Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Sektor Private Organisationen ohne Erwerbszweck

Was ist der Sektor Private Organisationen ohne Erwerbszweck?

Der Sektor "Private Organisationen ohne Erwerbszweck" umfasst nach den Definitionen des ESVG 2010 Organisationen ohne Erwerbszweck mit eigener Rechtspersönlichkeit, die als private Nichtmarktproduzenten privaten Haushalten dienen und nicht staatlich kontrolliert sind. Ihre Haupteinnahmen stammen aus freiwilligen Geld- oder Sachbeiträgen vor allem von privaten Haushalten, aus Zahlungen des Staates sowie aus Vermögenseinkommen. Verkaufserlöse sind dagegen von untergeordneter Bedeutung, weil diese Einheiten ihre Güter überwiegend kostenfrei oder zu wirtschaftlich nicht signifikanten Preisen zur Verfügung stellen. Etwaige Gewinne dürfen nicht an sie kontrollierende oder finanzierende Einheiten ausgeschüttet werden. Beispiele für solche Organisationen sind Gewerkschaften, politische Parteien, Kirchen und Religionsgemeinschaften, soziale und kulturelle Vereinigungen, Wohlfahrtsverbände oder Sport- und Freizeitvereine.

Wenn nicht gewinnorientierte private Organisationen als Nichtmarktproduzenten vom Staat kontrolliert werden, werde sie dem Sektor Staat zugeordnet. Hingegen gelten Organisationen ohne Erwerbszweck und ohne staatliche Kontrolle, die ihre Kosten vollständig oder überwiegend durch Verkäufe abdecken, als Marktproduzenten und werden im Allgemeinen dem Sektor nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften zugeordnet. Dazu zählen beispielsweise Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime, die von gemeinnützigen Organisationen betrieben werden und rechtlich eigenständige Einheiten sind. Teilweise ist die Unterscheidung zwischen Markt- und Nichtmarktproduzent gerade im Sozial- und Gesundheitswesen aber schwierig und im Einzelfall zu analysieren. Dann wird unter anderem geprüft, ob die Verkaufserlöse einer Einheit über mehrere Jahre weniger als die Hälfte der Produktionskosten abdecken.

Die Einheiten im Sektor „Private Organisationen ohne Erwerbszweck, die privaten Haushalten dienen“ sind nahezu ausschließlich im Dienstleistungsbereich tätig und tragen hier zur Wertschöpfung verschiedener Wirtschaftszweige (WZ) bei, darunter beispielsweise im Bereich Erziehung und Unterricht (WZ 85), Gesundheitswesen (WZ86), Sport, Unterhaltung und Erholung (WZ 93) und Interessenvertretungen sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen (WZ94).

Wie werden Produktion und Konsum der Privaten Organisationen ohne Erwerbszweck ermittelt?

Wie bei Nichtmarktproduzenten üblich, erfolgt die Berechnung von Bruttowertschöpfung und Produktionswert der Einheiten in diesem Sektor über die Kostenseite, weil die Leistungen unentgeltlich beziehungsweise nicht kostendeckend zur Verfügung gestellt werden. Die Bruttowertschöpfung entspricht somit der Summe aus dem Arbeitnehmerentgelt, den Abschreibungen und den geleisteten sonstigen Produktionssteuern abzüglich der empfangenen sonstigen Subventionen. Werden zu den genannten Aufwendungen die Vorleistungen addiert, ergibt sich der Produktionswert.
Die größte Position dabei ist das Arbeitnehmerentgelt, das aus den Bruttolöhnen und -gehältern sowie den Arbeitgebersozialbeiträgen besteht. Neben sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern, die die die weitausgrößte Gruppe darstellen, gehen in die Berechnungen auch geringfügig Beschäftigte, Beschäftigte in Behindertenwerkstätten und Kirchenbeamte ein.

Die sonstigen Produktionsabgaben und sonstigen Subventionen werden aus den finanzstatistischen Quellen entnommen und für die Zwecke der Wertschöpfungsberechnungen den Wirtschaftszweigen und Sektoren zugeordnet. Die Berechnung der Abschreibungen resultiert aus der Anlagevermögensrechnung, ebenfalls unterteilt nach Wirtschaftszweigen und Sektoren.

Die Vorleistungen der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck werden für die relevanten Wirtschaftszweige über das Verhältnis von Sachkosten zu den Personalkosten ermittelt. Diese modellmäßigen Berechnungen beruhen vor allem auf Informationen der Finanzstatistik für die öffentlichen Haushalte und den Angaben der Kirchen, Gewerkschaften und Parteien. Die ermittelte Relation wird auf die Arbeitnehmerentgelte der privaten Organisationen im jeweiligen Wirtschaftszweig angewandt, um die Höhe der Vorleistungen zu bestimmen.

Die im Sektor der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck erwirtschaftete Bruttowertschöpfung geht im Rahmen der Entstehungsrechnung in das Bruttoinlandsprodukt ein. Zur Bestimmung der Konsumausgaben der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck werden vom entstehungsseitig ermittelten Produktionswert die Verkäufe an andere Sektoren (Gebietskörperschaften, Sozialversicherung, Unternehmen, private Haushalte) und - quantitativ von geringer Bedeutung - die selbsterstellten Anlagegüter abgezogen. Beim Konsum handelt es sich um ganz oder weitgehend unentgeltlich zur Verfügung gestellte Güter. Im Allgemeinen sind dies Dienstleistungen von Vereinen, von Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen, die Tätigkeiten von Parteien und Gewerkschaften sowie unentgeltliche Leistungen von karitativen Organisationen für private Haushalte.

Welche sind die wichtigsten Datenquellen?

Neben den Ergebnissen über die Arbeitnehmerentgelte, Anlageinvestitionen und der Vermögensrechnung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zählen folgende amtliche und nichtamtliche Quellen zu den wichtigsten jährlichen Datenquellen:

  • Finanzstatistische Ergebnisse (EVAS 71712, EVAS 71717)
  • Diverse Informationen über die Ausgaben der Kirchen und religiöse Vereinigungen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände
  • Rechenschaftsberichte der politischen Parteien und Gewerkschaften

zur detaillierten Methodenbeschreibung "ESA 2010 methods and sources for the German GNI and its components - Edition 2021" (nur in englischer Version verfügbar)