Konsumausgaben und Lebenshaltungskosten Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogramms
Im Auftrag des Bundesfinanzministeriums wurden von August bis Dezember 2020 monatlich Befragungen bei Privathaushalten durchgeführt. Ziel der Befragungen war es, die Wirkung der Maßnahmen des Konjunkturprogrammes 2020 bei den privaten Haushalten zu messen. Es sollte insbesondere ermittelt werden, ob und wie die temporäre Mehrwertsteuersenkung sowie der Kinderbonus das Konsumverhalten der Haushalte beeinflussen
Auswirkung Mehrwertsteuersenkung
Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung umfasste unter anderem die befristete Senkung der Mehrwertsteuersätze von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 %. Die reduzierten Sätze galten vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020.
Immer mehr Haushalte nutzten im Zeitverlauf die Mehrwertsteuersenkung zu Konsumzwecken
Während im August 2020 fast jeder siebte Haushalt (15 %) Ausgaben aufgrund der temporären Mehrwertsteuersenkung vorzog oder das Vorziehen von Ausgaben plante, traf dies im Dezember 2020 auf jeden fünften Haushalt (20 %) zu. Die Mehrwertsteuersenkung führte auch zu einem zusätzlichen Kaufanreiz für ungeplante Anschaffungen. Im August 2020 war die Mehrwertsteuersenkung für 13 % der Haushalte ein zusätzlicher Kaufanreiz. Bis Dezember 2020 stieg dieser Anteil leicht auf 16 %. Zusammengenommen führte die Mehrwertsteuersenkung damit im August 2020 bei jedem fünften Haushalt (20 %) zu vorgezogenen oder zusätzlichen Anschaffungen. Dieser Anteil stieg bis Dezember 2020 auf ein Viertel der Haushalte (25 %). Somit nutzten im Zeitverlauf immer mehr Haushalte die Mehrwertsteuersenkung, um geplante Anschaffungen vorzuziehen oder sich ungeplante Anschaffungen zu leisten.
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Erläuterungen zur Grafik: Die Fragestellung lautete „Ziehen Sie geplante Anschaffungen wegen der temporären Mehrwertsteuersenkung vor oder haben Anschaffungen bereits vorgezogen?“
Insbesondere Haushalte mit Kindern sowie einkommensstarke Haushalte nutzten Mehrwertsteuersenkung
Die Mehrwertsteuersenkung führte insbesondere bei Haushalten mit mindestens einem minderjährigen Kind zu Vorzieheffekten. Im August 2020 zog jeder vierte dieser Haushalte (25 %) aufgrund der Mehrwertsteuersenkung geplante Anschaffungen vor oder plante das Vorziehen von Anschaffungen. Bis Dezember 2020 stieg der Anteil auf 29 %. Bei Haushalten ohne minderjährige Kinder traf dies im August 2020 auf jeden Achten (12 %) zu. Dieser Anteil stieg bis Dezember 2020 auf 17 %. Ein ähnliches, wenn auch leicht abgeschwächtes Bild zeigte sich bei den zusätzlichen ungeplanten Anschaffungen: Rund jeder vierte Haushalt (21 % bis 26 %) mit mindestens einem minderjährigen Kind tätigte in den Monaten August bis Dezember 2020 nicht geplante Ausgaben. Bei Haushalten ohne minderjährige Kinder traf dies auf rund halb so viele zu (11 % bis 14 %). Zusammengenommen tätigte damit rund jeder dritte Haushalt (32 % bis 35 %) mit mindestens einem minderjährigen Kind aufgrund der Mehrwertsteuersenkung zusätzliche Anschaffungen und/oder zog geplante Anschaffungen vor. Bei Haushalten ohne minderjährige Kinder traf dies auf rund jeden fünften (17 % bis 22 %) zu.
Die Vorzieheffekte waren bei einkommensstärkeren Haushalten verbreiteter als bei einkommensschwächeren Haushalten. Von August bis Dezember 2020 zogen 10 % bis 13 % der Haushalte mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 2 000 Euro Anschaffungen aufgrund der Mehrwertsteuersenkung vor. Von den Haushalten mit einem monatlichen Einkommen über 5 000 Euro traf dies im August 2020 auf 22 % zu. Der Anteil stieg bis Dezember 2020 auf 34 %. Auch bei den zusätzlichen Anschaffungen zeigte sich ein ähnliches Bild: Während die Mehrwertsteuersenkung für rund jeden zehnten Haushalt (9 % bis 13 %) mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 2 000 Euro einen zusätzlichen Kaufanreiz darstellte, traf dies bei Haushalten mit einem Einkommen über 5 000 Euro auf bis zu doppelt so viele zu (15 % bis 24 %). Zusammengenommen tätigte damit rund jeder sechste Haushalt (14 % bis 17 %) mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 2 000 Euro aufgrund der Mehrwertsteuersenkung zusätzliche Anschaffungen und/oder zog geplante Anschaffungen vor. Bei Haushalten mit einem monatlichen Einkommen über 5 000 traf dies im August 2020 auf 29 % zu. Der Anteil stieg bis Dezember 2020 auf 40 %.
Bei der Befragung wurde jeweils das gesamte Haushaltseinkommen und nicht das Pro-Kopf-Einkommen betrachtet. Hier ist zu beachten, dass sich die Gruppe der Haushalte mit Kindern sowie die Gruppe der Haushalte mit höherem Einkommen überschneiden, da Mehrpersonenhaushalte im Durchschnitt auch ein höheres Einkommen haben. Weiterhin ist zu beachten, dass die Ergebnisse der Befragung keine Aussagen über die tatsächlichen Entlastungswirkungen der Mehrwertsteuersenkung für private Haushalte zulassen. Sie sagen lediglich etwas über ihre den Konsum stützende beziehungsweise verstärkende Wirkung aus.
Mehrwertsteuersenkung wurde vor allem zur vorgezogenen Anschaffung von Elektrogeräten und Einrichtungsgegenständen genutzt
Von den Haushalten, die im Zeitraum August bis Dezember 2020 aufgrund der Mehrwertsteuersenkung geplante Ausgaben vorzogen, schaffte sich rund jeder zweite Haushalt (47 % bis 52 %) Elektrogeräte z. B. Fernseher, Kühlschrank oder Laptop an. Ein ähnlich hoher Anteil (43 % bis 50 %) zog Ausgaben für Einrichtungsgegenstände und Haushaltswaren wie Möbel, Lampen oder Geschirr vor. 23 % bis 30 % zogen Ausgaben im Bereich Fahrzeuge (z. B. Pkw, Fahrrad, Motorrad) vor sowie 26 % bis 30 % für Bekleidung und Schuhe. Hier waren Mehrfachnennungen möglich.
Auswirkung Kinderbonus
Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung umfasste unter anderem die Auszahlung eines Kinderbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind. Dieses Geld wurde an jeden Haushalt mit einem kindergeldberechtigten Kind in der Regel in zwei Raten – im September 200 Euro und im Oktober 100 Euro – ausgezahlt. Der Bonus wurde nicht auf Sozialleistungen angerechnet, ist jedoch wie Kindergeld beim steuerlichen Familienleistungsausgleich mit der Wirkung der Freibeträge für Kinder zu vergleichen („Günstigerprüfung“).
Mehr als jeder zweite Haushalt verwendete Kinderbonus für Konsumzwecke, insbesondere einkommensschwächere Haushalte
Im August 2020 – also vor der Auszahlung des Kinderbonus – beabsichtigte gut jeder zweite kindergeldberechtigte Haushalt (55 %), den Kinderbonus ganz oder teilweise für Konsumzwecke auszugeben. Im Dezember 2020 lag der Wert bei 60 %. Zu Konsumzwecken zählen die Anschaffung langlebiger Gebrauchsgüter (z. B. Bekleidung und Schuhe, Einrichtungsgegenstände und Haushaltswaren, Elektrogeräte, Fahrzeuge), Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke sowie Ausgaben für Eintrittsgelder und Dienstleistungen außer Haus im Bereich Freizeit, Kultur und Sport (einschließlich Restaurant- und Gaststättenbesuche sowie Urlaub).
Von den kindergeldberechtigten Haushalten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 2 000 Euro beabsichtigten von August bis Dezember 2020 bis zu zwei Drittel (57 % bis 69 %), den Kinderbonus ganz oder teilweise für Konsumzwecke auszugeben. Bei den Haushalten mit einem Einkommen über 5 000 Euro traf dies auf einen geringeren Anteil zu (46 % bis 55 %).
In etwa genauso häufig wollten die Haushalte den Kinderbonus sparen, wobei die Sparabsicht im Zeitverlauf abnahm. Während im August 2020 – also vor der Auszahlung des Kinderbonus – rund 6 von 10 Haushalten (61 %) beabsichtigten, den Kinderbonus ganz oder teilweise beiseite zu legen, traf dies ab Oktober 2020 – also mit Auszahlung der zweiten Rate – nur noch auf rund die Hälfte der Haushalte zu (53 % bis 54 %). Der Kinderbonus wird nicht auf Sozialleistungen angerechnet, jedoch ab einer bestimmten Einkommenshöhe mit der Wirkung der Freibeträge für Kinder bei der Einkommensteuer verrechnet. Von August bis Dezember 2020 ging rund jeder vierte kindergeldberechtigte Haushalt (24 % bis 27 %) davon aus, dass in seinem Fall der Kinderbonus voll und ganz verrechnet wird.
Neben Konsum und Sparen beabsichtigte zudem rund jeder fünfte Haushalt (16 % bis 21 %) den Kinderbonus ganz oder teilweise zur Rückzahlung von Schulden einzusetzen. Etwa jeder vierte Haushalt (25 % bis 28 %) nutzte den Kinderbonus für sonstige, nicht weiter benannte Zwecke.
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Erläuterungen zur Grafik: Die Fragestellung lautete „Wofür setzen Sie das Geld aus dem Kinderbonus ein? – Bitte verteilen Sie 100 Punkte auf die angegebenen Möglichkeiten. 100 bedeutet, dass Sie den gesamten Kinderbonus hierfür einsetzen und 0 bedeutet, dass Sie gar nichts vom Kinderbonus hierfür einsetzen. Mit den Punkten dazwischen können Sie Ihren Einsatz abstufen.“
Kinderbonus wurde insbesondere für Anschaffung langlebiger Gebrauchsgüter verwendet
Von den Haushalten, die den Kinderbonus ganz oder teilweise für Konsumzwecke einsetzten, schafften sich je Monat 71 % bis 79 % langlebige Gebrauchsgüter an. Dabei war in rund der Hälfte der Fälle die Anschaffung von z. B. Bekleidung, Einrichtungsgegenständen oder Elektrogeräten zumindest für diesen Zeitraum nicht geplant. Somit wurden aufgrund des Kinderbonus (eventuell auch in Kombination mit der temporären Mehrwertsteuersenkung) auch Ausgaben für langlebige Gebrauchsgüter vorgezogen oder ungeplante zusätzliche Anschaffungen getätigt.
52 % bis 63 % der Haushalte, die den Kinderbonus für Konsumzwecke einsetzten, tätigten mit dem Geld Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke. Rund die Hälfte der Haushalte (49 % bis 51 %) beabsichtigte den Kinderbonus im August und September 2020 für Eintrittsgelder und Dienstleistungen außer Haus im Bereich Freizeit, Kultur und Sport zu verwenden. Ab Oktober 2020 sank dieser Anteil deutlich und lag im Dezember 2020 lediglich noch bei 34 %. Dies ist wahrscheinlich auf die zunehmenden Einschränkungen durch die Corona-Pandemie zurückzuführen.
Methodische Hinweise zur Sondererhebung
Die hier dargestellten Ergebnisse stammen aus einer Sondererhebung von Konsumdaten, die das Statistische Bundesamt im Auftrag des Bundesfinanzministeriums durchgeführt hat. Ziel der Befragungen war es, die Wirkung der Maßnahmen des Konjunkturprogramms 2020 bei den privaten Haushalten zu messen. Es sollte insbesondere ermittelt werden, ob und wie die temporäre Mehrwertsteuersenkung sowie der Kinderbonus das Konsumverhalten der Haushalte beeinflussen.
Die monatlichen Online-Befragungen nahm ein externes Institut in fünf Wellen von August bis Dezember 2020 vor. Dabei gaben pro Monat rund 4 200 Personen freiwillig Auskunft zu ihrem Haushalt. Die Fragen zum Kinderbonus haben nur Haushalte beantwortet, die in 2020 kindergeldberechtigt waren.
Es handelt sich jeweils um haushaltsrepräsentative Quotenstichproben mit Befragten im Alter von 18 bis 74 Jahren. Als Referenz für die Quotierung und Hochrechnung diente der Mikrozensus 2019. Erhebungen dieser Art weisen sowohl stichprobenbedingte als auch nicht-stichprobenbedingte Fehler auf. Generell muss berücksichtigt werden, dass Quotenstichproben mit Verzerrungen bezüglich der Merkmale einhergehen, die nicht Teil des Quoten- und Hochrechnungsrahmens sind.
Sämtliche Angaben – auch zum Einkommen – beruhen auf Selbsteinschätzungen der Befragten. Sie stellen somit Absichtserklärungen in Bezug auf die Verwendung des (zusätzlich) verfügbaren Einkommens der Haushalte dar. Sowohl bei den Fragen zur Mehrwertsteuersenkung als auch zum Kinderbonus kann das tatsächliche Verhalten von den erklärten Absichten abweichen beziehungsweise sich im Zeitverlauf verändern. In welchem Ausmaß die Maßnahmen des Konjunkturprogramms tatsächlich zu einer Stärkung des privaten Konsums oder einer Entlastungswirkung der privaten Haushalte führten, lässt sich dementsprechend aus der Befragung nicht direkt schließen. Ebenso liegen aus dieser Sondererhebung keine Informationen über die Ausgabenhöhe oder zu den Sparsummen in Zusammenhang mit den Konjunkturprogramm-Maßnahmen vor.
Die Befragung führte das Statistische Bundesamt auf Grundlage von § 3 Absatz 1 Nr. 16 Bundesstatistikgesetz (BStatG) durch.
Downloads
Ausgewählte Ergebnisse der Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogrammes:
- Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogramms - August 2020
- Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogramms - September 2020
- Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogramms - Oktober 2020
- Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogramms - November 2020
- Sondererhebung von Konsumdaten zur Evaluierung des Konjunkturprogramms - Dezember 2020