äußern oder einen Aufenthaltstitel beantragen oder es einen sonstigen aufenthaltsrechtlichen Anlass gibt. Somit können Personen, die melderechtlich nicht erfasst sind, im AZR enthalten sein und umgekehrt melderechtlich erfasste Personen im AZR nicht aufgeführt sein. Ein unmittelbarer Vergleich der Ergebnisse aus diesen beiden Quellen ist damit nicht möglich.
Berichtswege
Die Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung werden auf Basis des jeweiligen letzten Zensus anhand von Angaben der Meldebehörden über Zu- und Fortzüge sowie Staatsangehörigkeitswechsel und anhand von Angaben der Standesämter über Geburten und Sterbefälle berechnet. Die Ergebnisse der Ausländerstatistik beruhen auf der Auswertung eines Auszugs des AZR zum Stichtag 31.12. Die Daten im AZR kommen von den lokalen Ausländerbehörden bzw. werden in Fällen von Schutzsuchenden in Erstaufnahmeeinrichtungen direkt im AZR erfasst.
Abweichungen zwischen beiden Verfahren
Neben den unterschiedlichen Abgrenzungen, Berichtswegen und Erfassungsverfahren kommen größere Abweichungen insbesondere durch unterschiedliche Bereinigungen in den Datenquellen zustande: Sowohl das AZR als auch die Bevölkerungsfortschreibung tendieren aufgrund der Untererfassung von Fortzügen ins Ausland zur Ermittlung überhöhter Ausländerinnen- und Ausländerzahlen. Eine strukturelle Abweichung zwischen Ausländerzahl nach AZR und Bevölkerungsfortschreibung resultiert aus der regelmäßigen Justierung der Bevölkerungsfortschreibung infolge des Zensus. Eine solche systematische und regelmäßige Inventur ist im AZR nicht vorgesehen.
Die erste deutliche Abweichung resultiert aus einer systeminternen Registerbereinigung des AZR zwischen 2000 und 2003. Bei dieser Registerbereinigung wurde der Gesamtbestand des AZR mit dem Bestand der örtlichen Ausländerbehörden (ABH) abgeglichen. Im Ergebnis verringerte sich der Ausländerbestand des AZR um 617 750 (-8,4 %).
Mit dem Zensus 2011 wurde der Bevölkerungsstand erstmals seit 1987 (früheres Bundesgebiet) bzw. 1990 (neue Bundesländer) neu justiert und die Zahl der ausländischen Bevölkerung in Deutschland um etwa 1 079 000 Personen (-14,8 %) nach unten revidiert. Infolge des Zensus 2022 wurde die auf Basis Zensus 2011 fortgeschriebene Zahl der in 2022 in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer erneut um ca. 830 000 Personen (-7%) nach unten revidiert. Eine entsprechende Korrektur im AZR ist weder rechtlich noch technisch möglich (Rückspielverbot laut BVerfGE 65, 1 S. 61 ff. und ZensusG § 15 Absatz 2 und Absatz 3).
Im Ausländerwesen wird seit 2023 ein neuer flächendeckender Abgleich zwischen dem Bestand des AZR und der lokalen Ausländerbehörden geführt, allerdings dauern die Klärung und Datenbereinigung im Jahr 2025 weiterhin noch an.
Während die Registerbereinigung im AZR im Jahr 2004 und seit 2023 systemintern war, ist die Bereinigung in der Bevölkerungsfortschreibung durch den Zensus 2011 bzw. 2022 als wesentlich umfangreicher zu betrachten, da der Zensus Auszählungen der Melderegister für Unter- und Übererfassungen anhand einer Stichprobenerhebung mit ca. 10% der Bevölkerung korrigiert. Dadurch lagen nach dem Zensus 2011 die Ausländerzahlen nach dem AZR über der Bevölkerungsfortschreibung. Die Bestandszahlen weichen zwischen 2011 und 2014 vergleichsweise konstant um etwa 600 000 Personen voneinander ab. Nach einer kurzfristigen Verringerung in 2015, die aus einem unterschiedlichen Vollständigkeitsgrad der Erfassung der Schutzsuchenden resultieren dürfte, erhöhte sich die Differenz zwischen Bevölkerungsfortschreibung und Ausländerstatistik nach der Fluchtmigration der Jahre 2015-2016 auf 800 000 bis 900 000 Personen. Potentielle Ursachen sind unter anderem unterschiedliche Stände der Registerbereinigungen sowie Unstimmigkeiten in der melderechtlichen Behandlung von Schutzsuchenden (siehe methodische Hinweise für das Berichtsjahr 2016). Der Zensus 2022 führte zu einer weiteren Erhöhung der Differenz auf 1,9 Millionen in 2022, 1,8 Millionen in 2023 und 1,7 Millionen in 2024. Neben dem Zensuseffekt werden unterschiedliche Stände bei der Erfassung der Zuzüge, aber vor allem der Fortzüge von Schutzsuchenden und ab 2023 Auswirkungen der AZR-Bereinigungen vermutet. Eine Abbildung der Differenzen zwischen den Ergebnissen der Ausländerstatistik und der Bevölkerungsfortschreibung ist dem Qualitätsbericht der Ausländerstatistik unter www.destatis.de/Qualitaetsbericht/auslaenderstatistik.pdf zu entnehmen.
Bestandszahlen nach Einzelstaatsangehörigkeiten
Die Differenz zwischen den Eckzahlen zur ausländischen Bevölkerung aus der Bevölkerungsfortschreibung und aus dem AZR führt auch zu unterschiedlichen Bestandszahlen nach Einzelstaatsangehörigkeiten. Ferner können Unterschiede in den Rangordnungen des Bevölkerungsstandes nach Einzelstaatsangehörigkeiten zwischen AZR und Bevölkerungsfortschreibung aus weiteren Gründen resultieren. Dies ist der Fall, wenn verhältnismäßig viele Ausländerinnen und Ausländer aus einem Land sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten und deshalb im AZR nicht erfasst werden. Außerdem können Differenzen aus einer Teilung von Staaten aufgrund unterschiedlicher Aktualität des Merkmals Staatsangehörigkeit zwischen AZR und Bevölkerungsfortschreibung entstehen. Darüber hinaus gibt es differierende Handhabungen, wenn Personen mehrere Staatsangehörigkeiten führen. So wird in der Ausländerstatistik die Staatsangehörigkeit nachgewiesen, die als erste Staatsangehörigkeit im Register erfasst ist. In der Bevölkerungsfortschreibung werden Personen, die zeitgleich eine EU und eine Nicht-EU Staatsangehörigkeit haben, mit ihrer EU-Staatsangehörigkeit nachgewiesen.