Bevölkerung Großstadtregionen im Wandel

Die Mehrheit der Bevölkerung lebte 2022 in Großstadtregionen

Großstädte und ihr Umland stellen in Deutschland einen zentralen Lebensraum und ein beliebtes Ziel von pendelnden Beschäftigten und ihren Angehörigen dar. Im Jahr 2022 lebte mit 60 Millionen Personen die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands (71 %) in Großstädten und deren Umland. Das Betrachten von Großstadtregionen bietet einen Blick auf die Entwicklung von Großstädten zusammen mit ihrem Umland. Zusammenhänge und Wechselwirkungen sind so sichtbar.

Nach der Definition des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) sind Zentren von Großstadtregionen Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, in die mehr Berufstätige ein- als auspendeln. Ihr Umland wird je nach Anzahl der Pendlerinnen und Pendler in ein Ergänzungsgebiet zum Zentrum sowie einen engeren und einen weiteren Verflechtungsbereich unterteilt. Dabei stellt das Ergänzungsgebiet zudem selbst ein wichtiges Pendelziel dar.

Großstadtregionaler Einzugsbereich

Im Jahr 2022 gab es insgesamt 50 Großstadtregionen in Deutschland. Davon hatten 16 Großstadtregionen mehr als eine Million Einwohnerinnen und Einwohner. In 19 Großstadtregionen lebten weniger als 500 000 Personen. Die größte Großstadtregion war der Großraum Berlin/Potsdam mit 5,3 Millionen Personen. Die kleinste Großstadtregion war Salzgitter in Niedersachsen mit 156 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Nur 40 % aller Einwohnerinnen und Einwohner der Großstadt­regionen lebten 2022 direkt in den Zentren. Dagegen lebten 60 % im Umland: davon 29 % im Ergänzungs­gebiet zum Zentrum, 41 % im engeren und 31 % im weiteren Verflechtungs­bereich.

Bevölkerungszuwachs in den Großstadtregionen verlangsamt sich

Die Bevölkerungszahl ist in den Großstadtregionen in den letzten Jahren überproportional angestiegen. Im Jahr 2022 lebten 3,3 Millionen Menschen mehr in diesen Regionen als noch 2012 (+ 5,8 %). Im restlichen Deutschland wuchs die Bevölkerung im gleichen Zeitraum nur um 2,2 % an. Am stärksten ist die Bevölkerung dabei in den Zentren gestiegen (+ 7,4 %), gefolgt von den engeren Verflechtungsbereichen und den Ergänzungsgebieten (+ 5,4 %). Die weiteren Verflechtungsbereiche sind mit + 3,6 % weniger stark gewachsen.

Diese Entwicklung verlief allerdings nicht kontinuierlich: Das Wachstum der Großstadtregionen hat sich im Betrachtungszeitraum bis 2019 verlangsamt und ist in den Jahren 2020 (+ 0,0 %) und 2021 (+ 0,1 %) nahezu stagniert. Insbesondere die Zentren hatten im durch Corona besonders geprägten Jahr 2020 einen Bevölkerungsrückgang (- 0,2 %) zu verzeichnen. Die Bevölkerung in den Ergänzungsgebieten blieb stabil (- 0,0 %), während sie im restlichen Umland weiterhin leicht zunahm (+ 0,2 %). Im Jahr 2022 stieg die Bevölkerung in ganz Deutschland erneut stark an (+ 1,3 %) aufgrund der Fluchtmigration aus der Ukraine. Den größten Zuwachs verzeichneten dabei die Zentren der Großstädte (+ 1,6 %).

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Zentren wachsen durch Zuwanderung aus dem Ausland

Das Zusammenspiel der verschiedenen Bevölkerungsbewegungen – Geburten, Sterbefälle, Zuzüge und Fortzüge – bestimmt die Bevölkerungsentwicklung der Großstadtregionen. Insbesondere in den Zentren resultierte das Bevölkerungswachstum seit 2012 aus dem hohen Außenwanderungssaldo - es gab in diesem Zeitraum deutlich mehr Zuzüge aus dem Ausland als Fortzüge. Die Zentren verzeichneten zudem etwas mehr Geburten als Sterbefälle und somit einen kleinen Geburtenüberschuss. Dafür war in den Zentren der Binnenwanderungssaldo negativ, das heißt innerhalb von Deutschland zogen deutlich mehr Menschen aus den Zentren hinaus als hinein.

Auch das Umland der Großstädte profitierte von der Außenwanderung, wenn auch in geringerem Ausmaß als die Zentren. Im Gegensatz zu den Zentren profitierte es darüber hinaus von der Binnenwanderung, hatte dafür aber ein deutliches Geburtendefizit zu verzeichnen.

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Ohne Außenwanderung würden die Großstadtzentren bereits seit 2014 schrumpfen

Noch in den Jahren 2012 und 2013 sind insgesamt mehr Menschen innerhalb Deutschlands in die Zentren der Großstadtregionen gezogen als aus den Zentren fortgezogen. Seit 2014 haben die Zentren dann durchgängig Bevölkerung durch die Binnenwanderung verloren. Ohne die Zuwanderung aus dem Ausland würde die Bevölkerung in den Zentren daher auch seit 2014 durchgängig schrumpfen. Insbesondere im Jahr 2022 erlebten die Großstadtzentren trotz Abwanderung in das Inland insgesamt deutliche Wanderungsgewinne aufgrund der durch den russischen Angriff auf die Ukraine deutlich erhöhten Zuwanderung aus dem Ausland.

Dabei war der Binnenwanderungsverlust in den drei Jahren 2020, 2021 und 2022 deutlich größer als noch in den Vorjahren: Im Jahr 2022 erreichte der Abwanderungsverlust innerhalb Deutschlands mit 143 000 Personen einen neuen Höchststand und war damit mehr als doppelt so hoch wie noch im Jahr 2019 (- 68 000 Personen). Anders als die Zentren hatte das Umland im gesamten Zeitraum Wanderungsgewinne aus der innerdeutschen Wanderung zu verzeichnen.

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Umland der Großstadtregionen profitierte 2022 von Abwanderung aus den Zentren

Beliebtes Ziel bei Personen, die aus den Zentren abwanderten, war 2022 das Umland derselben Großstadtregion: Insgesamt verloren die Zentren im Saldo rund 112 000 Personen an andere Gemeinden innerhalb derselben Großstadtregion und 31 000 Personen an andere Regionen innerhalb Deutschlands. Von der Abwanderung ins Umland profitierte der engere Verflechtungsbereich im Saldo mit 54 000 Personen am meisten, gefolgt vom Ergänzungsbereich (39 000 Personen) und dem weiteren Verflechtungsbereich (18 000 Personen).

Die Wanderungsgewinne des Umlands bei Umzügen innerhalb Deutschlands basierten im Wesentlichen auf dem Zuzug aus den dazugehörigen Zentren: Gegenüber dem restlichen Deutschland verlor das Umland von Großstadtregionen im Jahr 2022 an Bevölkerung durch Abwanderung (Saldo - 8 000 Personen).

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Innerhalb Deutschlands ziehen junge Erwachsene häufiger in die Zentren der Großstadtregionen

Das Wanderungsverhalten innerhalb Deutschlands unterscheidet sich nach Altersgruppen. Insbesondere die Wanderungen von jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren trugen im Jahr 2022 positiv zum Wachstum der Zentren der Großstadtregionen bei: In dieser Altersgruppe gewannen die Zentren aufgrund der Binnen­wanderung rund 72 000 Menschen hinzu. Demgegen­über war eine deutliche Abwanderung der 30- bis 49-Jährigen aus den Zentren in andere Regionen Deutschlands festzu­stellen (Saldo - 118 000 Personen).

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Entgegengesetzt verliert die Bevölkerung im Umland durch die Binnenwanderung Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (Saldo - 41 000 Personen) und gewinnt 30- bis 49-Jährige (Saldo + 83 000 Personen) und unter 18-Jährige (Saldo + 45 000 Personen) hinzu. Diese Altersverteilung lässt auf Abwanderung von Azubis und Studierenden sowie Zuwanderung von Familien mit Kindern schließen.

Wanderungsverhalten wirkt sich aus auf die Altersstruktur in den Großstadtregionen

Die altersbedingt unterschiedliche Mobilität verändert die Altersstruktur der Großstadtregionen und vergrößert die Schere zwischen den Zentren und dem Umland. Bereits 2012 lag das Durchschnittsalter der Bevölkerung in den Zentren unter dem Durchschnittsalter des Umlands. Im Jahr 2022 ist das Durchschnittsalter in den Zentren leicht gesunken (- 0,3 Jahre) und lag bei 42,6 Jahren. Im Ergänzungsgebiet stieg es dagegen (+ 0,3 Jahre) auf 44,6 Jahre an. Im restlichen Umland stieg das Durchschnittsalter sogar um annähernd 1 Jahr an: auf 45,0 Jahre im engeren und 45,5 Jahre im weiteren Verflechtungsbereich.

Methodische Hinweise

Bei den Großstadtregionen handelt es sich um ein räumliches Abgrenzungskonzept des BBSR, welches sich an den Verflechtungen zwischen den Zentren und ihrem Umland orientiert. Maßgeblich sind hierbei die Pendelbewegungen der sozialversicherungspflichtig versicherten Beschäftigten zwischen Wohn- und Arbeitsort. Es werden folgende Kategorien unterschieden.

  • Das Zentrum einer Großstadtregion stellt immer eine Großstadt mit mindestens 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern dar. Es verfügt über einen Einpendlerüberschuss, wobei der Hauptstrom der Pendlerinnen und Pendler nicht aus einem benachbarten Zentrum kommen darf.
  • Das Ergänzungsgebiet umfasst unmittelbar angrenzende Gemeinden, die eng mit dem Zentrum verflochten sind und meist selbst ein wichtiges Pendelziel darstellen. Sie haben eine hohe Tagesbevölkerungsdichte, einen Einpendlerüberschuss und/oder 50 % der auspendelnden Personen pendeln in das Zentrum.
  • Aus dem engeren Pendlerverflechtungsbereich pendeln mindestens 50 % der auspendelnden Personen in das Zentrum/Ergänzungsgebiet ein.
  • Aus dem weiteren Pendlerverflechtungsbereich pendeln 25 bis 50 % der auspendelnden Personen in ein Zentrum/Ergänzungsgebiet ein.

Detaillierte Informationen zu den Großstadtregionen finden Sie auf der Internetseite des BBSR.

Die Wanderungsstatistik enthält Zu- und Fortzüge von Personen, die nach den melderechtlichen Regelungen bei den zuständigen Meldebehörden an- beziehungsweise abgemeldet wurden. Die Statistik umfasst Wanderungsbewegungen über die Grenzen Deutschlands (Außenwanderung) sowie Wanderungsbewegungen über die Gemeindegrenzen hinweg innerhalb Deutschlands (Binnenwanderung). Die Informationen zur Bevölkerungsfortschreibung zeigen wie die Bevölkerungszahlen ermittelt werden.

Die Ergebnisse der Wanderungsstatistik und als Folge die Entwicklung des Bevölkerungsstandes ab Berichtsjahr 2016 sind aufgrund methodischer Änderungen, technischer Weiterentwicklungen der Datenlieferungen aus dem Meldewesen an die Statistik sowie der Umstellung auf ein neues statistisches Aufbereitungsverfahren nur bedingt mit den Vorjahreswerten vergleichbar. Weitere Informationen finden Sie in den methodischen Erläuterungen.