- Was ist die Entstehungsrechnung?
- Wie werden Produktionswert und Vorleistungen ermittelt?
- Welche sind die wichtigsten Datenquellen?
- Wo finde ich aktuelle Ergebnisse?
Was ist die Entstehungsrechnung?
Die Entstehungsrechnung ist eine von drei Berechnungsverfahren des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Die anderen beiden Verfahren sind die Verwendungsrechnung und die Verteilungsrechnung. Die Entstehungsrechnung setzt an der Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland an. Im Mittelpunkt steht dabei die Bruttowertschöpfung, also der mit einer wirtschaftlichen Betätigung geschaffene Mehrwert. Die Entstehungsrechnung ermöglicht neben der Darstellung des BIP – als Summe der gesamten Bruttowertschöpfung sowie der Nettogütersteuern – auch einen genauen Blick auf die Entwicklungen in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen.
Die Bruttowertschöpfung stellt die zentrale Größe der Entstehungsrechnung dar. Sie wird ermittelt, indem vom Produktionswert der Wert der in der Produktion verbrauchten Vorleistungen abgezogen wird. Bruttowertschöpfung, Produktionswerte und Vorleistungen werden für alle Branchen entsprechend der Klassifikation der Wirtschaftszweige NACE Rev.2 berechnet.
Der Produktionswert ist der Gesamtwert aller im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen in einer Periode. Das ESVG 2010 unterscheidet dabei die Marktproduktion von Gütern, die für den Verkauf bestimmt sind und denen ein wirtschaftlich signifikanter Preis zugeordnet werden kann. Darunter fallen auch zunächst auf Lager genommene Güter. Daneben gibt es die Nichtmarktproduktion durch staatliche oder gemeinnützige Produzenten, die ihre Güter kostenfrei oder zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen zur Verfügung stellen. Schließlich ist der Wert der Produktion zur Eigenverwendung einzubeziehen. Dies sind zum einen Güter, die im Sektor private Haushalte für den eigenen Konsum hergestellt werden, einschließlich dem selbst genutzten Wohneigentum. Zum anderen zählen Waren und Dienstleistungen dazu, die die Produzenten für eigene Investitionen herstellen, wie selbsterstellte Anlagen oder Bauten und auch eigene Forschung und Entwicklung.
Die Vorleistungen umfassen gemäß ESVG 2010 alle Waren und Dienstleistungen, die für den Produktionsprozess von anderen Produzenten bezogen werden, um verbraucht, verarbeitet oder umgewandelt zu werden. Dabei handelt es sich um eine große Bandbreite von Gütern, zum Beispiel Rohstoffe und Vorprodukte, aber auch Mieten oder Leasing- und Lizenzgebühren. Wertverluste durch Abnutzung und Verschleiß von Anlagen zählen nicht zu Vorleistungen, sondern werden über die Abschreibungen erfasst. Die Vorleistungen werden zu Anschaffungspreisen, also einschließlich der nicht abziehbaren Umsatzsteuer bewertet.
Der Produktionswert und damit auch die Bruttowertschöpfung wird zu Herstellerpreisen bewertet. Dies sind die Beträge, die die Produzenten pro Einheit des verkauften Gutes erhalten und in denen üblicherweise die sonstigen produktionsbezogenen Steuern wie die Gewerbesteuer und die güterbezogenen Subventionen enthalten sind. Diese Preise beinhalten jedoch nicht die Gütersteuern. Für den Übergang auf das Bruttoinlandsprodukt, das gemäß den Konzepten des ESVG 2010 zu Marktpreisen zu bewerten ist, müssen die Gütersubventionen abgezogen und die Gütersteuern hinzugerechnet werden.
Die Ergebnisse der Entstehungsrechnung zur Bruttowertschöpfung sind die wichtigste Quelle zur Regionalisierung der Wirtschaftsleistung nach Ländern und Kreisen, die im Rahmen der Arbeit der VGR der Länder veröffentlicht werden.
Wie werden Produktionswert und Vorleistungen ermittelt?
Der Produktionswert und die Vorleistungen werden auf verschiedene Weisen ermittelt, je nachdem ob Markt- oder Nichtmarkproduktion betrachtet wird. Für die konkrete Berechnung spielt es natürlich auch eine Rolle, welche Ausgangsdaten in den betrachteten Wirtschaftszweigen zur Verfügung stehen.
Bei dem überwiegenden Teil der wirtschaftlichen Tätigkeit handelt es sich um Marktproduktion, bei der definitionsgemäß mehr als die Hälfte der Produktionskosten durch Verkaufserlöse gedeckt wird. Zur Ermittlung des Produktionswertes dient hier typischerweise der Umsatz als Ausgangspunkt und wird ergänzt um die Erzeugnisse, die auf Lager produziert wurden und um selbsterstellte Bauten, Ausrüstungen und Forschung und Entwicklungsleistungen. In zwei Bereichen wird der Produktionswert über ein Menge-Preis-Modell bestimmt, wobei die gesamtwirtschaftliche Menge modellhaft aus den Datenquellen ermittelt und mit geeigneten Preisen bewertet wird. Dieser Ansatz kommt für den Wirtschaftsbereich Land- und Forstwirtschaft und für den Produktionswert der Wohnungsvermietung zum Einsatz.
Nichtmarktproduktion definiert sich über nicht kostendeckende Produktion, wie sie bei Produzenten zu finden ist, die ihre Güter zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen oder kostenfrei zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich neben den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck um staatliche oder staatlich kontrollierte Einheiten, die beispielsweise öffentliche Güter herstellen. Der Produktionswert ist in diesen Fällen als Summe der Produktionskosten zu ermitteln.
Für die Marktproduzenten im Produzierenden Gewerbe und in vielen Dienstleistungsbereichen stehen als Ausgangsquelle Strukturerhebungen zur Verfügung. Neben den Umsätzen geben diese auch Aufschluss über die Kostenarten der Hersteller, die zur Ermittlung der Vorleistungen herangezogen werden. Wichtige ergänzende Quellen sind die Statistiken zur Umsatzsteuer ebenso wie das Unternehmensregister und verschiedene Fachstatistiken, beispielsweise für das Baugewerbe.
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Zusetzungen, die von den Umsätzen auf den Produktionswert überleiten, sind verschiedene Anpassungen vorzunehmen, um eine vollständigere Erfassung von Produktion und Wertschöpfung zu erzielen. Dazu gehören Ergänzungen um Angaben zu Kleinbetrieben, wenn sie wegen statistischer Abschneidegrenzen nicht in den Datenquellen erfasst sind. Ebenso werden Schätzungen für bewusste Falschangaben sowie schattenwirtschaftliche und illegale Aktivitäten vorgenommen. Für die verschiedenen Ergänzungen werden auch Vorleistungen errechnet. Wenn die dafür benötigten Informationen aus den Strukturerhebungen nicht direkt abgeleitet werden können, werden für jede Anpassung eine sogenannte Vorleistungsquote geschätzt und mit dem entsprechenden Produktionswert der Anpassung multipliziert.
Neben diesen Vollständigkeitsanpassungen gibt es verschiedene konzeptionelle Anpassungen an die Vorgaben des ESVG 2010. Beispielsweise werden die in den Umsätzen enthaltenen reinen Wiederverkaufsgeschäfte aus den Ausgangsdaten herausgerechnet, weil es sich dabei nicht um Produktion handelt. Selbsterstellte Forschung und Entwicklung hingegen ist nicht in den Umsatzangaben enthalten und wird als Produktion hinzugerechnet.
Die Nichtmarktproduktion findet hauptsächlich in den Wirtschaftsbereichen Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung sowie Erziehung und Unterricht statt, gefolgt von den Bereichen Forschung und Entwicklung, Kunst und Kultur und Medien/Rundfunk und zu geringeren Anteilen in weiteren Wirtschaftsbereichen. Neben staatlichen Einheiten sind dabei auch private Organisationen ohne Erwerbszweck als Produzenten tätig. In beiden Fällen entspricht die Bruttowertschöpfung der Summe der Kosten, bestehend aus dem Arbeitnehmerentgelt, den Abschreibungen und den geleisteten sonstigen Produktionsabgaben abzüglich der empfangenen sonstigen Subventionen. Werden zu den genannten Aufwendungen die Vorleistungen addiert, ergibt sich der Produktionswert.
Welche sind die wichtigsten Datenquellen?
Die wichtigsten Datenquellen zur Entstehungsrechnung:
- Strukturerhebungen im Bereich Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden (EVAS 42251, 42252)
- Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich (EVAS 47415)
- Rechnungsergebnisse der Kernhaushalte, Extrahaushalte und sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen des Bundes, der Länder, der Sozialversicherung und der Gemeinden (EVAS 71712, 71717)
- Gebäude- und Wohnungszählungen (EVAS 31211)
- Umsatzsteuerstatistiken (Voranmeldungen und Veranlagungen) (EVAS 73311 bzw. 73321)
- Statistisches Unternehmensregister (EVAS 52111)
Wo finde ich aktuelle Ergebnisse?
Aktuelle Ergebnisse zur Entstehungsrechnung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen stehen in unserer Datenbank GENESIS-Online (Tabelle 81000-0101 , Tabelle 81000-0102 und Tabelle 81000-0103) zur Verfügung.
Zur detaillierten Methodenbeschreibung "ESA 2010 methods and sources for the German GNI and its components - Edition 2021" (nur in englischer Version verfügbar).