Landkreise in Deutschland unterscheiden sich stark hinsichtlich ihrer Bevölkerungsdichte. So findet man sowohl sehr dicht besiedelte Landkreise, welche oftmals urban geprägt sind, als auch Landkreise mit einer eher geringen Bevölkerungsdichte - typischerweise im ländlichen Raum. Auffällig dabei ist, dass sich die Altersstruktur in den Landkreisen je nach Bevölkerungsdichte stark unterscheidet. So ist der Anteil älterer Menschen in dünn besiedelten Landkreisen tendenziell höher als in urban geprägten Gebieten. Der Anteil älterer Menschen (65 Jahre und älter) lag im Jahr 2019 für dünn besiedelte Landkreise bei 24 %, wohingegen er in Großstädten lediglich 19,6 % betrug.
Zeitliche Entwicklung seit 2012
Wirft man einen Blick auf die zeitliche Entwicklung der Bevölkerung in verschiedenen Typen von Landkreisen, fällt auf, dass der Anteil älterer Menschen insbesondere auf dem Land erheblich ansteigt. So erhöht sich der Anteil von Menschen ab 65 Jahren in ländlichen Kreisen seit 2012 kontinuierlich - und zwar umso stärker, je dünner die Landkreise besiedelt sind. Großstädte hingegen fallen an dieser Stelle aus dem Rahmen. Im Vergleich von 2012 zu 2015 ist der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung hier sogar leicht um 0,2 Prozentpunkte gesunken (von 19,8 % auf 19,6 %). Danach stagnierte der Wert. Aus methodischen Gründen ist ein Zeitvergleich für frühere Jahre nicht möglich.
Gründe für diese Entwicklung
Grundsätzlich sorgt der Demografische Wandel für eine Zunahme des Anteils älterer Menschen in der Bevölkerung. Die beschriebenen Unterschiede zwischen den Gebietstypen werden darüber hinaus durch eine Reihe verschiedener Faktoren beeinflusst. Vor allem ist eine Abwanderung junger Menschen aus ländlich geprägten Gebieten in urbane Gegenden zu erkennen. Insbesondere junge Menschen zeigen ein hohes Maß an Mobilität und ziehen beispielsweise für bessere Ausbildungs- und Berufsaussichten in Großstädte. Somit steigt der Anteil junger Menschen in diesen Gebieten, während die ländlichen Kreise – durch die Abwanderung junger Menschen - einen Anstieg des Bevölkerungsanteils älterer Menschen verzeichnen. Zusätzlich spielt eine Rolle, dass auch eine Abwanderung älterer Menschen aus den Großstädten erfolgt, vermutlich auch, weil Faktoren wie hohe Mieten oder steigende Lebenshaltungskosten in den Städten eine größere finanzielle Belastung darstellen - insbesondere für Menschen im Rentenalter.
Dies trägt ebenfalls dazu bei, dass ländliche Kreise einen deutlichen Anstieg des Bevölkerungsanteils von Menschen ab 65 Jahren verzeichnen, während diese Entwicklung in kreisfreien Großstädten nicht zu beobachten ist. Zwar steigt auch hier die absolute Anzahl der über 65-Jährigen (+4 % zwischen 2012 und 2019) - ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung stagniert aber auf einem ungefähr gleichen Niveau. Gründe hierfür sind unter anderem ein negativer Wanderungssaldo in dieser Altersgruppe sowie eine starke Zuwanderung jüngerer Menschen aus dem In- und Ausland in den kreisfreien Großstädten. Dadurch wächst die absolute Zahl der Bevölkerung ab 65 Jahren in den kreisfreien Großstädten eher langsamer als die Bevölkerung insgesamt (+5,8 %), während in den sonstigen Gebieten die Zahl der Menschen ab 65 Jahren schneller als die Bevölkerung insgesamt zunimmt.
Menschen ab 85 Jahren
Wirft man einen Blick auf Menschen ab 85 Jahren, ergibt sich ein ähnliches Bild. Im Jahr 2019 lag der Anteil dieser hochbetagten Menschen in besonders dünn besiedelten Kreisen mit 3,1 % am höchsten, während in Großstädten lediglich 2,7 % in diese Altersgruppe fielen. Auch der zeitliche Verlauf weist hier einen interessanten Trend auf: 2012 war der prozentuale Anteil von Menschen ab 85 Jahren für Großstädte (2,4 %) und ländlich geprägte Kreise (2,5 %) noch nahezu ausgeglichen. Im Jahr 2019 dagegen ist dieser Anteil für besonders dünn besiedelte Landkreise deutlicher gestiegen (+0,6 Prozentpunkte) als das für Großstädte der Fall ist (+0,3 Prozentpunkte). An dieser Stelle fällt auf, dass sämtliche Kurven ab dem Jahr 2018 einen „Knick“ nach oben aufweisen. Dieser wird auf den geburtenstarken Jahrgang von 1934 zurückgeführt – ab diesem Jahr stiegen die Geburten in Deutschland für einige Jahre stark an. Darüber hinaus könnte eine Rolle spielen, dass die Generation ab 1934 seitens der Männer weniger Kriegsverluste im zweiten Weltkrieg erlitten hat als die Jahrgänge zuvor. Beides führt zu einer wesentlich höheren Anzahl von Personen in der Altersgruppe ab dem Kalenderjahr 2019 in allen Kreistypen. Für die unterschiedlichen Entwicklungen der kreisfreien Großstädte und der anderen Gebiete zwischen den Jahren 2012 und 2018 gelten die gleichen Gründe wie für die Bevölkerung ab 65 Jahren: Insbesondere findet auch eine Abwanderung von Menschen über 85 Jahren von den Großstädten in die anderen Gebiete statt. Diese Entwicklung setzte sich auch im Jahr 2019 fort. In den kreisfreien Großstädten steht allerdings eine leichte Zunahme des Anteils der Menschen ab 85 Jahren ein rückläufiger Anteil an Menschen ab 65 Jahren gegenüber. Dies dürfte daran liegen, dass die Altersgruppe ab 85 Jahre lediglich circa 13 % der älteren Menschen ab 65 Jahren darstellen und somit für die allgemeine Tendenz nicht bestimmend sind.
Die hier beschriebenen Unterschiede im Anteil von über 85-Jährigen in Stadt und Land mögen auf den ersten Blick gering erscheinen, sie werden aber insbesondere im Hinblick auf die dahinterliegenden absoluten Zahlen und die gegebenen Infrastruktur-Unterschiede relevant. Menschen im hohen Alter sind oftmals auf Gesundheits- und Pflegedienstleistungen angewiesen, welche nur durch eine funktionierende Infrastruktur gewährleistet werden können. Besonders in ländlichen Gebieten zeichneten sich hier in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Probleme ab, die vor allem durch einen Mangel an Ärzten oder Pflegeservices bedingt zu sein scheinen. Die anhaltende Tendenz, dass der Anteil älterer Menschen in ländlichen Gebieten zunimmt, stellt unsere Gesellschaft somit zukünftig vor große Herausforderungen.
Datengrundlage: Siedlungsstrukturelle Kreistypen als Analyseraster
Die Datenauswertung basiert auf der vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) verwendeten Klassifizierung nach siedlungsstrukturellen Kreistypen, welche als Analyseraster in der Laufenden Raumbeobachtung herangezogen wird und von der administrativen Gebietsgliederung von Stadt- und Landkreisen abweicht.
Das BBSR unterscheidet hiernach nach vier Kreistypen:
Kreisfreie Großstädte: Kreisfreie Städte mit mindestens 100 000 Einwohnern
Städtische Kreise: Kreise mit einem Bevölkerungsanteil in Groß- und Mittelstädten von mindestens 50 % und einer Einwohnerdichte von mindestens 150 Einwohner je Quardratkilometer (qkm) sowie Kreise mit einer Einwohnerdichte ohne Groß- und Mittelstädte von mindestens 150 Einwohner je Quardratkilometer (qkm).
Ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen: Kreise mit einem Bevölkerungsanteil in Groß- und Mittelstädten von mindestens 50 %, aber einer Einwohnerdichte unter 150 Einwohner je Quardratkilometer (qkm) sowie Kreise mit einem Bevölkerungsanteil in Groß- und Mittelstädten unter 50 % mit einer Einwohnerdichte ohne Groß- und Mittelstädte von mindestens 100 Einwohner je Quardratkilometer (qkm).
Dünn besiedelte ländliche Kreise: Kreise mit einem Bevölkerungsanteil in Groß- und Mittelstädten unter 50 % und Einwohnerdichte ohne Groß- und Mittelstädte unter 100 Einwohner je Quardratkilometer (qkm).
Eine genaue Beschreibung zur Klassifizierung der Kreistypen finden Sie hier.