- Direkter Preisvergleich (Direct Price Comparison)
- Preisänderung interpretiert als reine Qualitätsänderung (Price change taken as quality change)
- Verkettung im überlappenden Zeitraum (Overlap)
- Indirekte Verkettung unter Verwendung von Referenzmodellen (Bridged Overlap)
- Mengenbereinigung (Package Size Adjustment)
- Verwendung von Optionspreisen (Option Pricing)
- Berechnung geldwerter Vorteile (Supported judgmental quality adjustment)
- Hedonische Techniken (Hedonics)
- Expertenurteil (Judgmental quality adjustment)
In der amtlichen Preisstatistik soll eine von qualitativen oder quantitativen Änderungen unbeeinflusste Preisveränderung der Produkte gemessen werden. Dies ist so lange unproblematisch, wie das beobachtete Gut inklusive aller Verkaufsbedingungen unverändert bleibt. Manchmal kann es aber vorkommen, dass ein Gut, dessen Preis längere Zeit beobachtet wurde, nicht mehr in die Preiserhebung einbezogen werden kann oder soll. Dies ist der Fall, wenn das ältere Modell nicht mehr erhältlich ist oder es spürbar an Marktbedeutung verloren hat. Dann muss der Preis eines aktuellen Modells mit dem des ausgeschiedenen Modells verglichen werden.
Solche Modellwechsel können ebenso wie Änderungen von Packungsgrößen oder Vertragskonditionen mit Qualitätsänderungen einhergehen, die sich zwar im Preis niederschlagen können, aber nicht vollständig den Preisunterschied zwischen altem und neuem Produkt bedingen müssen. In diesen Fällen wird der durch die Qualitätsunterschiede hervorgerufene Preisunterschied quantifiziert und bei der Indexermittlung herausgerechnet. Ohne eine solche Qualitätsbereinigung würden sich Verbesserungen oder Verschlechterungen der Güterqualität in den Preisindizes voll niederschlagen. Damit wäre eine sinnvolle Interpretation der gemessenen Preisentwicklung erschwert.
Durch Qualitätsbereinigungsverfahren wird somit gewährleistet, dass trotz Produktänderungen bei der Preismessung "Gleiches mit Gleichem" verglichen wird und somit Preisänderungen als "reine Preisentwicklung" interpretiert werden können. In internationalen Gremien findet ein regelmäßiger Austausch über die Eignung verschiedener Qualitätsbereinigungsverfahren statt. Die deutsche Preisstatistik beteiligt sich intensiv an diesem Austausch und lässt die Ergebnisse in ihre Praxis der monatlichen Qualitätsbereinigung einfließen.
In der deutschen Preisstatistik sind folgende Qualitätsbereinigungsverfahren üblich. Keine Preisstatistik einer bestimmten Wirtschaftsstufe verwendet dabei alle Verfahren, sondern jede bedient sich einer geeigneten Auswahl.
Direkter Preisvergleich (Direct Price Comparison)
Der direkte Preisvergleich findet Anwendung, wenn ein qualitativ gleichwertiges Ersetzungsmodell gefunden wird. Es handelt sich um ein Extrem eines Qualitätsbereinigungsverfahrens, denn die Preise der beiden Produkte werden ohne explizite Qualitätsbereinigung direkt miteinander verglichen, der Qualitätsanteil beträgt somit Null Prozent und die Preisänderung geht voll in die Indexberechnung ein. Insbesondere für technische Produkte wird genau definiert, bei welchen Merkmalen unterschiedliche Modelle nicht zu einer expliziten Qualitätsbereinigung führen sollen. Oft handelt es sich dabei um Fragen des Designs, um modische Aspekte oder um andere, sehr subjektive Bewertungen der Qualität. Typische Beispiele beim Verbraucherpreisindex/Harmonisierten Verbraucherpreisindex sind wechselnde Designs bei Gebrauchsgütern wie Toastern oder modische Aspekte bei Bekleidungsartikeln.
Preisänderung interpretiert als reine Qualitätsänderung (Price change taken as quality change)
Diese Methode stellt das andere Extrem einer Qualitätsbereinigung dar. Im Gegensatz zum direkten Preisvergleich wird ein möglicher Preisunterschied zwischen dem zu ersetzenden und dem Ersetzungsmodell komplett auf einen Qualitätsunterschied zurückgeführt, der Qualitätsanteil der Preisänderung beträgt also 100 Prozent. Zwischen den beiden Perioden, in denen die Ersetzung erfolgt, wird also keine Preisänderung gemessen. Dieses Verfahren kommt in den verschiedenen Preisstatistiken dann in Frage, wenn für ein weggefallenes Modell kein vergleichbares Ersetzungsmodell gefunden werden kann und man beispielsweise auf ein Gerät anderen Bautyps oder auf eine andere Sorte übergehen muss.
Verkettung im überlappenden Zeitraum (Overlap)
Manchmal kommt es vor, dass ein Hersteller verschiedene Produktvarianten anbietet, die sich durch ein Merkmal oder durch eine bestimmte Merkmalskombination voneinander unterscheiden. Sind beide Gütervarianten zur gleichen Zeit am Markt erhältlich (Überlappungszeitraum), kann der Preisunterschied als Schätzwert für den Geldwert des Qualitätsunterschiedes angesehen werden, da der Abnehmer aufgrund des Alternativangebots eine entsprechende Wahlmöglichkeit hat. Der Wechsel von einem zu ersetzenden Modell zu einem Ersetzungsmodell erfolgt damit indexneutral, das heißt der Preisunterschied zwischen Vorgänger- und Nachfolgemodell bleibt unberücksichtigt. Die Methode findet unter anderem Anwendung bei der Preiserhebung für die verschiedenen Erzeugerpreisindizes, wenn bei geänderter Warenbeschreibung oder Einkaufskonditionen ein Preis für ein neues Gut und dessen vergleichbarer Vormonatspreis erfragt werden.
Indirekte Verkettung unter Verwendung von Referenzmodellen (Bridged Overlap)
Dieses Verfahren kann Anwendung finden, wenn ein zu ersetzendes Modell und sein Ersetzungsmodell zu keiner Zeit gleichzeitig am Markt erhältlich sind. Bei der indirekten Verkettung wird als Referenz die durchschnittliche Preisentwicklung innerhalb derselben Produktgruppe oder von geeigneten Vergleichsmodellen herangezogen. Beim Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte kann das Verfahren beispielsweise bei Produkten des Maschinenbaus genutzt werden, wenn auf Grund von Einzelfertigungen oder Kleinserien keine vergleichbaren Ersetzungsmodelle gefunden werden können. Speziell wenn bei geänderten Material- oder Personalkosten auch Preisänderungen angenommen werden müssen, wird die Preisentwicklung einer geeigneten Vergleichsgruppe von Modellen ersatzweise verwendet.
Mengenbereinigung (Package Size Adjustment)
Eine Mengenbereinigung wird dann durchgeführt, wenn sich lediglich die Menge einer Verpackungseinheit bei gleich bleibender Qualität geändert hat. Entscheidend für die Verwendung dieser Methode ist, dass die Menge unmittelbar und proportional den Wert des Erzeugnisses bestimmt. Dadurch werden auch "versteckte" Preiserhöhungen (durch verringerte Mengen bei unverändertem Preis) erfasst. Beim Verbraucherpreisindex/Harmonisierten Verbraucherpreisindex wird eine Mengenbereinigung typischerweise im Bereich der Nahrungsmittel und anderer Verbrauchsgüter vorgenommen. Beim Erzeugerpreisindex für Dienstleistungen kommt dieses Verfahren beispielsweise dann zum Einsatz, wenn sich bei Gebäudereinigungsverträgen die Reinigungsfläche oder das Reinigungsintervall verändert hat.
Verwendung von Optionspreisen (Option Pricing)
Bei der Verwendung von Optionspreisen wird die Schätzung des Wertes der Qualitätsänderung zwischen einem zu ersetzenden Modell und seinem Ersetzungsmodell über Listenpreise einzelner Produktmerkmale vorgenommen. Dieses Verfahren wird meist bei komplexeren Produkten angewendet, wenn ein bestimmtes Merkmal einst eine Zusatzoption war, zwischenzeitlich jedoch zum Standard geworden ist. In solchen Fällen kann ein Teil des Betrages, der früher für die Zusatzausstattung zu zahlen war, als Geldwert des Qualitätsunterschiedes angesetzt werden. Auch Zusatzausstattungen von anderen Herstellern können für die Schätzung verwendet werden. Dabei wird ein bestimmter Anteil des Betrags, der früher für die Zusatzoption zu zahlen war, als Geldwert des Qualitätsunterschieds herangezogen. Da in den meisten Fällen jedoch nicht bekannt ist, ob der Abnehmer die neue zum Standard gewordene Ausstattung tatsächlich benötigt (und somit früher zugekauft hätte), wird entsprechend internationaler Konventionen meist ein Anteil von 50 Prozent des Kaufpreises als Geldwert der Qualitätsveränderung herangezogen. Anwendung findet dieses Verfahren beim Verbraucherpreisindex/Harmonisierten Verbraucherpreisindex beispielsweise bei Neuwagen mit Zusatzausstattung wie speziellen Airbags.
Berechnung geldwerter Vorteile (Supported judgmental quality adjustment)
Bei manchen Produkten lässt sich durch den Einbezug von zusätzlichen Informationsquellen mit transparenten Verfahren konkret bestimmen, welchen Mehrwert ein neu am Markt erhältliches Modell für den Konsumenten hat. Typische Fälle sind die Verbrauchswerte technischer Produkte oder andere Folgekosten (Wartung). Konkrete Beispiele sind der Kühlschrank mit geändertem Stromverbrauch oder die Waschmaschine mit geändertem Wasser- und Stromverbrauch. Zur Berechnung eines Geldwertes der Qualitätsänderung sind in diesen Fällen Annahmen, zum Beispiel bezüglich der Nutzungsdauer und der Nutzungsintensität des neuen Erzeugnisses, erforderlich. Zur Berechnung der Folgekosten werden bei den Energieträgern aktuelle Marktpreise herangezogen. Dabei wird angenommen, dass auch der Konsument bei seiner Beurteilung der Qualität eines Produktes weitgehend die aktuellen Preise für Energieträger etc. einfließen lässt.
Hedonische Techniken (Hedonics)
Seit 2002 werden im Statistischen Bundesamt neben den bisher dargestellten traditionellen Verfahren auch hedonische Methoden zur Qualitätsbereinigung genutzt. Die Hedonik findet besonders dann Anwendung, wenn die zur Berechnung der Teuerung beobachteten Produkte in kurzer Zeit einer starken Veränderung unterliegen. Die Güter, die in der amtlichen Preisstatistik derzeit auf diese Art qualitätsbereinigt werden, sind Desktop-PCs, Drucker, Festplatten, Notebooks, Prozessoren, RAM, Server, Gebrauchtwagen, Smartphones, Tablet-PCs und Wohnimmobilien. Da gerade bei technischen Produkten die Preispolitik der Hersteller häufig darauf abzielt, Preisänderungen mit Produktwechseln zu verbinden, spielt die Qualitätsbereinigung eine wichtige Rolle für die Messung der Preisentwicklung in diesem Bereich. Die hedonische Qualitätsbereinigung ist dabei ein statistisches Verfahren, mit dem der Einfluss einzelner Produktmerkmale, wie beispielsweise die Festplattengröße bei Desktop-PCs, auf den Preis berechnet wird (Regression). Dadurch kann der Geldwert des Qualitätsunterschieds zwischen einem zu ersetzenden und einem Ersetzungsmodell bestimmt werden und so aus der Preisveränderung herausgerechnet werden. Durch die Quantifizierung der Qualitätsänderung kann also die "reine" Preisentwicklung bestimmt werden.
Die Ergebnisse der hedonisch bereinigten Güter fließen mit ihren entsprechenden Gewichten in verschiedene Preisindizes ein. Diese sind gegenwärtig der Verbraucherpreisindex/Harmonisierter Verbraucherpreisindex, der Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte, der Einfuhr- und der Ausfuhrpreisindex, der Großhandelsverkaufspreisindex sowie der Preisindex für Wohnimmobilien. Im Verbraucherpreisindex nehmen die hedonisch bereinigten Güter (Desktop-PCs, Tablet-PCs, Notebooks, Smartphones, Drucker und Gebrauchtwagen) einen Anteil von ca. 1,4 % am gesamten Index ein, im Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte von ca. 0,6 %. Bei den verbleibenden Indizes ist der Anteil höher, beim Einfuhrpreisindex (Desktop-PCs, Tablet-PCs, Drucker, Festplatten, Notebooks, Prozessoren, RAM, Server, Smartphones) liegt der Anteil derzeit sogar bei 5,6 %. Bei der Berechnung des Preisindex für Wohnimmobilien wird der gesamte Index hedonisch qualitätsbereinigt.
Expertenurteil (Judgmental quality adjustment)
Für manche Produktwechsel ist es nicht möglich, mit den bisher dargestellten objektiven Methoden zu ermitteln, in welchem Ausmaß ein Preisunterschied auf die Qualität zurückzuführen ist. Hier wird dann die subjektive Einschätzung von Experten (z. B. Befragte oder Preiserheberinnen und Preiserheber) eingeholt. Diese entscheiden aufgrund ihrer Erfahrungen, welcher Anteil der Preisänderung auf qualitative Änderungen entfällt. Dieses Verfahren kommt beispielsweise beim Erzeugerpreisindex für Dienstleistungen zum Einsatz, wenn ein bisheriger Vertrag durch einen Neuvertrag mit einem Dienstleister ersetzt wird.