Haushalte
Der Mikrozensus definiert einen Haushalt als zusammenwohnende und eine wirtschaftliche Einheit bildende Personengemeinschaft (Mehrpersonenhaushalt) sowie Personen, die allein wohnen und wirtschaften (Einpersonenhaushalt). Es gibt Privathaushalte und Gemeinschaftsunterkünfte.
Bei Gemeinschaftsunterkünften handelt es sich um öffentliche und private Einrichtungen wie Pflegeheime oder Klöster. Die in Gemeinschaftsunterkünften lebenden Personen sind gemeinschaftlich untergebracht und führen keinen eigenen Haushalt, da die Einrichtung sie vollständig versorgt und/oder betreut. Gemeinschaftsunterkünfte werden in der Haushalteberichterstattung nicht berücksichtigt.
Bis einschließlich 2019 veröffentlichte die Haushalteberichterstattung Privathaushalte am Haupt- und Nebenwohnsitz. Der Wohnsitzstatus der Bezugsperson des Haushalts galt hierbei als ausschlaggebend dafür, ob es sich um einen Haushalt am Haupt- oder Nebenwohnsitz handelte. Seit dem Berichtsjahr 2020 weisen wir Haushalte in Hauptwohnsitzhaushalten aus. Ein Hauptwohnsitzhaushalt liegt dann vor, wenn mindestens ein Haushaltsmitglied, das 16 Jahre oder älter ist, mit Hauptwohnsitz im befragten Haushalt lebt. In dem Aufsatz „Haushalte in der Berichterstattung des Mikrozensus ab 2020“ können Sie die mit dem Mikrozensus 2020 vorgenommenen Veränderungen in der Haushalteberichterstattung im Detail nachlesen.
Zur Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten zählen alle Haushaltsmitglieder eines Hauptwohnsitzhaushaltes.
Das Lebensformenkonzept
Für familienstatistische Auswertungen nutzt die amtliche Statistik im Mikrozensus seit 2005 das sogenannte Lebensformenkonzept. Gemäß dem Lebensformenkonzept gruppieren wir die zum Zeitpunkt der Befragung im Haushalt lebenden Personen zu Lebensformen. Insgesamt unterscheiden wir vier verschiedene Lebensformen voneinander. Diese sind Paare mit Kind(ern), Paare ohne Kind, Alleinerziehende und Alleinstehende.
Gemäß dem Lebensformenkonzept handelt es sich bei einer Familie um eine Eltern-Kind-Gemeinschaft. Somit sind gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Paare sowie alleinerziehende Elternteile, die mit Kind oder Kindern im Haushalt zusammenleben, eine Familie. Einbezogen sind in diesen Familienbegriff – neben leiblichen Kindern – auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder ohne Altersbegrenzung. Damit besteht eine statistische Familie stets aus zwei Generationen: Eltern oder Elternteile und im Haushalt lebende Kinder (Zwei-Generationen-Regel). Kinder, die noch gemeinsam mit den Eltern in einem Haushalt leben, dort aber bereits eigene Kinder versorgen sowie Kinder, die mit einer Partnerin oder einem Partner leben, zählen im Mikrozensus nicht zur Herkunftsfamilie, sondern statistisch als eigene Familie beziehungsweise Lebensform.
Bis einschließlich 2019 wurden in der Familienstatistik Personen nur dann als Kind ausgewiesen, wenn diese ohne Partner und eigene Kinder im elterlichen Haushalt lebten, sowie den Familienstand „ledig“ aufwiesen. Seit dem Berichtsjahr 2020 bleibt der Familienstand zur Abgrenzung von Kindern unberücksichtigt. Sofern es in Auswertungen der Jahre vor 2020 nicht ausdrücklich „ledige Kinder“ heißt, wird die neue Definition von Kindern auch für diese Jahre angewandt, das heißt, es erfolgte eine Rückrechnung für die Jahre vor 2020.
Bis einschließlich 2019 enthielt die Familienstatistik Lebensformen am Hauptwohnsitz. Eine Lebensform wurde als Lebensform am Hauptwohnsitz klassifiziert, wenn die Bezugsperson der Lebensform ihren Hauptwohnsitz in dem befragten Haushalt hatte. Seit 2020 veröffentlicht die Familienberichterstattung Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten. Anders als bisher ist zur Bestimmung von Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten nicht mehr allein der Wohnsitzstatus der Bezugsperson der Lebensform maßgebend. Sofern mindestens eine Person mit Hauptwohnsitz im befragten Hauptwohnsitzhaushalt lebt, handelt es sich um eine Lebensform in Hauptwohnsitzhaushalten.
Wird die Bevölkerung in Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten ausgewiesen, so handelt es sich hierbei um alle Mitglieder von Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten.
Hinweise zu methodischen Effekten in den Zeitreihen zur Haushalte- und Familienberichterstattung auf Basis des Mikrozensus
Die Berichtswoche
Bis einschließlich 2004 erfolgte die Befragung mit Bezug zu einer einzigen Woche des Jahres. In der Regel wurden alle Befragten zur letzten feiertagsfreien Woche des Aprils befragt. Seit 2005 verteilen sich die Befragungen gleichmäßig über das gesamte Jahr. Die Angaben der Befragten beziehen sich jeweils auf die der Befragung vorangegangene Woche (gleitende Berichtswoche). Infolge der Umstellung auf eine unterjährige Befragung, kommt es bei den Ergebnissen zur Zahl von Haushalten und Lebensformen zu geringfügigen Schwankungen.
Mit dem Mikrozensus 2020 wurde die feste Berichtswoche eingeführt. Das heißt den ausgesuchten Auswahlbezirken wird eine bestimmte Woche zugewiesen, auf die sich die Angaben der auskunftspflichtigen Haushalte beziehen. Es ist dabei unerheblich, ob die Befragung der Haushalte eine Woche nach der Berichtswoche, zwei Wochen danach oder noch später stattfindet, die Angaben der Haushalte beziehen sich unabhängig vom Befragungszeitpunkt auf die dem Auswahlbezirk zugewiesene feste Berichtswoche.
Neue Hochrechnung auf Basis des Zensus 2011
Ab 1991 bis zum Jahr 2010 wurden die Ergebnisse des Mikrozensus unter Verwendung von fortgeschriebenen Ergebnissen auf Basis der Volkszählung 1987 und der Daten des Zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR vom 3. Oktober 1990 hochgerechnet. Ab dem Jahr 2011 verwendete der Mikrozensus die Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011 als Hochrechnungsrahmen.
Mit dem Zensus 2011 wurde für das Jahr 2011 eine niedrigere Bevölkerungszahl ermittelt als auf Basis der Bevölkerungsfortschreibung. Mit dem neuen Hochrechnungsrahmen ging auch eine Reduzierung der ausgewiesenen Haushalte- und Familienzahlen einher. Die Korrektur des Niveaus fiel für kleine Haushalte und Alleinstehende etwas größer aus als für größere Haushalte sowie Familien und Paare ohne Kind. Insgesamt blieben dabei jedoch die Strukturen der Haushalte sowie der Lebensformen auch mit dem neuen Hochrechnungsrahmen stabil. Weitere Information hierzu finden Sie unter Hochrechnung des Mikrozensus auf Basis des Zensus 2011.
Methodische Effekte im Mikrozensus 2016
Ab dem Berichtsjahr 2016 wurde die Stichprobe des Mikrozensus auf eine neue Grundlage umgestellt. Damit basiert die Stichprobe erstmalig auf den Daten des Zensus 2011. Durch diese Umstellung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt. Ein weiterer Effekt, der die Ergebnisse in diesem Berichtsjahr beeinflusst, ist mit der ungewöhnlich starken Zuwanderung durch Schutzsuchende verbunden.
Im Einzelnen hat dies folgende Auswirkungen: Der Mikrozensus ist eine Zufallsstichprobe. Auswahleinheiten sind sogenannte Klumpen beziehungsweise künstlich abgegrenzte Flächen (Auswahlbezirke), die sich aus ganzen Gebäuden oder Gebäudeteilen zusammensetzen. Zur Bildung der Auswahlbezirke und zur fachlichen Schichtung wurden bis einschließlich 2015 die Angaben aus der Volkszählung 1987 (für das frühere Bundesgebiet) und aus dem Zentralen Einwohnerregister der ehemaligen DDR (für die neuen Bundesländer) genutzt. Der Umstieg auf Daten des Zensus 2011 als neue Auswahlgrundlage hat 2016 zu einigen Änderungen in den vom Mikrozensus bisher aufgezeigten Haushalts- und Familienstrukturen geführt. Ihre Ursachen gehen im Wesentlichen auf eine bessere Berücksichtigung der Neubauten zurück.
Die Zufallsstichproben auf Basis der alten Zählungen (bis einschließlich 2015) berücksichtigten die Neubauten im Laufe der Jahre nicht in vollem Umfang. Da aber in Neubauwohnungen überdurchschnittlich häufig Familien wohnen, führte dies offenbar zu einer Untererfassung von Familien beziehungsweise großen Haushalten. Bei der Umstellung der Zufallsstichprobe auf die neue Auswahlgrundlage auf Basis des Zensus 2011 stieg der Anteil der Neubau-Auswahlbezirke an allen Auswahlbezirken. Dadurch gelang es besser als mit der bisherigen Auswahlgrundlage, 1 % der Bevölkerung strukturgerecht abzubilden. Eine wichtige Folge dieser methodischen Umstellung war, dass der Mikrozensus 2016 mehr Familien beziehungsweise größere Haushalte als der Mikrozensus 2015 aufweist.
Für das Jahr 2016 ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse zu Haushalten und Lebensformen insgesamt zuverlässig sind. Der Trend zu kleineren Haushalten und weniger Familien wurde jedoch vor 2016 offenbar überzeichnet, wenngleich die Entwicklungstendenzen treffend aufgezeigt und von neuen Ergebnissen bestätigt wurden.
Unabhängig von der neuen Auswahlgrundlage kommt 2016 ein weiterer Effekt zum Tragen, der mit einer ungewöhnlich starken Zuwanderung insbesondere Schutzsuchender zusammenhängt. Da die in den Notunterkünften oder anderen Aufnahmeeinrichtungen lebenden Menschen im Mikrozensus nicht befragt wurden, ist die Familienstruktur der Schutzsuchenden nicht bekannt. Bei der Interpretation der Mikrozensus-Ergebnisse zur Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit sollte deshalb berücksichtigt werden, dass diese auf den Angaben der in Privathaushalten lebenden Ausländerinnen und Ausländer beruhen. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung könnte dies unter anderem zu einer Überschätzung der ausländischen Familien führen. Weitere Hinweise hierzu finden Sie im Kapitel 9 des Qualitätsberichts Mikrozensus 2016.
Erfassung von unverheirateten Paaren mit Auskunftspflicht ab 2017
Seit 1996 wurde im Mikrozensus auf freiwilliger Basis erhoben, ob ein unverheiratetes Paar im Haushalt lebt. Ein kleiner Teil der Befragten hatte diese Frage in der Vergangenheit nicht beantwortet, so dass einige unverheiratete Paare nicht erfasst werden konnten. Seit dem Jahr 2017 wird die Frage nach unverheirateten Paaren im Haushalt mit Auskunftspflicht erhoben. Die Zahl der unverheirateten Paare liegt geringfügig über dem vorherigen Stand, da mit der Auskunftspflicht unverheiratete Paare näherungsweise vollständig erfasst werden. Im Gegenzug sinkt die Zahl der Alleinerziehenden und Alleinstehenden. Weitere Informationen finden Sie im Artikel „Die auskunftspflichtige Erfassung von Lebensgemeinschaften im Mikrozensus ab 2017“.
Die Neuregelung des Mikrozensus und die Corona-Pandemie in 2020
Der Mikrozensus ist 2020 neu gestaltet worden. Seit Langem ist die europäische Arbeitskräfteerhebung (Labour Force Survey, LFS) integriert. Daneben wird seit dem Erhebungsjahr 2020 auch die bisher separat durchgeführte europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC) im Mikrozensus erhoben. Die Befragung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in privaten Haushalten ist seit dem Erhebungsjahr 2021 ebenfalls Bestandteil des Mikrozensus. Durch die Integration dieser neuen Bestandteile ergeben sich viele neue Auswertungsmöglichkeiten. Der neugestaltete Mikrozensus ist jedoch auch mit Änderungen verbunden. Neben dem Fragenprogramm wurden die Konzeption der Stichprobe sowie mit der Einführung eines Online-Fragebogens auch die Form der Datengewinnung verändert.
Ausführliche Informationen zu den Änderungen im Mikrozensus ab 2020 enthält der Aufsatz „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“ in unserem Wissenschaftsmagazin WISTA Wirtschaft und Statistik.
Für den neu gestalteten Mikrozensus wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung von technischen Problemen begleitet war. Diese schränkten die Erhebungsdurchführung ein. Verschärft worden ist diese Situation durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020. Der vorrangige Erhebungsweg der Befragung durch ein Interview in der Wohnung der Befragten konnte nur stark eingeschränkt realisiert werden. Dies führte zu einer geringeren Rücklaufquote als beim Mikrozensus üblich. Weitere Informationen finden Sie im Beitrag „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“.
Die Abwägung zwischen Ergebnissicherheit und Veröffentlichungspraxis führt zu einer konservativen Bereitstellung von Ergebnissen. Daher ist aufgrund der genannten Besonderheiten des Jahres 2020 die vom Mikrozensus gewohnte fachliche und regionale Auswertungstiefe nicht erreichbar.
Die Qualität der Jahresergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 ist auf Bundesebene im Allgemeinen weiterhin gewährleistet. Trotz einer allgemein guten Datenqualität des Mikrozensus 2020 lassen sich jedoch Sprünge in den Ergebnissen finden, für die es keine Parallelen in den Vorjahren gibt. Die Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 sind aus den beschriebenen Gründen nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar. Insbesondere hat sich die Zahl der gleichgeschlechtlichen Paare gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Es finden sich Hinweise darauf, dass gleichgeschlechtliche Paare ab dem Mikrozensus 2020 nicht verlässlich erfasst werden.
Neue Hochrechnung auf Basis des Zensus 2022
Der Mikrozensus beziffert unter Verwendung der Hochrechnung auf Basis des Zensus 2022 die Bevölkerung am Hauptwohnsitz für das Jahr 2022 auf 81,9 Millionen. Damit liegen die Bevölkerungszahlen um rund 1,5 % niedriger als in den bisherigen Ergebnissen mit Anpassung an Eckwerte der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011. Die Ergebnisse des Mikrozensus werden über die Hochrechnung den Zensus-Eckwerten angepasst. Dies erfordert auch eine Revision der Mikrozensus-Ergebnisse für die Jahre ab 2021.
Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur die Bevölkerung am Hauptwohnsitz insgesamt reduziert wird. Teilgruppen der Bevölkerung sind im unterschiedlichen Maße von der Reduzierung betroffen. Damit ist eine geringfügige Veränderung der Verhältnisse zwischen den Teilgruppen verbunden.
Da die Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit im besonderen Maße zurück geht (gilt für die Messung des Mikrozensus 2022), reduzieren sich solche Lebensformen, in denen Personen ohne deutschen Pass überproportional vertreten sind. So gehen Paare mit Kindern (-2,1 %) sowie Alleinerziehende (-2,6 %) stärker zurück als Paare ohne Kind (-1,2 %) und Alleinstehende (-0,1 %). Die Zahl der Familien mit eingewanderten Elternteilen reduziert sich am auffälligsten um 5,6 %, während Familien ohne Einwanderungsgeschichte nur um 1 % zurückgehen. Damit geht auch eine Reduzierung von größeren Haushalten einher. Während 1-Personen-Haushalte sogar leicht zulegen (+0,3 %) und 2-Personen-Haushalte mit -1,2 % eine vergleichsweise geringe Reduzierung aufweisen, geht die Zahl der 3-Personen-Haushalte (-1,9 %) sowie der 4- und mehr-Personen-Haushalte (-2,5 %) stärker zurück.
Allgemeine Hinweise zur Interpretation von Zeitreihen der Haushalte- und Familienstatistik
In den Zeitreihen der Haushalte- und Familienstatistik spiegeln sich die oben beschriebenen methodischen Effekte wider, die bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen. Dies gilt dann, wenn Zeiträume betrachtet werden, welche die Zeitpunkte der methodischen Änderungen von 2005, 2011, 2016, 2017, 2020 und 2021 abdecken.
Die Entwicklungen der Haushalts- und Familienstrukturen zeichnen sich durch ein hohes Maß an Kontinuität aus. Es empfiehlt sich daher einen möglichst langen Betrachtungsrahmen zu wählen, um untypische Veränderungen in der zeitlichen Entwicklung als solche zu erkennen. Fallen sie zeitlich mit methodischen Änderungen zusammen, so ist dies ein Hinweis darauf, dass die methodischen Änderungen diese Sprünge verursacht haben können oder zumindest dazu beigetragen haben.
Besondere Vorsicht ist beim Vergleich von Jahresergebnissen geboten, welche vor und nach einer methodischen Änderung liegen (beispielsweise der Vergleich der Jahresergebnisse 2015 und 2016). Hier sollten Ergebnisse keinesfalls als Veränderung gedeutet werden, wenn diese im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen.