Migration und Integration Hinweise zu methodischen Effekten in der Zeitreihe

Besonderheiten ab dem Mikrozensus 2017

Ab 1991 bis zum Jahr 2010 werden die Ergeb­nisse des Mikrozensus unter Verwendung von fort­ge­schriebe­nen Ergebnissen auf Basis der Volksz­ählung 1987 und der Daten des zentralen Ein­wohner­registers der ehe­maligen DDR vom 3. Oktober 1990 hoch­gerechnet. Ab dem Jahr 2011 verwendet der Mikrozensus die Bevöl­kerungs­fort­schreibung auf Basis des Zensus 2011 als Hoch­rechnungs­rahmen. Daher ist ein Vergleich zwischen diesen beiden Zeit­räumen nicht möglich. Eine ver­gleich­bare Zeitreihe bieten die Sonder­reihen der Fachserie 1, Reihe 2.2, Bevölkerung mit Migrations­hinter­grund von 2005 bis 2010.

Ab dem Berichtsjahr 2016 wurde die Stich­probe des Mikrozensus auf eine neue Grund­lage umgestellt. Damit basiert die Stichprobe erstmalig auf den Daten des Zensus 2011. Durch diese Umstellung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt.

Auch durch metho­dische Besonder­heiten der Berichts­jahre 2017 und 2020 ist die Ver­gleich­barkeit der Ergeb­nisse in der Zeitreihe teilweise einge­schränkt.

Das im Jahr 2016 geänderte Mikrozensusgesetz führt zu in­halt­lichen Ände­rungen bei der Erhebung und Aufbe­reitung im Themen­bereich "Migration", die sich auf die Dar­stel­lung der Sach­verhalte zur Bevölkerung mit Migrations­hinter­grund aus­wirken. Ab dem Berichts­jahr 2017 gibt es im Mikrozensus neue Merkmale zum Themen­gebiet "Migration", die teil­weise Aus­wirkung auf die Er­mitt­lung des Migrations­hinter­grunds einer Person haben:

  1. Die Frage zum Erwerb der deut­schen Staats­ange­hörigkeit wurde um die Ant­wort­möglichkeit "durch Adoption durch einen deut­schen Eltern­teil" ergänzt.
  2. Befragte, die nach Deutschland zu­ge­wandert sind, werden nach dem Haupt­grund für ihre Zu­wan­derung gefragt (Migrations­motive).
  3. Es wird die im Haushalt vor­wiegend gesprochene Sprache erhoben.
  4. Es liegen Angaben zum Geburts­staat der Befragten und deren Eltern vor. Die Angaben zum Geburts­staat der Befragten werden unter anderem dazu ver­wendet, ihren Migrations­status zu bestimmen und die anderen dabei ein­fließen­den Angaben zu über­prüfen. Damit werden (Spät-)Aus­siedler­innen/Aus­siedler genauer erfasst.
  5. Es werden Angaben zur Zu­wan­derung, Geburts­land und Ein­bürge­rung der nicht mehr im Haushalt leben­den Eltern von Befragten, die mit deut­scher Staats­ange­hörig­keit geboren sind, erhoben. Dadurch können ab 2017 in jedem Jahr die Personen mit Migrations­hinter­grund im weiteren Sinn iden­tifiziert werden. Zuvor lagen diese Infor­matio­nen nur im Abstand von vier Jahren vor - 2005, 2009 und 2013.

In den Jahren 2005, 2009 und 2013 wurden die Angaben von nicht im Haus­halt lebend­en Eltern nur dann erhoben, wenn zuvor die Frage bejaht wurde, der ent­sprechen­de Elternteil sei "seit 1960 nach Deutschland zuge­zogen". Diese Vor­be­dingung entfällt ab dem Berichts­jahr 2017. Dadurch sind die Daten ab 2017 nur ein­ge­schränkt mit denen aus 2005, 2009 und 2013 ver­gleich­bar. Die neuen Daten legen viel­mehr nahe, dass es vor 1950 eine zahlen­mäßig größere Zu­wande­rung von Menschen mit deutschen Wurzeln gab, die sich - unter An­wen­dung der Regeln zum Migrations­hinter­grund im Mikrozensus - auf den Migrations­status ihrer als Deutsche geborenen Nach­kommen auswirkt. Für diese Daten gibt es keine Ver­gleichs­werte aus den Mikrozensus­daten vor 2017.

Deshalb wurde entschieden, dass diese Daten bei der jähr­lichen Daten­aufbe­reitung im Rahmen der Fachserie 1, Reihe 2.2, Bevölkerung mit Migrations­hinter­grund auch künftig un­be­rück­sichtigt bleiben. Dies wird da­durch erreicht, dass für alle Personen, die an­geben als (Spät-)Aus­siedlerin/Aus­siedler vor 1950 nach Deutschland zu­ge­wandert zu sein, mit der Revision der Fachserie 2017 eine zu­sätz­liche Plau­si­bili­sierung eingeführt wurde. Diese Personen werden nun als Ver­triebene und somit Person ohne Migrations­hinter­grund kate­gorisiert. Zudem werden mit deutscher Staats­an­ge­hörigkeit in Deutschland Geborene, die an­ge­geben haben, dass ihre Eltern als (Spät-)Aus­siedler vor 1950 nach Deutschland zu­ge­wandert sind, eben­falls nicht als Deutsche mit Migrations­hinter­grund, sondern als Nach­kommen von Ver­triebe­nen und somit als Personen ohne Migrations­hinter­grund kate­gorisiert.


Eine weitere Ände­rung des Mikro­zensus­gesetzes schränkt die Bericht­er­stattung zur Bevöl­kerung in Ein­rich­tungen deutlich ein: Ab 2017 werden nur noch bei der Bevöl­kerung in Privat­haus­halten alle Merk­male erhoben. Für die Bevöl-kerung in Gemein­schafts­unter­künften liegen hin­gegen nur noch einige aus­ge­wählte Angaben vor (bei­spiels­weise Geschlecht, Alter, Familien­stand und die Staats­ange­hörig­keit in Kategorien), die eine Bestimmung des Migrations­hinter­grunds nicht mehr zulassen.

Besonderheiten ab dem Mikrozensus 2020


Die Neuregelung des Mikrozensus und die Corona-Pandemie in 2020

Der Mikrozensus ist neu gestaltet worden. Durch die Inte­gration neuer Be­fragungs­bestand­teile ergeben sich viele neue Aus­wertungs­möglich­keiten. Der neu­ge­staltete Mikrozensus ist jedoch auch mit Ände­rungen verbunden. Neben dem Fragen­pro­gramm wurden die Konzeption der Stich­probe, sowie mit der Ein­führung eines Online-Frage­bogens auch die Form der Daten­ge­winnung verändert.

Zur Ver­kürzung des Zeit­raums zwischen Ende des Er­hebungs­jahres und Er­gebnis­darstellung werden ab dem Er­hebungs­jahr 2020 zwei Er­gebnis­arten – Erst- und Endergebnisse – unter­schieden. Sowohl Erst- als auch End­ergeb­nisse beruhen auf voll­ständig aufbe­reite­ten und vali­dierten Daten. Durch den für die End­ergebnisse vor­liegen­den größeren Stich­proben­umfang und die aktu­alisierte Hoch­rechnung können ggf. Ab­weichun­gen gegenüber den Erst­er­gebnissen ent­stehen.

Ausführliche Infor­mationen zu den Änderungen beim Mikrozensus ab 2020 werden beschrieben im Aufsatz "Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020", er­schie­nen im Wissen­schafts­magazin "WISTA - Wirtschaft und Statistik, 6/2019".

Für den neu gestalteten Mikrozensus wurde ein komplett neues IT-System auf­gebaut, dessen Ein­führung von tech­nischen Problemen begleitet war. Einzelne technische Heraus­forderungen setzten sich noch im Erhebungs­jahr 2021 fort. Diese führten gemein­sam mit den zum Teil fort­dauernden Auswirkungen der Corona-Pandemie zu Ein­schränkungen bei der Erhebungs­durchführung. Zusammen­genommen waren die Effekte jedoch deutlich weniger stark als im Jahr 2020 – Auswertungs­ein­schränkungen können gegebenfalls in tiefen fach­lichen oder regionalen Gliede­rungen dennoch auftreten. Die Einschränkungen bei der Erhebungs­durchführung des Mikrozensus aus den Jahren 2020 und 2021 waren im Erhebungsjahr 2022 nicht mehr gegeben. Das heißt, die anfänglichen technischen Schwierig­keiten nach der methodischen Neugestaltung des Mikrozensus im Jahr 2020 sowie die Auswirkungen der Corona-Krise hatten keine nennens­werten Effekte auf den Mikrozensus 2022. In der Tabellen­darstellung der Ergebnisse zur Bevölkerung nach Migrations­hintergrund wird zudem ab den Ender­gebnissen des Berichts­jahres 2021 die Bevölkerung in privaten Hauptwohn­sitzhaus­halten nachge­wiesen (Standard insofern nicht anders gekenn­zeichnet). In Zeit­reihen­darstellungen ist diese neue Bevölkerungs­abgrenzung bereits ab den Daten des Berichts­jahres 2020 umgesetzt. Die Begriffs­erklärung zur „Bevölkerung in Haupt­wohnsitz­haushalten“ finden Sie im Glossar zum Mikrozensus 2020 (PDF, 549KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm). Aus den beschrie­benen Gründen sind die Ergeb­nisse ab Erhebungs­jahr 2020 aus den beschrie­benen Gründen nur einge­schränkt mit den Vorjahren vergleichbar.

Besonderheiten Migrationshintergrund ab dem Mikrozensus 2020

Die Zahlen zur Bevölkerung nach Migrations­hinter­grund aus dem Mikrozensus 2020 sind aus den zuvor beschrie­benen Gründen nur ein­ge­schränkt mit den Vorjahren ver­gleich­bar. Dies gilt ins­beson­dere für einige Teil­popu­lationen, be­ispiels­weise als Deutsche Geborene, Ein­ge­bürgerte, die umso stärker schwanken, je kleiner diese sind (zum Beispiel Dif­fer­en­zierung nach Geburts­land). Neben den bereits erläuterten generellen Um­stellun­gen und metho­disch tech­nischen Eins­chränkun­gen sind Umstellungen in der Erhebung/Frage­formu­lierung sowie in der Methodik der Typisierung des Migrations­hinter­grundes hierfür ursächlich. Durch die methodische Weiter­ent­wicklung der Typi­sierung des Migrations­hinter­grunds werden die mit deutscher Staats­an­gehörig­keit Geborenen besser abgebildet. Aufgrund der Besonder­heiten des Berichts­jahres 2020 zeigen sich beim Vergleich mit dem Berichtsj­ahr 2021 eben­falls in einigen Bereichen, insbe­sondere bei kleinen Teil­populationen, größere Schwankungen der Zahlen als allgemein üblich.

Beim Mikrozensus 2022 ist insgesamt zu berücksichtigen, dass sich die verstärkte Zuwan­derung im Jahr 2022, vor allem in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine, auf die Ergebnisse aus­wirken kann: Bei der Hoch­rechnung werden ausge­wählte Merkmale des Mikrozensus an Eckwerte der Bevölkerungs­fortschreibung angepasst, unter anderem an die Staatsan­gehörigkeit. Aufgrund des starken Zuzugs wurden 2022 Schutz­suchende aus der Ukraine im Mikrozensus nicht vollständig erfasst. In der laufenden Bevölkerungs­fortschreibung werden diese Personen­gruppen hingegen über die Meldungen der Melde­ämter berücksichtigt. Bei der Interpretation der Ergebnisse zur Bevölkerung ohne deutsche Staatsan­gehörigkeit/ nach Migrations­hintergrund/ nach Einwanderungs­geschichte sollte deshalb beachtet werden, dass die unterschied­lichen auslän­dischen Staatsange­hörigkeiten/ Geburts­länder (vor allem EU-Drittstaaten) gegebenfalls überschätzt werden und insbe­sondere die ukrainische Staatsan­gehörigkeit/ das Geburtsland Ukraine unterschätzt wird. Zudem kann dies auch Effekte auf andere Merkmale des Mikrozensus haben, zum Beispiel auf die Haushalts­struktur und die Bildungs­abschlüsse.