Die Deutsche Vereinigung am 3. Oktober 1990 löste vor allem in Ostdeutschland starke demografische Veränderungen aus. Charakteristisch für die 1990er- und 2000er-Jahre waren rückläufige Geburtenzahlen und Abwanderung überwiegend junger Menschen in die westlichen Bundesländer. Zu positiven demografischen Veränderungen zählt die deutlich gestiegene Lebenserwartung. In der Summe beschleunigten aber diese Prozesse die demografische Alterung der ostdeutschen Bevölkerung. In Westdeutschland haben dagegen die stärkere Zuwanderung aus dem Ausland sowie die Zuzüge aus den neuen Bundesländern die Alterung verlangsamt. Trotz deutlicher Annäherung sind auch nach 35 Jahren deutscher Vereinigung typische demografische westdeutsche beziehungsweise ostdeutsche Entwicklungsmuster erkennbar.
Steigende Bevölkerungszahl im Westen und Bevölkerungsrückgang im Osten Deutschlands
Zum Zeitpunkt der deutschen Einheit im Jahr 1990 lebten in Westdeutschland (hier: früheres Bundesgebiet ohne Berlin-West) rund 62 Millionen Menschen. Es waren viermal so viele wie in den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) mit ihren damals circa 15 Millionen Einwohnenden. Während die Bevölkerung im Westen Deutschlands zwischen 1990 und 2024 um 10 % auf 67,5 Millionen gewachsen ist, nahm sie im gleichen Zeitraum im Osten um 16 % auf 12,4 Millionen ab. Damit lebten 2024 in Westdeutschland mehr als fünfmal so viele Menschen wie in den ostdeutschen Bundesländern. Diese unterschiedlichen Entwicklungen resultieren grundsätzlich aus Veränderungen der Bevölkerung durch Wanderungsbewegungen, Geburten und Sterbefälle.
Nach Westdeutschland wandern mehr Menschen aus dem Ausland zu als nach Ostdeutschland
Die Bundesrepublik ist zwischen 1991 und 2024 durch den positiven Wanderungssaldo, also die Differenz zwischen Zuzügen nach und Fortzügen aus Deutschland, um etwa 11,8 Millionen Menschen gewachsen. Lässt man Berlin außer Acht, betrug die Nettozuwanderung aus dem Ausland in diesem Zeitraum im Osten rund 1,3 Millionen Personen.
Die Abwanderung von Ost nach West setzt sich - nach Unterbrechung 2017 bis 2022 - seit 2023 fort
Im Zeitraum von 1991 bis 2024 wanderten rund 1,2 Millionen Menschen mehr von Ost nach West als umgekehrt. Wanderungen von und nach Berlin sind in dieser Betrachtung nicht enthalten. Etwa die Hälfte dieser starken Abwanderung geht auf die ersten zehn Jahre seit der Vereinigung zurück: Bis zum Jahr 2000 verließen im Saldo etwa 611 000 Personen den Osten in Richtung Westdeutschland. In den folgenden zehn Jahren bis 2010 wanderten im Saldo noch rund 553 000 Menschen von Ost nach West. In den 2010er-Jahren verlangsamte sich diese Entwicklung deutlich mit einem Abwanderungssaldo von Ost gegenüber West von insgesamt rund 70 000 Personen zwischen 2011 und 2016. Von 2017 bis 2022 wanderten erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik mehr Menschen von den westdeutschen Bundesländern in die ostdeutschen Länder (Saldo +18 000 Personen). In den Jahren 2023 und 2024 kehrte sich diese Tendenz wieder um und die östlichen Bundesländer verzeichneten einen Wanderungsverlust in Richtung Westen (Saldo -7 000 Personen).
Der Wanderungsverlust für den Osten ist insbesondere auf die Abwanderung von Personen im jüngeren und mittleren Lebensalter zurückzuführen: Im Saldo verlor der Osten seit der Vereinigung insgesamt mehr als 740 000 Person in der Altersgruppe der zum Fortzugszeitpunkt bis 25-Jährigen an den Westen sowie rund 489 000 Personen bei den zum Fortzugszeitpunkt zwischen 25- und 65-Jährigen. Die Wanderungen von Seniorinnen und Senioren stellen eine Ausnahme dar, da sie häufiger von West nach Ost ziehen. Dennoch machen sie mit rund 6 000 Personen nur einen geringen Anteil an den Ost-West-Wanderungen aus. Eine weitere Auffälligkeit bei der Betrachtung des Wanderungsverlustes für den Osten von 1991 bis 2024 ist die ungleiche Verteilung der Geschlechter. 57 % des Verlustes besteht aus Frauen (693 000 Personen), davon waren 428 000 Frauen zum Zeitpunkt des Fortzugs jünger als 25 Jahre.
Im Westen und im Osten ist die Zahl der Sterbefälle höher als die Zahl der Geborenen
In beiden Teilen Deutschlands starben zwischen 1990 und 2024 jeweils etwa 2,5 Millionen mehr Menschen als Kinder geboren wurden. Dies entsprach einem durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungsrückgang von 1 Menschen pro 1 000 Personen in Westdeutschland und von 5 Menschen pro 1 000 Personen in Ostdeutschland. In Deutschland insgesamt betrug das kumulierte Geburtendefizit seit 1990 etwa 5,3 Millionen Personen.
Die bevölkerungsrelevanten Veränderungen sind hier nicht vollständig abgebildet, da insbesondere die Wanderungen von und nach Berlin nicht enthalten sind.
Alterung schreitet im Osten schneller voran
Im gesamten Land ist die Bevölkerung älter geworden: Zwischen 1990 und 2024 ist der Anteil der unter 20-Jährigen von rund 22 % auf 19 % gesunken, während der Anteil der Seniorinnen und Senioren (65 Jahre und älter) von 15 % auf 23 % gestiegen ist. Allerdings schreitet diese Entwicklung im Osten schneller voran. 1990 war die Bevölkerung im Osten jünger als im Westen: Der Anteil der unter 20-Jährigen betrug 25 % im Osten und 21 % im Westen (jeweils ohne Berlin), während die ab 65-Jährigen im Osten 14 % und im Westen 15 % der Bevölkerung stellten. Im Zeitverlauf hat sich dieses Verhältnis umgekehrt: 2024 war im Osten der Anteil der unter 20-Jährigen mit 17 % geringer als im Westen mit 19 %. Zugleich war im Osten der Anteil der ab 65-Jährigen mit 28 % höher als im Westen (22 %).
Anteil der ausländischen Bevölkerung ist im Osten deutlich niedriger als im Westen
Während Ende 1990 im Westen 5,2 Millionen Ausländerinnen und Ausländer lebten (8 % der Bevölkerung), lag die Ausländerzahl im Osten bei 112 000 (1 %). Die ausländische Bevölkerung ist seit der deutschen Vereinigung überall gestiegen, Unterschiede bleiben jedoch bestehen: So stellt die ausländische Bevölkerung Ende 2024 im Westen 16 % (10,6 Millionen Menschen) und im Osten 8 % (949 000 Menschen) der Bevölkerung dar. Die unterschiedlichen Migrationsverläufe im Osten und im Westen sind auch in der Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung sichtbar: Der Anteil der Staatsangehörigen aus Gastarbeiterländern (einschließlich aktueller EU-Mitglieder) an der ausländischen Bevölkerung liegt Ende 2024 im Westen mit 36 % deutlich höher als im Osten (11 %). Auch der Anteil der EU-Bürgerinnen und -Bürger ist im Westen höher als im Osten (36 % bzw. 27 %), wobei dieser Unterschied vor allem auf die ehemaligen Gastarbeiterländer Spanien, Italien, Griechenland und Kroatien zurückzuführen ist. Dagegen sind im Osten Staatsangehörigkeiten aus Asien (33 %), vor allem aus Fluchtländern (Syrien, Afghanistan) häufiger als im Westen (22 %). Die unterschiedlichen Migrationsgeschichten spiegeln sich auch in der Aufenthaltsdauer wider: Während 19 % der im Westen lebenden Ausländerinnen und Ausländer bereits 30 Jahre und länger in Deutschland waren, sind es im Osten lediglich 4 %.
Berlin liegt zwar im Osten Deutschlands, weist aber eine besondere Bevölkerungsstruktur und -entwicklung auf
Nach dem Auf und Ab der 1990er-Jahre verzeichnete Berlin seit 2005 eine kontinuierliche Bevölkerungszunahme. Ende 2024 war seine Bevölkerung mit 3,7 Millionen um rund 7 % größer als 1990 (3,4 Millionen Personen). Zu dieser Bevölkerungszunahme haben hauptsächlich Zugewinne aus der Außenwanderung seit der Wiedervereinigung (+760 000 Personen) sowie aus den westlichen Bundesländern (insgesamt +193 000) beigetragen. Zugleich verlor Berlin 264 000 Menschen durch Abwanderung in die neuen Bundesländer (insbesondere nach Brandenburg). In Bezug auf die Migrationsgeschichte weist Berlin mehr Ähnlichkeiten mit Westdeutschland als mit dem Osten Deutschlands auf.
Trotz Annäherung im Geburtenverhalten sind im Osten öfter und jüngere Mütter anzutreffen als im Westen
Im vereinigten Deutschland wurden zwischen 1990 und 2024 insgesamt 26,0 Millionen Kinder geboren. Die meisten von ihnen kamen in Westdeutschland zur Welt. Lediglich 3,5 Millionen oder 13 % der Babys stammen aus den ostdeutschen Flächenländern. Anfang der 1990er-Jahre, während des gravierenden Geburtenrückgangs, wurde im Osten nur jedes zehnte Kind geboren. Erst seit Mitte der 2000er-Jahre hat sich die Geburtenrate in Ost- und Westdeutschland angeglichen.
Zum Zeitpunkt der deutschen Vereinigung waren Mütter bei der Geburt des ersten Kindes im Osten mit durchschnittlich 23 Jahren deutlich jünger als im Westen (etwa 27 Jahre). Im Jahr 2024 hat sich diese Differenz auf gut ein Jahr reduziert: 30,4 Jahre im Westen gegenüber 29,2 Jahren im Osten.
In der Verbreitung der Kinderlosigkeit bestehen jedoch nach wie vor deutliche Unterschiede. Der Anteil der Frauen ohne eigene Kinder an allen 45- bis 49-Jährigen lag nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2022 (letzter Datenstand) in Westdeutschland bei 20 %. In Ostdeutschland betrug er 14 %, obwohl seit der Vereinigung die Kinderlosigkeit im Osten schneller als im Westen angestiegen war.
Geburten von nicht verheirateten Eltern sind heute zwar in Ost und West stärker verbreitet als 1990, die Unterschiede sind aber immer noch deutlich ausgeprägt. Die nichtehelichen Geburten waren 2024 im Osten mit 53 % deutlich öfter anzutreffen als im Westen (29 %). 1990 betrug ihr Anteil an allen Geburten jeweils 35 % und 10 %.
Die Lebenserwartung der Ostdeutschen hat sich schnell an das westdeutsche Niveau angenähert
Betrachtet man die Entwicklung der Lebenserwartung bei Geburt zwischen 1991/1993 und 2022/2024 in Ostdeutschland und in Westdeutschland als jeweilige Einheit, so wird eine rasche Angleichung der Lebenserwartung in beiden Landesteilen deutlich. In den Jahren 1991/1993 war noch eine Differenz von 3,2 Jahren bei Männern und von 2,3 Jahren bei Frauen zugunsten Westdeutschlands festzustellen. Innerhalb von sieben Jahren bis zur Sterbetafel 1998/2000 hat sich die Differenz für Männer auf 1,6 Jahre halbiert und für Frauen auf 0,6 Jahre sogar noch stärker reduziert. Bis Ende der 2000er-Jahre ist die Differenz in der Lebenserwartung für Männer weiter zurückgegangen. Danach hat sie sich zunächst auf einem Niveau von 1,3 bis 1,5 Jahren stabilisiert. Bei den Frauen war seit der Sterbetafel 2012/2014 kaum noch eine Differenz zwischen Ost und West feststellbar. Es wird angenommen, dass Verbesserungen in der medizinischen Versorgung und den allgemeinen Lebensbedingungen im Osten zu dieser raschen Anpassung beigetragen haben. Im Zuge der Corona-Pandemie, von der die ostdeutschen Bundesländer stärker betroffen waren, hat die Differenz in der Lebenserwartung zwischen Ost- und Westdeutschland zeitweise wieder zugenommen. Bezogen auf den Dreijahreszeitraum 2022/2024 betrug die Differenz in der Lebenserwartung bei Geburt bei den Männern 1,4 Jahre zugunsten Westdeutschlands. Bei den Frauen waren es 0,1 Jahre zugunsten Ostdeutschlands.
Etwa seit Ende der 2000er-Jahre ist der Anstieg der Lebenserwartung nicht mehr so deutlich wie in den vorangegangenen Jahrzehnten. Hierzu haben außergewöhnlich starke Grippewellen sowie ab März 2020 die Corona-Pandemie beigetragen. Im Vergleich der Sterbetafeln 2017/2019 und 2022/2024 ist die Lebenserwartung bei Geburt sogar etwas zurückgegangen. Die Verluste an Lebenserwartung während der Pandemie sind somit in dem aktuellen Dreijahreszeitraum noch nicht kompensiert. Ohne Pandemie hätte man hingegen mit einem – zumindest leichten – weiteren Anstieg rechnen können.
Zahl der Eheschließungen sank seit 1990 im Westen wie im Osten Deutschlands deutlich
Im Jahr der deutschen Vereinigung 1990 wurden 516 388 Ehen geschlossen. Anschließend nahm die Zahl der Eheschließungen tendenziell immer weiter ab und sank im Jahr 2007 auf den vorübergehend niedrigsten Stand von knapp 369 000. Zwischen 2013 und 2018 gab es einen spürbaren Anstieg auf rund 450 000 Eheschließungen (2018). In den Pandemiejahren 2020 bis 2022 haben sich pro Jahr durchschnittlich 374 000 Paare das Ja-Wort gegeben. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland lediglich 349 216 Ehen geschlossen, was dem niedrigsten Stand seit 1990 entspricht. In der Relation zur Bevölkerung ist dies mit 4,2 Eheschließungen je 1 000 Einwohnerinnen und Einwohnern der niedrigste Werte seit 1946.
Ein Rückgang der Eheschließungen war nach 1990 in West- und Ostdeutschland zu beobachten. Während er aber im Westen Deutschlands kontinuierlich verlief, hat sich die Zahl der Eheschließungen in den ostdeutschen Flächenländern bereits im Jahr 1991 abrupt halbiert (von 101 913 auf 50 529). Einen bemerkenswerten Anstieg der Eheschließungen zwischen 2013 und 2018 gab es nur in Westdeutschland. Im Osten nahmen diese dagegen allmählich zu. Im Jahr 2018 haben die Eheschließungen in beiden Teilen Deutschlands ihr Zwischenhoch erreicht: im Westen mit knapp 364 000 und im Osten mit rund 70 000 geschlossenen Ehen. In den Pandemiejahren 2020 bis 2022 haben in West und Ost deutlich weniger Menschen geheiratet. Im Jahr 2024 lag die Zahl der Eheschließungen im Westen mit 288 710 auf dem tiefsten Stand seit 1990 und in den ostdeutschen Flächenländern mit 49 263 auf dem Niveau der beginnenden 1990er und 2000er-Jahre. Relative Werte je 1 000 Einwohnerinnen und Einwohnern sanken auf den niedrigsten Wert in Westdeutschland, in Ostdeutschland auf das Niveau rund um die Jahrtausendwende.
Der Anteil der Paare, die Kinder mit in die Ehe bringen, ist auch 35 Jahre nach der deutschen Vereinigung immer noch sehr unterschiedlich. Im Westen hatten 1990 etwa 5 % der Paare bei der Heirat gemeinsame voreheliche Kinder, in den ostdeutschen Flächenländern dagegen über 26 %. Dieser Anteil stieg in beiden Teilen Deutschlands. 2024 brachten im Westen 18 % und im Osten nahezu 36 % der Eltern gemeinsame Kinder mit in die Ehe. Der im Osten doppelt so hohe Anteil entspricht dem dort auch deutlich höheren Anteil an außerhalb einer Ehe geborenen Kindern wie im Westen.
Ehescheidungen: Im Westen wie im Osten haben etwa die Hälfte der geschiedenen Paare minderjährige Kinder
Im Osten Deutschlands brachen die Scheidungszahlen nach der deutschen Vereinigung regelrecht ein. Dazu trug neben allen anderen Veränderungen auch bei, dass zum 3. Oktober 1990 das bis dahin westdeutsche Scheidungsrecht eingeführt wurde, das in der Regel eine Scheidung erst nach einer Trennung von einem Jahr vorsieht. Bereits nach einigen Jahren nahmen die Ehescheidungen im Osten wieder zu und näherten sich zwischen 2000 und 2004 dem Niveau von 1990 an. Im Westen Deutschlands dagegen nahmen die Ehescheidungen nach 1990 weiterhin zu. Sie erreichten 2003 ihr Maximum. In beiden Landesteilen ging die Zahl der Ehescheidungen dann wieder zurück. 2024 wurden in den westlichen Bundesländern etwa 9 % weniger Ehen geschieden als 1990 und im Osten Deutschlands etwa 45 % weniger.
Sowohl im Westen als auch im Osten hatten 2024 etwa die Hälfte der geschiedenen Paare minderjährige Kinder. Mitte der 1990er-Jahre waren dagegen im Osten bei 70 % der Ehescheidungen minderjährige Kinder betroffen.
Methodische Hinweise
Der Beitrag enthält Daten zu Geburten, Wanderungen, Sterbefällen sowie aus der Bevölkerungsfortschreibung und dem Ausländerzentralregister.
Die Berechnung der Bevölkerungszahlen berücksichtigt neben den Ergebnissen der Geburten-, Sterbefall-, und Wanderungsstatistiken auch die Ergebnisse des Zensus 2011 und des Zensus 2022, die jeweils zu einer statistischen Korrektur der Bevölkerungszahlen um insgesamt ca. 1,5 % nach unten geführt haben.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen zur ausländischen Bevölkerung und deren demografischer Struktur aus mehreren Quellen. Mehr Informationen zu den Unterschieden dieser Datenquellen finden Sie hier.