Sterbefälle und Lebenserwartung Auswertung der unterjährigen Sterbefallzahlen seit 2020
10. Dezember 2024 - Wie wirken sich besondere Ereignisse (beispielsweise ein erhöhtes Infektionsgeschehen bei Atemwegserkrankungen oder Hitzewellen) auf das aktuelle Sterbegeschehen aus? Für eine erste Einschätzung zu derartigen Fragenstellungen stellt das Statistische Bundesamt vorläufige Auszählungen von Sterbefallmeldungen der Standesämter nach Tagen, Wochen und Monaten als Statistischen Bericht zur Verfügung. Aufgrund der zeitlich verzögerten Bereitstellung vollständiger Daten wurde anlässlich der Coronapandemie ein Schätzmodell zur Hochrechnung unvollständiger Daten entwickelt. Damit lassen sich bundesweite Sterbefallzahlen aktuell bis zum 01. Dezember 2024 bereitstellen. Erste vergleichbare Ergebnisse für alle Bundesländer liegen nach etwa vier Wochen vor.
Entwicklung im Jahr 2024
In den ersten beiden Kalenderwochen des Jahres 2024 lagen die Sterbefallzahlen unter dem mittleren Wert der Jahre 2020 bis 2023 oder in dessen Bereich. Ab der zweiten Januarhälfte sind sie zeitgleich mit der stärkeren Verbreitung von Atemwegserkrankungen über den Vergleichswert hinaus angestiegen. Das Sterbegeschehen im Januar lag insgesamt im Bereich des Vergleichswertes (+2 %). Die Sterbefallzahlen im Februar lagen über dem mittleren Wert der vier Vorjahre (+6 %; ohne den zusätzlichen Schalttag: +3 %). Mit Auslaufen der saisonalen Grippewelle im März sind die Sterbefallzahlen dann unter den Vergleichswert der Vorjahre gefallen (-6 %). Auch im April lagen sie darunter (-6 %). Zwischen Mai und Oktober lagen sie im Bereich des Medians der vier Vorjahre. Nur in vereinzelten Wochen, zum Beispiel während Hitzeperioden, stiegen die Sterbefallzahlen erkennbar darüber hinaus an. Seit Ende Oktober liegen die Sterbefallzahlen dabei wieder durchgehend unter dem mittleren Wert der vier Vorjahre: nach dem Ergebnis der aktuellen Hochrechnung um 7 % (in Kalenderwoche 48 vom 25 November bis 01. Dezember).
Dass die Sterbefallzahlen im Jahresverlauf 2024 stellenweise erkennbar unter dem mittleren Wert der vier Vorjahre liegen, hat auch mit den zum Teil deutlich erhöhten Sterbefallzahlen während der Coronapandemie in den Jahren 2020 bis 2022 zu tun. Es bedeutet also nicht zwangsläufig, dass die Sterblichkeit in diesen Phasen außergewöhnlich niedrig war.
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Eine Pressemitteilung vom 10. Dezember 2024 mit Fokus auf den November 2024 finden Sie hier.
Eine grafische Darstellung der Einzeljahre ist ebenfalls verfügbar.
Der komplette Statistische Bericht steht hier zum Download bereit.
Entwicklung im Jahr 2023
Grippewellen prägen Entwicklung zu Jahresbeginn, kaum Auffälligkeiten im weiteren Verlauf des Jahres
Im Januar 2023 lag die Zahl der Sterbefälle in Deutschland 14 % über dem mittleren Wert (Median) der Jahre 2019 bis 2022 für diesen Monat. Bereits kurz vor dem Jahreswechsel hatte laut dem Influenza-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) eine Grippewelle ihren Höhepunkt überschritten. Auch die Zahl der COVID-19-Todesfälle erreichte zu dieser Zeit erneut ein zwischenzeitliches Maximum. Im Zuge des Abklingens dieser Erkrankungswellen gingen auch die gesamten Sterbefallzahlen zu Jahresbeginn zurück, sodass die Zahl der Sterbefälle im Februar (+2 %) im Bereich des Vergleichswertes der vier Vorjahre lag. Laut Influenza-Wochenbericht waren die Kriterien für eine Grippewelle in den Kalenderwochen 9 bis 14 (27. Februar bis 9. April) erneut erfüllt. Zeitgleich mit der hohen Zahl an Atemwegserkrankungen stiegen die Sterbefallzahlen im März (+9 %) wieder an.
Im April (+3 %) gingen die Sterbefallzahlen mit dem Ende der Grippewelle wieder zurück, sodass sie in diesem Monat wieder im Bereich des Vergleichswertes lagen. Im Mai (+5 %) lagen sie dann wieder über dem mittleren Wert der vier Vorjahre. Ab Juni bewegten sich die Sterbefallzahlen zumeist in dessen Bereich oder darunter.
Zum Jahresende lagen die Sterbefallzahlen im Dezember dann deutlich darunter (-5 %). Bei der Einordnung des Saisonverlaufes der Sterbefallzahlen ist zu berücksichtigen, dass sich in den drei Jahren der Corona-Pandemie (2020 bis 2022) ein saisonales Muster gezeigt hat, bei dem die Sterbefallzahlen zum Jahresende deutlich und im Vergleich zu vorpandemischen Jahren in ungewöhnlichem Maße ansteigen. Dieses Muster wird im Vergleich der Sterbefallzahlen des Jahres 2023 mit dem mittleren Wert der vier Vorjahre 2019 bis 2022 berücksichtigt. Im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten waren die Sterbefallzahlen somit auch zum Jahresende 2023 auffällig hoch, ebenso wie die Verbreitung von Atemwegserkrankungen.
Entwicklung im Jahr 2022
Corona insbesondere im Frühjahr und im Oktober, Hitzerekorde im Sommer und außergewöhnlich viele Atemwegserkrankungen zum Jahresende im Jahresverlauf erkennbar
Zu Jahresbeginn 2022 hatte sich das Sterbegeschehen in Deutschland nach den außergewöhnlich hohen Sterbefallzahlen zum Jahresende 2021 annähernd normalisiert. Im Januar und Februar lagen die Sterbefallzahlen 5 beziehungsweise 1 % über dem mittleren Wert (Median) der Jahre 2018 bis 2021 für den jeweiligen Monat. Im Laufe des März war in den meisten vorpandemischen Jahren die Grippeaktivität und zeitgleich auch die Zahl der Sterbefälle deutlich zurückgegangen. Dieser Effekt trat 2022 erst verzögert im Laufe des Aprils ein, sodass die Sterbefallzahlen im März (+8 %) deutlicher über dem Vergleichswert aus den Vorjahren lagen als noch im Februar. Eine Erklärung für die auch im April (+7 %) und Mai (+8 %) noch überdurchschnittlichen Sterbefallzahlen könnten die in dieser Zeit immer noch in größerer Zahl aufgetretenen COVID-19-Todesfälle gewesen sein.
In den von Hitzerekorden geprägten Sommermonaten Juni bis August lagen die Sterbefallzahlen noch deutlicher über den mittleren Werten der Vorjahre (+9 bis +13 %) als in den Vormonaten. Besonders erhöht waren die Sterbefallzahlen dabei in Kalenderwoche 29 (18. bis zum 24. Juli) mit +25 %. In dieser Woche war es außergewöhnlich heiß. Die Vergleichswerte wurden jedoch auch in kühleren Wochen innerhalb der Sommermonate zum Teil deutlich überschritten. Bis Ende Juli stiegen in dieser Zeit auch die COVID-19-Todesfallzahlen wieder an, im August gingen sie wieder zurück.
Die Sterbefallzahlen lagen im September 12 % und im Oktober 20 % über dem Vergleichswert der Vorjahre. Die COVID-19-Todesfallzahlen stiegen zwischen Anfang September und Mitte Oktober erneut an – allerdings nicht im gleichen Ausmaß wie die Gesamtsterbefallzahlen. Im November (+8 %) ging die Differenz zum mittleren Wert der Vorjahre und auch die Zahl der COVID-19-Todesfälle wieder zurück. Im Dezember lagen die Sterbefallzahlen wieder sehr deutlich über dem Vergleichswert (+23 %), am deutlichsten in Kalenderwoche 51 (19. bis zum 25. Dezember) mit +38 %. Laut dem Influenza-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) wurde ab November ein Niveau bei Atemwegserkrankungen im Allgemeinen erreicht, das über dem Höhepunkt schwerer Grippewellen der Vorjahre lag. Auch die Zahl der Gestorbenen im Dezember 2022 mit etwa 115 000 Fällen geht über das von Grippewellen bekannte Ausmaß hinaus.
Entwicklung im Jahr 2021
Jahresverlauf 2021: Sterbefallzahlen nur im Februar und März unter dem mittleren Wert der Vorjahre - deutlich erhöhte Zahlen im Januar, November und Dezember
In Deutschland und weltweit wurde zu Jahresbeginn 2021 über eine äußerst niedrige Aktivität anderer Atemwegserkrankungen als COVID-19 berichtet. Besonders deutlich wurde dies bei der Grippe. Die Stärke von Grippewellen hat sich in der Vergangenheit auch in den gesamten Sterbefallzahlen widergespiegelt und zu erhöhten Fallzahlen in den Wintermonaten geführt. Im Januar 2021 - noch während der zweiten Coronawelle - lagen die Sterbefallzahlen in Deutschland insgesamt 26 % über dem mittleren Wert der vier Vorjahre. In diesem Monat deckten sich die zusätzlichen Sterbefälle nahezu komplett mit den beim Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten COVID-19-Todesfällen.
Durch die nahezu ausgefallene Grippewelle in der Saison 2020/2021 und trotz der neu aufgetretenen COVID-19-Todesfälle lagen die gesamten Sterbefallzahlen dann im Februar (-1 %) und im März (-6 %) unter dem Vergleichswert der Vorjahre. Während der dritten Coronawelle im April (+4 %) und Mai (+7 %) lagen sie wieder darüber. Im Juni (+8 %) fielen die erhöhten Sterbefallzahlen mit einer Hitzewelle zusammen und hatten ihren höchsten Ausschlag in der 24. Kalenderwoche (14. bis 20. Juni), dem Höhepunkt der Höhepunkt der Hitzewelle mit +17 %. Im Juli lagen die Sterbefallzahlen noch etwas über dem mittleren Wert der Vorjahre (+3 %), im August lagen sie in dessen Bereich. Im September (+11 %) und Oktober (+12 %) lagen die Sterbefallzahlen wieder deutlich über dem Vergleichswert der Vorjahre. Die Sterbefallzahlen für November und Dezember übertrafen während der vierten Coronawelle den Vergleichswert nochmals stärker: So starben im November 22 % und im Dezember 25 % mehr Menschen als im Mittel der vier Vorjahre.
Die gemeldeten COVID-19-Todesfälle im Herbst und zum Jahresende 2021 erklären die erhöhten Sterbefallzahlen nur zum Teil. Für den zusätzlichen Anstieg der Sterbefallzahlen sind mehrere Ursachen denkbar: So können hier unerkannte COVID-19-Todesfälle (Dunkelziffer) oder die zeitliche Verschiebung von Sterbefällen innerhalb eines Jahres infolge der zum Jahresbeginn ausgefallenen Grippewelle eine Rolle spielen (sogenanntes "mortality displacement"). Möglicherweise zeigen sich auch die Folgen verschobener Operationen und Vorsorgeuntersuchungen. Der Beitrag einzelner Effekte lässt sich allerdings derzeit nicht beziffern.
Entwicklung im Jahr 2020
Schwache Grippewelle, Sommerhitze und Coronawellen prägen den Jahresverlauf 2020
Der Jahresverlauf der Sterbefallzahlen war im Jahr 2020 durch verschiedene Sonderentwicklungen geprägt. In den ersten zwei Monaten des Jahres lagen die Sterbefallzahlen unter beziehungsweise im Bereich des mittleren Werts (Median) der Jahre 2016 bis 2019. In der typischen Grippezeit am Jahresanfang waren die Sterbefallzahlen nicht so stark angestiegen wie in den Jahren 2017 oder 2018, als die Auswirkungen der Grippewellen vergleichsweise deutlich waren. Die Coronapandemie hat sich ab Ende März dann erstmals auf die Entwicklung der Sterbefallzahlen ausgewirkt. Im gesamten April lag die Zahl der Gestorbenen dann 10 % über dem mittleren Wert der Vorjahre. Gleichzeitig war ein Anstieg der COVID-19-Todesfälle zu beobachten. Als diese zurückgingen, bewegten sich ab Mai auch die Sterbefallzahlen etwa auf dem mittleren Niveau der vier Vorjahre. Im August waren sie wieder erhöht. Dieser Effekt tritt im Sommer häufig auf und ging im Jahr 2020 offenbar ebenfalls auf eine Hitzeperiode zurück. Auch im September waren die Zahlen noch etwas erhöht. Die Differenz der Sterbefallzahlen zum mittleren Wert der Vorjahre ist dann ab Mitte Oktober erneut angewachsen. Die Zahl der Todesfälle von Personen, die zuvor laborbestätigt an COVID-19 erkrankt waren, stieg zeitgleich an. Im Dezember lag die Zahl der Gestorbenen dann 32 % über dem mittleren Wert der Vorjahre.
Methodische Hinweise
Grundlage der aktuellen Sterbefallauswertung für das Jahr 2024 sind erste vorläufige Daten (Rohdaten). Bei diesen vorläufigen Daten handelt es sich zunächst um eine reine Fallzahlauszählung der eingegangenen Sterbefallmeldungen aus den Standesämtern ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle der Daten. Durch gesetzliche Regelungen zur Meldung von Sterbefällen beim Standesamt und Unterschiede im Meldeverhalten der Standesämter an die amtliche Statistik sind diese Daten noch unvollständig. Der Meldeverzug unterscheidet sich für die einzelnen Bundesländer zum Teil deutlich. Um dennoch möglichst genaue, schnelle und vergleichbare Daten bereitzustellen, wird ein Schätzverfahren zur Hochrechnung unvollständiger Sterbefallmeldungen für die jeweils aktuellsten Daten eingesetzt.
Ab März 2020 lässt sich die Entwicklung der Sterbefallzahlen nur vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie interpretieren. Neben der Vermeidung von COVID-19-Todesfällen können die Maßnahmen und Verhaltensänderungen auch dafür gesorgt haben, dass weniger Sterbefälle durch andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Grippe verursacht werden, was sich ebenfalls auf die Differenz zum mittleren Wert auswirkt. Rückgänge oder Anstiege bei anderen Todesursachen können ebenfalls einen Effekt auf die gesamten Sterbefallzahlen haben. Über die Häufigkeit einzelner Todesursachen können die Sterbefallzahlen jedoch keine Auskunft geben.
Der Median wird für den Vergleich mit den Vorjahren seit Berichtsmonat Juli 2021 verwendet. Der Median hat gegenüber dem arithmetischen Mittel den Vorteil, weniger anfällig gegenüber Sonderentwicklungen und Ausreißern zu sein. Weitere Informationen zur Berechnung und Verwendung des Medians enthält die Pressemitteilung Nr. 373 vom 10. August 2021.
Weitere Informationen und Hintergründe zu den Ergebnissen und der Methodik bietet ein Artikel in "WISTA - Wirtschaft und Statistik" zu Sterbefallzahlen während der Coronapandemie sowie der Hinweistext des Statistischen Berichtes "Sterbefälle nach Tagen, Wochen und Monaten 2020 - 2024".
Hintergrundinformationen
Findet bei der Einordung der Sterbefallzahlen eine Altersbereinigung statt? Welche Rolle spielt die Lebenserwartung?
Anhand der vorläufigen Sterbefallzahlen für Wochen und Monate lassen sich Phasen der Übersterblichkeit im Laufe eines Jahres identifizieren. Hierfür wird ein Vergleich mit dem mittleren Wert (Median) der jeweiligen vier Vorjahre herangezogen. Bei diesem Vergleich spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Durch die Alterung der Bevölkerung steigen die Sterbefallzahlen im Vorjahresvergleich - die steigende Lebenserwartung bremst diesen Trend. Im Jahrzehnt vor der Coronapandemie sind die Sterbefallzahlen bei gleichzeitigem Wirken dieser gegenläufigen Effekte um durchschnittlich etwa 1 % pro Jahr angestiegen. Saisonale Sonderentwicklungen im Jahresverlauf wie Hitze- oder Grippewellen oder die Wellen der Coronapandemie sind in aller Regel stärker ausgeprägt. Sie sind im Vergleich mit dem mittleren Wert der Vorjahre zu erkennen, ohne dass die Alterung oder der Anstieg der Lebenserwartung explizit berücksichtigt werden.
Eine differenzierte Betrachtung des Alterungseffektes lässt sich immer erst zur Mitte des jeweiligen Folgejahres vornehmen, da erst dann die endgültigen Sterbefall- und Bevölkerungszahlen nach einzelnen Altersjahren vorliegen. Übliche Maßzahlen zur Beurteilung der Entwicklung der Sterblichkeit unter Berücksichtigung der Alterung sind die Lebenserwartung auf Basis von Sterbetafeln oder sogenannter altersstandardisierter Sterbeziffern. Für die Kalenderjahre 2020, 2021, 2022 sowie 2023 wurden diese Ergebnisse im Rahmen von Pressemitteilungen publiziert.
Warum ist neben Vergleichen auf Jahresbasis auch eine Betrachtung von Monats- und Wochenergebnissen sowie eine regionale Betrachtung wichtig?
Durch die zeitnahe Bereitstellung von Sterbefallzahlen ist es möglich, Sonderentwicklungen und deren Größenordnung schnell zu erkennen. Ebenso ist es möglich zu beurteilen, welche Regionen/Bundesländer besonders stark oder eventuell gar nicht von diesen Sonderentwicklungen betroffen sind. Die Sterbefallzahlen sind ein Parameter, der zur Beurteilung der jeweiligen Lage herangezogen wird. Bei der Planung von Gegenmaßnahmen können die Jahresergebnisse nicht abgewartet werden.
Inwiefern ist die Situation während der Coronapandemie mit vorangegangen Grippewellen vergleichbar?
Die Situation ist mit vorangegangen Grippewellen nicht vergleichbar. Es gab in diesen Wellen von vorneherein Impfstoffe. Durch die Impfungen und durch vorangegangen Infektionen gab es eine gewisse Grundimmunität in der Bevölkerung und damit die Gewissheit, dass Infektionswellen auch ohne erhebliche Eindämmungsmaßnahmen und Verhaltensänderungen wieder abklingen. Die Sterbefallzahlen während der Coronapandemie lassen sich nur vor dem Hintergrund der Maßnahmen zu deren Eindämmung und den Verhaltensänderungen der Menschen interpretieren. Neben der Vermeidung von COVID-19-Todesfällen können die Maßnahmen und Verhaltensänderungen auch dafür gesorgt haben, dass weniger Sterbefälle durch andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Grippe verursacht werden, was sich ebenfalls auf den Vergleich mit Vorjahren auswirkt. Dennoch sind in Deutschland insgesamt allein während der zweiten Welle im Winter 2020/2021 ungefähr 50 000 Covid-19-Todesfälle beim Robert Koch Institut (RKI) gemeldet worden. Auch die gesamten Sterbefallzahlen lagen in dieser Größenordnung über den Vergleichswerten der Vorjahre. Für die besonders heftige Grippewelle 2017/2018 wurde vom RKI mit 25 100 nur eine etwa halb so hohe Zahl an Todesfällen geschätzt. In vielen anderen Ländern gingen die Auswirkungen auf die gesamten Sterbefallzahlen noch wesentlich deutlicher über das von Grippewellen bekannte Maß hinaus. Auch die enge Zeitfolge von Wellen, wie sie im Rahmen der Coronapandemie in vielen Ländern beobachtet wurde, ist für Grippewellen sehr untypisch.
Warum bezieht sich der Vergleichszeitraum auf die vergangen vier Jahre?
Der Vergleich mit dem mittleren Wert der vier Vorjahre ermöglicht eine erste Einordnung der aktuellen Sterbefallzahlen im Jahresverlauf (für Wochen- und Monatszahlen). Es werden mehrere Jahre herangezogen, um dabei das unterschiedliche Ausmaß von saisonal wiederkehrenden Grippe- oder Hitzewellen zu berücksichtigen. Je länger der Vergleichszeitraum zurückreicht, desto größer werden jedoch andere Einflussfaktoren (Alterung und Anstieg der Lebenserwartung) auf die Entwicklung der Sterbefallzahlen. Der Vergleich mit vier Vorjahren stellt einen Kompromiss dieser Abwägungen dar.
Warum werden die Sterbefallzahlen im Vergleich zum Median und nicht zum arithmetischen Mittelwert angegeben?
Der Median hat gegenüber dem arithmetischen Mittel den Vorteil, weniger anfällig gegenüber Sonderentwicklungen und Ausreißern zu sein, die im Zuge der Coronapandemie gehäuft auftraten. Der Rückgriff auf den Median ermöglicht somit eine aussagekräftigere Einordnung der aktuellen Sterbefallzahlen. Bei der Berechnung des Medianwerts bleiben die niedrigste und die höchste Sterbefallzahl aus den vier Vorjahren unberücksichtigt. Liegt im Vergleichszeitraum keine erhebliche und einmalige Sonderentwicklung vor, dann liefern sowohl der Vergleich mit dem Median wie auch der Vergleich mit dem arithmetischen Mittel sehr ähnliche Ergebnisse.