Die folgenden Ausführungen beschreiben die Unterschiede zwischen der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Zahlen zu Schutzsuchenden nach dem Ausländerzentralregister (AZR). Beide Statistiken nutzen unterschiedliche Datengrundlagen und beleuchten damit das Thema humanitäre Immigration nach Deutschland aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Grundlegend für die Abgrenzung beider Statistiken sind definitorische Unterschiede, die Unterscheidung zwischen Bestands- und Flussgrößen sowie zeitliche Diskrepanzen zwischen Entscheidungen im Asylverfahren und der Erfassung von Aufenthaltstiteln im AZR.
Definitorische Unterschiede
Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich aus humanitären Gründen in Deutschland aufhalten. Der Grund für ihren Aufenthalt wird dabei aus dem aufenthaltsrechtlichen Status abgeleitet (siehe §§ 22-26 AufenthG). Ausländerinnen und Ausländer, denen im Rahmen des Asylverfahrens eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde (siehe § 25 AufenthG), bilden die Teilmenge der Schutzsuchenden mit befristet anerkanntem Schutzstatus aus dem Asylverfahren. Ausländerinnen und Ausländer, die im Asylverfahren abgelehnt wurden, sich aber weiterhin in Deutschland aufhalten, sind eine weitere Teilmenge der Schutzsuchenden, die unmittelbar mit dem Asylverfahren in Verbindung steht.
Allerdings beinhaltet die Definition der Schutzsuchenden auch Ausländerinnen und Ausländer, die nicht unmittelbar in Verbindung mit dem Asylverfahren stehen. So zählen zu den Schutzsuchenden auch Personen, denen ein humanitärer Aufenthaltstitel ohne das Durchlaufen eines Asylverfahrens erteilt wurde (z. B. im Rahmen des Resettlement nach § 23 AufenthG) oder die bereits eine unbefristete Niederlassungserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten haben. Einen Überblick über die definitorischen Abgrenzungen bietet unsere Infografik zu Schutzsuchenden.
Unterscheidung zwischen Bestands- und Flussgrößen
Die Asylstatistik des BAMF beschreibt, wie viele Personen innerhalb eines Zeitraums (z. B. eines Monats oder eines Jahres) einen Asylantrag gestellt und das Asylverfahren durchlaufen haben. Weiterhin wird ausgewiesen welche Entscheidungen getroffen wurden. Die Zahl der Schutzsuchenden mit befristet anerkanntem Schutzstatus aus dem Asylverfahren beschreibt hingegen den Bestand an Personen, die zu einem bestimmten Stichtag im AZR mit einer Aufenthaltserlaubnis als Flüchtling, Asylberechtigte/r, subsidiär Schutzberechtigter oder durch Feststellung eines Abschiebeverbotes registriert sind.
Positive und negative Asylentscheidungen des BAMF beeinflussen den Bestand an Schutzsuchenden im AZR: die positiven erhöhen die Zahl derjenigen mit anerkanntem Schutzstatus aus dem Asylverfahren, die negativen Entscheidungen die der mit abgelehntem Schutzstatus.
Der Bestand an Schutzsuchenden wird aber durch eine Vielzahl weiterer Faktoren beeinflusst. Schutzsuchende reisen aus, sie ändern ihren aufenthaltsrechtlichen Status (z. B. durch Eheschließung) oder werden eingebürgert. Deshalb gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen den kumulierten Asylentscheidungen des BAMF und dem Bestand an Schutzsuchenden.
Zeitliche Diskrepanzen zwischen Entscheidungen im Asylverfahren und Erteilung von Aufenthaltstiteln
Im Asylverfahren wird über die Anerkennung bzw. Ablehnung des Antrags entschieden. Die Entscheidung im Asylverfahren ist dann Voraussetzung für die Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels. Die Aufenthaltserlaubnis selbst wird durch die lokalen Ausländerbehörden erteilt. Im Asylverfahren wird damit über die Berechtigung zur Ausstellung einer der folgenden befristeten Aufenthaltstitel entschieden:
Aufenthaltserlaubnis für Flüchtlinge nach der Genfer Konvention
(§ 25 Absatz2 Satz 1 erste Alternative AufenthG in Verbindung mit § 3 AsylG)
Aufenthaltserlaubnis für Asylberechtigte
(§ 25 Absatz 1 AufenthG in Verbindung mit Artikel 16a Grundgesetz)
Aufenthaltserlaubnis für subsidiär Schutzberechtigte
(§ 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative AufenthG in Verbindung mit § 4 AsylG)
- Aufenthaltserlaubnis durch Anerkennung eines nationalen Abschiebeverbotes
(§ 25 Absatz 3 in Verbindung mit § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG)
Zwischen der Entscheidung des BAMF und der Erteilung des Aufenthaltstitels können Wartezeiten entstehen. Größere zeitliche Abstände zwischen Asylentscheidung und Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen beispielsweise bei Klagen gegen die Entscheidung im Asylverfahren vor einem Verwaltungsgericht. Diese können nachträglich die Berechtigung auf die Erteilung eines bestimmten Aufenthaltstitels feststellen und damit die Entscheidung des BAMF revidieren. Letztlich schlägt sich eine Entscheidung des BAMF erst dann im AZR nieder, wenn die Asylentscheidung rechtskräftig ist bzw. nachdem sie sich durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf den aufenthaltsrechtlichen Status von Ausländerinnen und Ausländern auswirkt.