Haushalte und Familien Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020
Bewertung der Ergebnisse des Mikrozensus 2023
Das neue Mikrozensus-System hat sich seit der Neugestaltung im Jahr 2020 mittlerweile etabliert. Das Erhebungsjahr 2023 lief wie bereits 2022 ohne Einschränkungen bei der Erhebungsdurchführung.
Die Ausfallquote kann auf zwei unterschiedliche Weisen gemessen werden: Zum einen kann die Bevölkerungsschätzung auf Basis der Zensusergebnisse 2022 als Bruttowert herangezogen werden. Eine Veröffentlichung der Ausfallquote auf dieser Basis findet seit 2020 statt. Alternativ kann auch ein systeminternes Brutto gebildet werden – also die Anzahl der in der Feldarbeit vor Ort registrierten Haushalte. Diese Referenzgröße wurde in den Veröffentlichungen der Ausfallquote bis 2020 genutzt.
Die Ausfallquote liegt bei den Endergebnissen aus dem Mikrozensus 2023 auf Bundesebene unter Heranziehung der Bevölkerungsvorausschätzung bei circa 7 % (Erstergebnisse circa 12 %) und bei einer Ausrichtung auf das systeminterne Brutto bei circa 6 %. Die Ausfallquote bleibt damit auf einem ähnlichen Niveau wie 2022.
Einschränkend gilt weiterhin, dass sich gleichgeschlechtliche Paare auch 2023 nicht valide abgrenzen lassen. Auf eine Darstellung der Anzahl gleichgeschlechtlicher Paare muss daher verzichtet werden.
Einen umfassenden Überblick über die Merkmale im Mikrozensus 2023 bietet ein thematisch und alphabetisch sortiertes Glossar.
Bewertung der Ergebnisse des Mikrozensus 2022
- Ausfallquote konnte im Vergleich zu beiden Vorjahren weiter reduziert werden.
- Zusatzprogramm "Wohnsituation" erstmals im neugestalteten Mikrozensus erhoben und damit nur eingeschränkt mit Vorjahren vergleichbar.
- Verstärkte Zuwanderung in 2022 ist im Mikrozensus nicht vollständig abgebildet, was möglicherweise Effekte auf die Interpretation von Ergebnissen haben kann.
Die Einschränkungen bei der Erhebungsdurchführung des Mikrozensus aus den Jahren 2020 und 2021 waren im Erhebungsjahr 2022 nicht mehr gegeben. Das heißt, die anfänglichen technischen Schwierigkeiten nach der methodischen Neugestaltung des Mikrozensus im Jahr 2020 sowie die Auswirkungen der Corona-Krise hatten keine nennenswerten Effekte auf den Mikrozensus 2022. Dies zeigt sich unter anderem in der Ausfallquote, die gegenüber den Ausfallquoten der letzten beiden Jahre weiter reduziert werden konnte. Die Ausfallquote liegt bei den Endergebnissen aus dem Mikrozensus 2022 auf Bundesebene unter Heranziehung der Bevölkerungsvorausschätzung auf Basis des Zensus 2022 bei circa 7 % (Erstergebnisse circa 11 %) und damit deutlich niedriger als bei den Endergebnissen 2020 und 2021 (Endergebnis 2021: 13 %; Endergebnis 2020: 35 %).
Erstmals im neu gestalteten Mikrozensus wurde das Zusatzprogramm "Wohnsituation" erhoben. Die Fragen aus diesem Zusatzprogramm werden nur alle vier Jahre im Mikrozensus gestellt, das heißt zuletzt in 2018 und somit vor der methodischen Neugestaltung. Aufgrund der erstmaligen Durchführung im neuen Mikrozensus sind die Ergebnisse aus dem Zusatzprogramm von methodischen Neuerungen betroffen, die eine Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen früherer Erhebungen stark einschränken.
Beim Mikrozensus 2022 ist insgesamt zu berücksichtigen, dass sich die verstärkte Zuwanderung im Jahr 2022, vor allem in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine, auf die Ergebnisse auswirken kann: Bei der Hochrechnung werden ausgewählte Merkmale des Mikrozensus an Eckwerte der Bevölkerungsfortschreibung angepasst, unter anderem an die Staatsangehörigkeit. Aufgrund des starken Zuzugs wurden 2022 Schutzsuchende aus der Ukraine im Mikrozensus nicht vollständig erfasst. In der laufenden Bevölkerungsfortschreibung werden diese Personengruppen hingegen über die Meldungen der Meldeämter berücksichtigt. Bei der Interpretation der Ergebnisse zur Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit sollte deshalb beachtet werden, dass die unterschiedlichen ausländischen Staatsangehörigkeiten (vor allem EU-Drittstaaten) ggf. überschätzt werden und insbesondere die ukrainische Staatsangehörigkeit unterschätzt wird. Zudem kann dies auch Effekte auf andere Merkmale des Mikrozensus haben, z. B. auf die Haushaltsstruktur und die Bildungsabschlüsse.
Einen umfassenden Überblick über die Merkmale im Mikrozensus 2022 bietet ein thematisch und alphabetisch sortiertes Glossar .
Zu den Auswirkungen der methodischen Neugestaltung sowie der Corona-Krise auf die Ergebnisse des Mikrozensus 2021
Für den neu gestalteten Mikrozensus ab 2020 wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung von technischen Problemen begleitet war. Einzelne technische Herausforderungen setzten sich noch im Erhebungsjahr 2021 fort. Diese führten gemeinsam mit den zum Teil fortdauernden Auswirkungen der Corona-Pandemie zu Einschränkungen bei der Erhebungsdurchführung. Zusammengenommen waren die Effekte jedoch deutlich weniger stark als im Jahr 2020 – Auswertungseinschränkungen können ggf. in tiefen fachlichen oder regionalen Gliederungen dennoch auftreten.
Die durchschnittliche Ausfallquote für die Endergebnisse aus dem Mikrozensus 2021 liegt auf Bundesebene basierend auf der Rückrechnung der Bevölkerungsfortschreibung nach Zensus 2022 bei circa 13 % (Erstergebnisse ca. 17 %). Dieser Wert ist deutlich niedriger als 2020 (circa 38 %; Endergebnis circa 35 %). Somit liegt eine Qualitätsverbesserung der Jahresergebnisse 2021 im Vergleich zu 2020 vor.
Zu den Auswirkungen der methodischen Neugestaltung sowie der Corona-Krise auf die Ergebnisse des Mikrozensus 2020
Zusammenfassung
- Die Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 sind nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
- Aufgrund der Besonderheiten des Jahres 2020 ist die vom Mikrozensus gewohnte fachliche und regionale Auswertungstiefe nicht erreichbar.
- Die Qualität der Jahresergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 ist auf Bundesebene im Allgemeinen dennoch weiterhin gewährleistet.
Methodische Neugestaltung des Mikrozensus ab 2020
Der Mikrozensus wurde neugestaltet. Neben der bereits seit Langem integrierten europäischen Arbeitskräfteerhebung (Labour Force Survey, LFS) wird seit dem Erhebungsjahr 2020 auch die bisher separat durchgeführte europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC) im Mikrozensus erhoben. Die Befragung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in privaten Haushalten ist seit dem Erhebungsjahr 2021 ebenfalls Bestandteil des Mikrozensus. Durch die Integration dieser neuen Bestandteile ergeben sich viele neue Auswertungsmöglichkeiten.
Der neugestaltete Mikrozensus ist jedoch auch mit Änderungen verbunden. Neben dem Fragenprogramm wurden die Konzeption der Stichprobe sowie mit der Einführung eines Online-Fragebogens auch die Form der Datengewinnung verändert. Die Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 sind deshalb nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
Ausführliche Informationen zu den Änderungen beim Mikrozensus ab 2020 beschreibt der Aufsatz "Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020", erschienen im Wissenschaftsmagazin "WISTA - Wirtschaft und Statistik", 6/2019.
Eine Übersicht sowie Erläuterungen auch zu vergangenen Zeitreihenbrüchen aufgrund methodischer Änderungen im Mikrozensus sind hier zusammengefasst.
Durch die Neugestaltung ergeben sich zum Teil neue sowie veränderte Erläuterungen zu Merkmalen aus dem Mikrozensus. Das thematisch und alphabetisch sortierte Glossar bietet einen umfassenden Überblick.
Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus 2020 im Allgemeinen
Für den neu gestalteten Mikrozensus wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung von technischen Problemen begleitet war. Diese schränkten die Erhebungsdurchführung ein.
Verschärft wurde diese Situation durch die Pandemie im Jahr 2020, die die bisher überwiegend persönlich vor Ort durchgeführten Befragungen nahezu unmöglich machte. Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wirkten sich nicht nur auf die Vor-Ort-Befragungen der Haushalte aus, sondern erschwerten auch die (Vor-)Begehungen, die für die Stichprobenkonkretisierung notwendig sind. Zudem wurde seitens der amtlichen Statistik als Reaktion auf die sonstigen pandemiebedingten Belastungen in der Bevölkerung das Mahnwesen überwiegend ausgesetzt. Das heißt, die Auskunftspflicht wurde nicht wie sonst üblich durchgesetzt. Zusammengenommen führten diese Faktoren zu einer geringeren Rücklaufquote als beim Mikrozensus üblich.
Die durchschnittliche Ausfallquote für die Endergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 liegt aufgrund dieser Probleme auf Bundesebene bei ca. 35 % (Erstergebnisse ca. 38 %) und damit deutlich höher als in vorherigen Jahren. Diesen Antwortausfällen wurde auf Basis eines mathematisch-statistischen Modells begegnet.
Vertiefend bedeutet dies: Die Antwortausfälle sind fachlich, regional und zeitlich sehr unterschiedlich verteilt. Etwaigen Verzerrungen wird daher vor der Hochrechnung (Kalibrierung an die Eckwerte der Bevölkerungsstatistik) durch die Berechnung von Antwortwahrscheinlichkeiten begegnet. Hierfür müssen Informationen über die Bruttostichprobe bekannt sein. Da auch die Erfassung der Bruttostichprobe in 2020 nicht vollständig erfolgen konnte (Vorbegehungen durch Erhebungsbeauftragte waren nur eingeschränkt möglich), wurde auf Basis des Vorjahres 2019 ein synthetischer (künstlicher) Anpassungsrahmen für die Kompensation geschaffen. Dabei wurde die Annahme getroffen, dass die Stichprobenverteilung 2019 (bei zeitstabilen Merkmalen) der Bruttostichprobenverteilung 2020 entspricht. Hierdurch konnten unter Verwendung des bisherigen Verfahrens (Kalibrierung der Nettostichprobe an der Bruttostichprobe) Antwortwahrscheinlichkeiten für den Mikrozensus 2020 auf Ebene der Bundesländer berechnet werden. Dies verbessert die Ergebnisqualität.
Die Abwägung zwischen Ergebnissicherheit und Veröffentlichungspraxis führt zu einer konservativen Bereitstellung von Ergebnissen. Daher ist aufgrund der genannten Besonderheiten des Jahres 2020 die vom Mikrozensus gewohnte fachliche und regionale Auswertungstiefe nicht erreichbar.
Die Qualität der Jahresergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 ist auf Bundesebene im Allgemeinen dennoch weiterhin gewährleistet.
Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf ausgewählte Themenbereiche des Mikrozensus 2020
Haushalte und Lebensformen
Ergebnisse für das Erhebungsjahr 2020 zu den Bereichen Haushalte und Lebensformen sind weitestgehend belastbar. Ausnahmen bestehen in spezifischen (kleinen) Teilpopulationen, z. B. Ergebnisse zu gleichgeschlechtlichen Paaren.
Sonderauswertungen können auf Anfrage und nach Abwägen der Datenqualität erstellt werden.
Migrationshintergrund
Die Zahlen zur Bevölkerung nach Migrationshintergrund aus dem Mikrozensus 2020 sind nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar. Dies gilt insbesondere für einige Teilpopulationen, (z. B. als Deutsche Geborene, Eingebürgerte), die umso stärker schwanken, je kleiner diese sind (z. B. Differenzierung nach Geburtsland). Neben den im Punkt "Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus 2020 im Allgemeinen" erläuterten generellen Umstellungen und methodisch-technischen Einschränkungen sind Umstellungen in der Erhebung/Frageformulierung sowie in der Methodik der Typisierung des Migrationshintergrundes hierfür ursächlich. Durch die methodische Weiterentwicklung der Typisierung des Migrationshintergrundes werden die mit deutscher Staatsangehörigkeit Geborene besser abgebildet.
Sonderauswertungen können auf Anfrage und nach Abwägen der Datenqualität erstellt werden.
Arbeitsmarkt
Bei Veröffentlichungen zum Thema Arbeitsmarkt besteht eine zusätzliche Unsicherheit bei der Bewertung der Ergebnisse, da sich pandemiebedingt die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt in vielen Bereichen deutlich verändert hat. So können bei den Ergebnissen nur bedingt Aussagen getroffen werden, ob diese auf reale Entwicklungen oder auf die beschriebenen methodisch-technischen Einschränkungen zurückzuführen sind. Mit zunehmender Gliederungstiefe nehmen diese Unsicherheiten zu (z. B. bei Erwerbslosenquoten in tiefer regionaler oder demographischer Gliederung).
Sonderauswertungen können auf Anfrage und nach Abwägen der Datenqualität erstellt werden.
Analysen zur Datenqualität der atypischen Beschäftigung haben Unplausibilitäten aufgezeigt, so dass Imputationen notwendig waren. Es ist davon auszugehen, dass beim Mikrozensus 2020 die Frageformulierung zur Zeitarbeit in den eigenständig zu beantwortenden Befragungsformen (online, Papier) ohne die erklärende Unterstützung der Interviewer/-innen häufig falsch verstanden wurde und durch etliche Befragte bejaht wurde, obwohl sie sich nicht in Zeitarbeit befanden. Daher wurde für Befragte, die 2020 und 2021 online oder über Papierfragebogen geantwortet hatten, mittels eines Korrekturverfahrens (Hot-Deck-Verfahren) die Angabe zur Beschäftigung in einem Zeitarbeitsverhältnis imputiert. Dabei wird für die imputierten Werte die Wahrscheinlichkeit, dass Zeitarbeit vorliegt, vom Antwortverhalten der Befragten in den anderen interviewergestützten Modes (persönlich, telefonisch) abgeleitet. Angaben zur Zeitarbeit wurden auch 2022 teilweise imputiert, da die Anpassung an eine verbesserte Fragestellung noch nicht für alle Erhebungsmodes abgeschlossen ist.
Gegenüber Eurostat besteht eine Lieferverpflichtung für Arbeitsmarktdaten aus der EUArbeitskräfteerhebung als Unterstichprobe des Mikrozensus. Diese wurde für 2020 auf Quartals- und Jahresebene unter den qualitativ bedingten Einschränkungen erfüllt.
Bildung
Neben anderen Merkmalen gehen die Bildungsvariablen 2020 erstmals in die Kompensation mit ein. Ergebnisse für das Erhebungsjahr 2020 zum Themenbereich Bildung sind auf Bundesebene im Zeitreihenvergleich und unter Berücksichtigung von Ergebnissen des Prüfungsjahres 2019 weitestgehend belastbar. Ausnahmen bestehen in spezifischen tiefergegliederten Ergebnissen, z. B. zum Übergang von Bildung in Beschäftigung basierend auf Daten des ersten Quartals.
Einkommen und Lebensbedingungen einschließlich Wohnen
Durch den Wechsel der Erhebung von einer freiwilligen zu einer in Teilen auskunftspflichtigen Befragung ist ein inhaltlicher Vergleich der Daten des Erhebungsjahres 2020 mit den Vorjahren nicht möglich. Die Integration der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) als Unterstichprobe in den Mikrozensus ist mit einer deutlich größeren Stichprobe verbunden, die zudem die Bevölkerung in Deutschland durch die generelle Teilnahmepflicht repräsentativer abbildet, als bei der zuvor separat durchgeführten Erhebung "Leben in Europa". Allerdings wird einerseits aufgrund der fortgesetzten Freiwilligkeit von Fragen zu Lebensbedingungen ein hoher Anteil an fehlenden Werten (Missings) erzeugt. Andererseits werden Fragen zum Einkommen nun in großen Teilen auskunftspflichtig erhoben.
Weitere Informationen zur Neugestaltung von EU-SILC (Mikrozensus-Unterstichprobe Einkommen und Lebensbedingungen) finden Sie hier.
Neuregelungen bei der Veröffentlichungspraxis der Mikrozensus-Ergebnisse ab Berichtsjahr 2020
Zur Verkürzung des Zeitraums zwischen Ende des Erhebungsjahres und Ergebnisbereitstellung werden ab dem Erhebungsjahr 2020 zwei Ergebnisarten – Erst- und Endergebnisse – unterschieden. Sowohl Erst- als auch Endergebnisse beruhen auf vollständig aufbereiteten und validierten Daten.
Die Endergebnisse basieren im Gegensatz zu den Erstergebnissen auf einer höheren Anzahl befragter Haushalte. Dies ist dadurch bedingt, dass auch nach Ende eines Erhebungsjahres fehlende Haushalte nach Erinnerungen/Mahnungen noch Auskunft geben. Dieses Datenmaterial wird zudem an einem aktualisierten Bevölkerungseckwert hochgerechnet. Durch den größeren Stichprobenumfang und die aktualisierte Hochrechnung können ggf. Abweichungen gegenüber den Erstergebnissen entstehen.
Was ändert sich beim Mikrozensus ab 2020?
Als repräsentative Haushaltsbefragung liefert der Mikrozensus seit über 60 Jahren Daten zur Bevölkerungsstruktur sowie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Bevölkerung. Dazu werden jährlich 1 % der Bevölkerung zu Themen wie Familie, Lebenspartnerschaft, Lebenssituation, Beruf und Ausbildung befragt. Die bewährte Konzeption des Mikrozensus als Mehrthemenbefragung wurde zur Erfüllung höherer Anforderungen an die Datenqualität stetig weiterentwickelt. So sind bereits seit 1968 die EU-weit gestellten Fragen zur Arbeitsmarktbeteiligung (Arbeitskräfteerhebung, Labour Force Survey, LFS) in den Mikrozensus integriert.
Steigende nationale sowie europäische Anforderungen an die Genauigkeit, Aktualität und Vergleichbarkeit der Daten sind mit einer stärkeren Belastung für die Bevölkerung sowie die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder verbunden. Daher werden bestehende Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Befragungen genutzt, um die höheren Anforderungen zu erfüllen und zugleich die Mehrbelastungen zu begrenzen. Dies geschieht in einem integrierten Mikrozensus.
Weitere Information finden Sie in nachstehenden Abschnitten:
- Der Weg zum integrierten Mikrozensus
- Grundkonzept des integrierten Mikrozensus
- Neue Themenfelder im Mikrozensus
- Neue Wege der Datengewinnung
- Fazit und Ausblick
- Weitere Informationen
Der Weg zum integrierten Mikrozensus
Die Basis des neuen, integrierten Mikrozensus bildet das Mikrozensusgesetz (MZG) vom Dezember 2016. Um die Belastung der Bevölkerung trotz steigender Anforderungen an die Daten zu reduzieren, sieht das MZG einige Änderungen vor. Die bisher separat durchgeführten Befragungen zu Einkommen und Lebensbedingungen und zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien werden in den Mikrozensus integriert, um den nationalen und europäischen Anforderungen gerecht zu werden. Es werden zum Beispiel Ergebnisse unterhalb der Bundesländer-Ebene zu den Themen Einkommen und Lebensbedingungen benötigt. Zugleich soll eine verbesserte unterjährige Berichterstattung für EU-weit vereinheitlichte Daten zur Arbeitsmarktbeteiligung erfolgen. Die höheren Anforderungen lassen sich nur mit einer Erhöhung des Stichprobenumfangs sowie Wiederholungsbefragungen auch innerhalb eines Kalenderjahres erreichen.
Grundkonzept des integrierten Mikrozensus
Die Leitidee des Mikrozensus ab 2020 besteht darin, die bisher separat durchgeführten Befragungen als eine Erhebung zu denken. Daraus folgt eine amtliche Haushaltsstatistik, in der die Befragung zur Arbeitsmarktbeteiligung, zu Einkommen und Lebensbedingungen sowie zu Informations- und Kommunikationstechnologien einzelne Unterstichproben der 1-prozentigen Mikrozensus-Stichprobe bilden.
Da sich die verschiedenen Befragungen inhaltlich überschneiden, ermöglicht die Integration der Erhebungen, die jeweiligen Fragenprogramme zusammenzufassen. Die Mikrozensus-Befragung besteht daher künftig aus einem verkürzten Kernfrageprogramm und weiteren Erhebungsteilen. Das Kernprogramm und die verschiedenen Erhebungsteile werden nicht modular hintereinander erhoben, sondern das resultierende Frageprogramm verzahnt die Inhalte thematisch.
Die Fragen des Kernprogramms werden allen zufällig ausgewählten Haushalten gestellt. Die Fragen der weiteren Erhebungsteile werden nur einem Teil aller Mikrozensus-Haushalte – den sogenannten Unterstichproben – gestellt. Jeder Haushalt ist höchstens in einer der Unterstichproben zu finden. Aufgrund der gestiegenen Bedeutung von verlässlichen Daten zur sozialen Teilhabe wird dabei das Grundprinzip der Auskunftspflicht auf wesentliche Teile der neu integrierten Erhebungsinhalte übertragen.
Alle Haushalte werden weiterhin bis zu viermal beim Mikrozensus befragt. Für Haushalte der Unterstichprobe zur Arbeitsmarktbeteiligung findet die Befragung nicht einmal, sondern zweimal innerhalb eines Kalenderjahres statt (unterjährige Wiederholungsbefragung). Dadurch können künftig saisonale Schwankungen besser als bisher erfasst werden. Um die Belastung der Befragten gering zu halten, konzentriert sich die unterjährige Wiederholungsbefragung auf die Merkmale, die für Veränderungsmessungen auf dem Arbeitsmarkt maßgebend sind. Ergänzende Strukturmerkmale werden nur bei jeder zweiten Befragung und somit weiterhin nur einmal im Jahr erhoben.
Neue Themenfelder im Mikrozensus
Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der EU2020-Strategie verpflichtet, der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung einen besonderen Stellenwert zuzuschreiben. Daher ist die Erkenntnis über Armutsgefährdung von großer Bedeutung. Durch die Einbindung der Befragung zu Einkommen und Lebensbedingungen in den Mikrozensus wird der Fokus auf Einkommensverteilung, Armut, soziale Ausgrenzung und Lebensbedingungen (Wohnen, Zugang zu Dienstleistungen, Lebensqualität) gelenkt.
Weitere neue Themenfelder zum Internetzugang und der Internetnutzung resultieren aus der Integration der Erhebung zu Informations- und Kommunikationstechnologien in den Mikrozensus. Die Schwerpunkte dieses Erhebungsteils liegen auf Fragen zu Art, Häufigkeit und ausgewählten Zwecken der Internetnutzung (zum Beispiel E-Commerce, E–Government, Internetsicherheit, digitale Fähigkeiten oder Internet der Dinge). Zusätzlich werden Informationen darüber erhoben, welche Bedenken und Hindernisse Menschen von der Ausführung bestimmter Internetaktivitäten abhalten (zum Beispiel Online-Käufe oder Herausgabe persönlicher Informationen über soziale Medien im Internet).
Zudem wurden die Inhalte des nationalen Zusatzprogramms "Wohnen" durch das MZG erweitert. In 2018 wurden erstmals Angaben zur Barrierereduktion erhoben. Zu diesem Zusatzprogramm wird aufgrund seiner Bedeutung für wohnungspolitische Entscheidungen und des Bedarfs an detaillierten Ergebnissen alle vier Jahre die gesamte 1 %-Stichprobe befragt.
Eine weitere Veränderung ist seit Einführung des neuen MZG die Erfassung des erweiterten Migrationshintergrundes, das heißt, ob mindestens ein Elternteil über einen Migrationshintergrund verfügt oder nicht. Bis einschließlich 2016 lagen entsprechende Informationen nur alle vier Jahre vor oder wenn die Eltern im gleichen Haushalt lebten.
Neue Wege der Datengewinnung
Die Einführung neuer Befragungsinstrumente und ein Multi-Mode-Design erleichtern den Befragten die Teilnahme. So wird es ab 2020 erstmals möglich sein, den Mikrozensus online zu beantworten. Alternativ stehen den Befragten weiterhin das persönliche und telefonische Interview sowie der Papierfragebogen zur Verfügung. Die einzelnen Haushaltsmitglieder können ihre Antworten sowohl auf dem gleichen als auch auf unterschiedlichen Wegen (persönlich, telefonisch, online, schriftlich-postalisch) übermitteln.
Fazit und Ausblick
Die weiterentwickelte Erhebung des Mikrozensus und die Einführung zusätzlicher Erhebungsmodi ermöglichen zeitgemäße Haushaltsstatistiken und berücksichtigen Aspekte der Datenqualität sowie der Effizienz. Zudem vermeidet die Integration der Erhebungen in den Mikrozensus parallele Erhebungen zu teilweise ähnlichen Themen. Dies reduziert Unstimmigkeiten und Redundanzen in den Daten sowie mehrfache Aufwände und Mehrkosten.
Weitere Informationen
Ausführliche Informationen zu den Änderungen beim Mikrozensus beschreibt der Aufsatz "Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020", erschienen im Wirtschaftsmagazin "WISTA - Wirtschaft und Statistik", 6/2019.
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Methodische Hinweise zur Haushalte- und Familienberichterstattung
Haushalte
Der Mikrozensus definiert einen Haushalt als zusammenwohnende und eine wirtschaftliche Einheit bildende Personengemeinschaft (Mehrpersonenhaushalt) sowie Personen, die allein wohnen und wirtschaften (Einpersonenhaushalt). Es gibt Privathaushalte und Gemeinschaftsunterkünfte.
Bei Gemeinschaftsunterkünften handelt es sich um öffentliche und private Einrichtungen wie Pflegeheime oder Klöster. Die in Gemeinschaftsunterkünften lebenden Personen sind gemeinschaftlich untergebracht und führen keinen eigenen Haushalt, da die Einrichtung sie vollständig versorgt und/oder betreut. Gemeinschaftsunterkünfte werden in der Haushalteberichterstattung nicht berücksichtigt.
Bis einschließlich 2019 veröffentlichte die Haushalteberichterstattung Privathaushalte am Haupt- und Nebenwohnsitz. Der Wohnsitzstatus der Bezugsperson des Haushalts galt hierbei als ausschlaggebend dafür, ob es sich um einen Haushalt am Haupt- oder Nebenwohnsitz handelte. Seit dem Berichtsjahr 2020 weisen wir Haushalte in Hauptwohnsitzhaushalten aus. Ein Hauptwohnsitzhaushalt liegt dann vor, wenn mindestens ein Haushaltsmitglied, das 16 Jahre oder älter ist, mit Hauptwohnsitz im befragten Haushalt lebt. In dem Aufsatz „Haushalte in der Berichterstattung des Mikrozensus ab 2020“ können Sie die mit dem Mikrozensus 2020 vorgenommenen Veränderungen in der Haushalteberichterstattung im Detail nachlesen.
Zur Bevölkerung in Hauptwohnsitzhaushalten zählen alle Haushaltsmitglieder eines Hauptwohnsitzhaushaltes.
Das Lebensformenkonzept
Für familienstatistische Auswertungen nutzt die amtliche Statistik im Mikrozensus seit 2005 das sogenannte Lebensformenkonzept. Gemäß dem Lebensformenkonzept gruppieren wir die zum Zeitpunkt der Befragung im Haushalt lebenden Personen zu Lebensformen. Insgesamt unterscheiden wir vier verschiedene Lebensformen voneinander. Diese sind Paare mit Kind(ern), Paare ohne Kind, Alleinerziehende und Alleinstehende.
Gemäß dem Lebensformenkonzept handelt es sich bei einer Familie um eine Eltern-Kind-Gemeinschaft. Somit sind gemischtgeschlechtliche und gleichgeschlechtliche Paare sowie alleinerziehende Elternteile, die mit Kind oder Kindern im Haushalt zusammenleben, eine Familie. Einbezogen sind in diesen Familienbegriff – neben leiblichen Kindern – auch Stief-, Pflege- und Adoptivkinder ohne Altersbegrenzung. Damit besteht eine statistische Familie stets aus zwei Generationen: Eltern oder Elternteile und im Haushalt lebende Kinder (Zwei-Generationen-Regel). Kinder, die noch gemeinsam mit den Eltern in einem Haushalt leben, dort aber bereits eigene Kinder versorgen sowie Kinder, die mit einer Partnerin oder einem Partner leben, zählen im Mikrozensus nicht zur Herkunftsfamilie, sondern statistisch als eigene Familie beziehungsweise Lebensform.
Bis einschließlich 2019 wurden in der Familienstatistik Personen nur dann als Kind ausgewiesen, wenn diese ohne Partner und eigene Kinder im elterlichen Haushalt lebten, sowie den Familienstand „ledig“ aufwiesen. Seit dem Berichtsjahr 2020 bleibt der Familienstand zur Abgrenzung von Kindern unberücksichtigt. Sofern es in Auswertungen der Jahre vor 2020 nicht ausdrücklich „ledige Kinder“ heißt, wird die neue Definition von Kindern auch für diese Jahre angewandt, das heißt, es erfolgte eine Rückrechnung für die Jahre vor 2020.
Bis einschließlich 2019 enthielt die Familienstatistik Lebensformen am Hauptwohnsitz. Eine Lebensform wurde als Lebensform am Hauptwohnsitz klassifiziert, wenn die Bezugsperson der Lebensform ihren Hauptwohnsitz in dem befragten Haushalt hatte. Seit 2020 veröffentlicht die Familienberichterstattung Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten. Anders als bisher ist zur Bestimmung von Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten nicht mehr allein der Wohnsitzstatus der Bezugsperson der Lebensform maßgebend. Sofern mindestens eine Person mit Hauptwohnsitz im befragten Hauptwohnsitzhaushalt lebt, handelt es sich um eine Lebensform in Hauptwohnsitzhaushalten.
Wird die Bevölkerung in Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten ausgewiesen, so handelt es sich hierbei um alle Mitglieder von Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten.
Hinweise zu methodischen Effekten in den Zeitreihen zur Haushalte- und Familienberichterstattung auf Basis des Mikrozensus
Die Berichtswoche
Bis einschließlich 2004 erfolgte die Befragung mit Bezug zu einer einzigen Woche des Jahres. In der Regel wurden alle Befragten zur letzten feiertagsfreien Woche des Aprils befragt. Seit 2005 verteilen sich die Befragungen gleichmäßig über das gesamte Jahr. Die Angaben der Befragten beziehen sich jeweils auf die der Befragung vorangegangene Woche (gleitende Berichtswoche). Infolge der Umstellung auf eine unterjährige Befragung, kommt es bei den Ergebnissen zur Zahl von Haushalten und Lebensformen zu geringfügigen Schwankungen.
Mit dem Mikrozensus 2020 wurde die feste Berichtswoche eingeführt. Das heißt den ausgesuchten Auswahlbezirken wird eine bestimmte Woche zugewiesen, auf die sich die Angaben der auskunftspflichtigen Haushalte beziehen. Es ist dabei unerheblich, ob die Befragung der Haushalte eine Woche nach der Berichtswoche, zwei Wochen danach oder noch später stattfindet, die Angaben der Haushalte beziehen sich unabhängig vom Befragungszeitpunkt auf die dem Auswahlbezirk zugewiesene feste Berichtswoche.
Neue Hochrechnung auf Basis des Zensus 2011
Ab 1991 bis zum Jahr 2010 wurden die Ergebnisse des Mikrozensus unter Verwendung von fortgeschriebenen Ergebnissen auf Basis der Volkszählung 1987 und der Daten des Zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR vom 3. Oktober 1990 hochgerechnet. Ab dem Jahr 2011 verwendete der Mikrozensus die Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011 als Hochrechnungsrahmen.
Mit dem Zensus 2011 wurde für das Jahr 2011 eine niedrigere Bevölkerungszahl ermittelt als auf Basis der Bevölkerungsfortschreibung. Mit dem neuen Hochrechnungsrahmen ging auch eine Reduzierung der ausgewiesenen Haushalte- und Familienzahlen einher. Die Korrektur des Niveaus fiel für kleine Haushalte und Alleinstehende etwas größer aus als für größere Haushalte sowie Familien und Paare ohne Kind. Insgesamt blieben dabei jedoch die Strukturen der Haushalte sowie der Lebensformen auch mit dem neuen Hochrechnungsrahmen stabil. Weitere Information hierzu finden Sie unter Hochrechnung des Mikrozensus auf Basis des Zensus 2011.
Methodische Effekte im Mikrozensus 2016
Ab dem Berichtsjahr 2016 wurde die Stichprobe des Mikrozensus auf eine neue Grundlage umgestellt. Damit basiert die Stichprobe erstmalig auf den Daten des Zensus 2011. Durch diese Umstellung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt. Ein weiterer Effekt, der die Ergebnisse in diesem Berichtsjahr beeinflusst, ist mit der ungewöhnlich starken Zuwanderung durch Schutzsuchende verbunden.
Im Einzelnen hat dies folgende Auswirkungen: Der Mikrozensus ist eine Zufallsstichprobe. Auswahleinheiten sind sogenannte Klumpen beziehungsweise künstlich abgegrenzte Flächen (Auswahlbezirke), die sich aus ganzen Gebäuden oder Gebäudeteilen zusammensetzen. Zur Bildung der Auswahlbezirke und zur fachlichen Schichtung wurden bis einschließlich 2015 die Angaben aus der Volkszählung 1987 (für das frühere Bundesgebiet) und aus dem Zentralen Einwohnerregister der ehemaligen DDR (für die neuen Bundesländer) genutzt. Der Umstieg auf Daten des Zensus 2011 als neue Auswahlgrundlage hat 2016 zu einigen Änderungen in den vom Mikrozensus bisher aufgezeigten Haushalts- und Familienstrukturen geführt. Ihre Ursachen gehen im Wesentlichen auf eine bessere Berücksichtigung der Neubauten zurück.
Die Zufallsstichproben auf Basis der alten Zählungen (bis einschließlich 2015) berücksichtigten die Neubauten im Laufe der Jahre nicht in vollem Umfang. Da aber in Neubauwohnungen überdurchschnittlich häufig Familien wohnen, führte dies offenbar zu einer Untererfassung von Familien beziehungsweise großen Haushalten. Bei der Umstellung der Zufallsstichprobe auf die neue Auswahlgrundlage auf Basis des Zensus 2011 stieg der Anteil der Neubau-Auswahlbezirke an allen Auswahlbezirken. Dadurch gelang es besser als mit der bisherigen Auswahlgrundlage, 1 % der Bevölkerung strukturgerecht abzubilden. Eine wichtige Folge dieser methodischen Umstellung war, dass der Mikrozensus 2016 mehr Familien beziehungsweise größere Haushalte als der Mikrozensus 2015 aufweist.
Für das Jahr 2016 ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse zu Haushalten und Lebensformen insgesamt zuverlässig sind. Der Trend zu kleineren Haushalten und weniger Familien wurde jedoch vor 2016 offenbar überzeichnet, wenngleich die Entwicklungstendenzen treffend aufgezeigt und von neuen Ergebnissen bestätigt wurden.
Unabhängig von der neuen Auswahlgrundlage kommt 2016 ein weiterer Effekt zum Tragen, der mit einer ungewöhnlich starken Zuwanderung insbesondere Schutzsuchender zusammenhängt. Da die in den Notunterkünften oder anderen Aufnahmeeinrichtungen lebenden Menschen im Mikrozensus nicht befragt wurden, ist die Familienstruktur der Schutzsuchenden nicht bekannt. Bei der Interpretation der Mikrozensus-Ergebnisse zur Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit sollte deshalb berücksichtigt werden, dass diese auf den Angaben der in Privathaushalten lebenden Ausländerinnen und Ausländer beruhen. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung könnte dies unter anderem zu einer Überschätzung der ausländischen Familien führen. Weitere Hinweise hierzu finden Sie im Kapitel 9 des Qualitätsberichts Mikrozensus 2016.
Erfassung von unverheirateten Paaren mit Auskunftspflicht ab 2017
Seit 1996 wurde im Mikrozensus auf freiwilliger Basis erhoben, ob ein unverheiratetes Paar im Haushalt lebt. Ein kleiner Teil der Befragten hatte diese Frage in der Vergangenheit nicht beantwortet, so dass einige unverheiratete Paare nicht erfasst werden konnten. Seit dem Jahr 2017 wird die Frage nach unverheirateten Paaren im Haushalt mit Auskunftspflicht erhoben. Die Zahl der unverheirateten Paare liegt geringfügig über dem vorherigen Stand, da mit der Auskunftspflicht unverheiratete Paare näherungsweise vollständig erfasst werden. Im Gegenzug sinkt die Zahl der Alleinerziehenden und Alleinstehenden. Weitere Informationen finden Sie im Artikel „Die auskunftspflichtige Erfassung von Lebensgemeinschaften im Mikrozensus ab 2017“.
Die Neuregelung des Mikrozensus und die Corona-Pandemie in 2020
Der Mikrozensus ist 2020 neu gestaltet worden. Seit Langem ist die europäische Arbeitskräfteerhebung (Labour Force Survey, LFS) integriert. Daneben wird seit dem Erhebungsjahr 2020 auch die bisher separat durchgeführte europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC) im Mikrozensus erhoben. Die Befragung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in privaten Haushalten ist seit dem Erhebungsjahr 2021 ebenfalls Bestandteil des Mikrozensus. Durch die Integration dieser neuen Bestandteile ergeben sich viele neue Auswertungsmöglichkeiten. Der neugestaltete Mikrozensus ist jedoch auch mit Änderungen verbunden. Neben dem Fragenprogramm wurden die Konzeption der Stichprobe sowie mit der Einführung eines Online-Fragebogens auch die Form der Datengewinnung verändert.
Ausführliche Informationen zu den Änderungen im Mikrozensus ab 2020 enthält der Aufsatz „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“ in unserem Wissenschaftsmagazin WISTA Wirtschaft und Statistik.
Für den neu gestalteten Mikrozensus wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung von technischen Problemen begleitet war. Diese schränkten die Erhebungsdurchführung ein. Verschärft worden ist diese Situation durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020. Der vorrangige Erhebungsweg der Befragung durch ein Interview in der Wohnung der Befragten konnte nur stark eingeschränkt realisiert werden. Dies führte zu einer geringeren Rücklaufquote als beim Mikrozensus üblich. Weitere Informationen finden Sie im Beitrag „Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020“.
Die Abwägung zwischen Ergebnissicherheit und Veröffentlichungspraxis führt zu einer konservativen Bereitstellung von Ergebnissen. Daher ist aufgrund der genannten Besonderheiten des Jahres 2020 die vom Mikrozensus gewohnte fachliche und regionale Auswertungstiefe nicht erreichbar.
Die Qualität der Jahresergebnisse aus dem Mikrozensus 2020 ist auf Bundesebene im Allgemeinen weiterhin gewährleistet. Trotz einer allgemein guten Datenqualität des Mikrozensus 2020 lassen sich jedoch Sprünge in den Ergebnissen finden, für die es keine Parallelen in den Vorjahren gibt. Die Ergebnisse ab Erhebungsjahr 2020 sind aus den beschriebenen Gründen nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar. Insbesondere hat sich die Zahl der gleichgeschlechtlichen Paare gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Es finden sich Hinweise darauf, dass gleichgeschlechtliche Paare ab dem Mikrozensus 2020 nicht verlässlich erfasst werden.
Neue Hochrechnung auf Basis des Zensus 2022
Der Mikrozensus beziffert unter Verwendung der Hochrechnung auf Basis des Zensus 2022 die Bevölkerung am Hauptwohnsitz für das Jahr 2022 auf 81,9 Millionen. Damit liegen die Bevölkerungszahlen um rund 1,5 % niedriger als in den bisherigen Ergebnissen mit Anpassung an Eckwerte der Bevölkerungsfortschreibung auf Basis des Zensus 2011. Die Ergebnisse des Mikrozensus werden über die Hochrechnung den Zensus-Eckwerten angepasst. Dies erfordert auch eine Revision der Mikrozensus-Ergebnisse für die Jahre ab 2021.
Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur die Bevölkerung am Hauptwohnsitz insgesamt reduziert wird. Teilgruppen der Bevölkerung sind im unterschiedlichen Maße von der Reduzierung betroffen. Damit ist eine geringfügige Veränderung der Verhältnisse zwischen den Teilgruppen verbunden.
Da die Bevölkerung mit ausländischer Staatsangehörigkeit im besonderen Maße zurück geht (gilt für die Messung des Mikrozensus 2022), reduzieren sich solche Lebensformen, in denen Personen ohne deutschen Pass überproportional vertreten sind. So gehen Paare mit Kindern (-2,1 %) sowie Alleinerziehende (-2,6 %) stärker zurück als Paare ohne Kind (-1,2 %) und Alleinstehende (-0,1 %). Die Zahl der Familien mit eingewanderten Elternteilen reduziert sich am auffälligsten um 5,6 %, während Familien ohne Einwanderungsgeschichte nur um 1 % zurückgehen. Damit geht auch eine Reduzierung von größeren Haushalten einher. Während 1-Personen-Haushalte sogar leicht zulegen (+0,3 %) und 2-Personen-Haushalte mit -1,2 % eine vergleichsweise geringe Reduzierung aufweisen, geht die Zahl der 3-Personen-Haushalte (-1,9 %) sowie der 4- und mehr-Personen-Haushalte (-2,5 %) stärker zurück.
Allgemeine Hinweise zur Interpretation von Zeitreihen der Haushalte- und Familienstatistik
In den Zeitreihen der Haushalte- und Familienstatistik spiegeln sich die oben beschriebenen methodischen Effekte wider, die bei der Interpretation berücksichtigt werden müssen. Dies gilt dann, wenn Zeiträume betrachtet werden, welche die Zeitpunkte der methodischen Änderungen von 2005, 2011, 2016, 2017, 2020 und 2021 abdecken.
Die Entwicklungen der Haushalts- und Familienstrukturen zeichnen sich durch ein hohes Maß an Kontinuität aus. Es empfiehlt sich daher einen möglichst langen Betrachtungsrahmen zu wählen, um untypische Veränderungen in der zeitlichen Entwicklung als solche zu erkennen. Fallen sie zeitlich mit methodischen Änderungen zusammen, so ist dies ein Hinweis darauf, dass die methodischen Änderungen diese Sprünge verursacht haben können oder zumindest dazu beigetragen haben.
Besondere Vorsicht ist beim Vergleich von Jahresergebnissen geboten, welche vor und nach einer methodischen Änderung liegen (beispielsweise der Vergleich der Jahresergebnisse 2015 und 2016). Hier sollten Ergebnisse keinesfalls als Veränderung gedeutet werden, wenn diese im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen.