Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Verteilungsrechnung

Was ist die Verteilungsrechnung?

Bei der Verteilungsrechnung werden Inlandsprodukt und Nationaleinkommen anhand der Einkommen ermittelt, die aus der Produktionstätigkeit der inländischen Einheiten entstanden sind. Die Verteilungsrechnung bildet ab, wie diese Einkommen auf die Produktionsfaktoren verteilt werden. Die beiden anderen Rechenarten des Inlandsprodukts, die Entstehungs- und die Verwendungsrechnung, betrachten hingegen die Güterseite, indem sie die Produktion beziehungsweise die Verwendung von Waren und Dienstleistungen abbilden.

Vom Konzept her setzt die Verteilungsrechnung bei den Erwerbs-, Unternehmens- und Vermögenseinkommen der Inländer an. Diese bilden das Volkseinkommen, das zusammen mit den Nettoproduktionsabgaben und Abschreibungen das Bruttonationaleinkommen ergibt. Diese Größen folgen dem Inländerkonzept, das alle aus dem Ausland zugeflossenen Einkommen beinhaltet. Erst durch die Bereinigung um die Primäreinkommen an das oder aus dem Ausland ergibt sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das nur die Wirtschaftsleistung innerhalb der Landesgrenzen erfasst.

Das Berechnungsschema kann man folgendermaßen darstellen:

Arbeitnehmerentgelt aller Inländer, auch im Ausland erwirtschaftet
+ Unternehmens- und Vermögenseinkommen
= Volkseinkommen
+ Produktions- und Importabgaben an den Staat abzüglich Subventionen
+ Abschreibungen
= Bruttonationaleinkommen
- Primäreinkommen aus der übrigen Welt (Saldo)
= Bruttoinlandsprodukt (BIP)

In den deutschen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) wird das Bruttonationaleinkommen allerdings nicht über den dargestellten Rechengang ermittelt, sondern aus dem BIP über die Saldierung der ausländischen Primäreinkommen abgeleitet. Das BIP lässt sich über die Verteilungsrechnung ermitteln, indem die ausschließlich im Inland erwirtschafteten Einkommen aus Erwerbstätigkeit, die Unternehmensgewinne, die inländischen Produktionsabgeben abzüglich Subventionen und die gesamtwirtschaftlichen Abschreibungen aufsummiert werden. Die inländischen Vermögenseinkommen können für das BIP außer Acht gelassen werden, da sie sich gesamtwirtschaftlich zu Null saldieren.

Wie werden die Komponenten der Verteilungsrechnung ermittelt?

Die sogenannte originäre Berechnung des BIP, also auf Grundlage statistischer Basisdaten, ist auf der Verteilungsseite in Deutschland möglich für

  • die Arbeitnehmerentgelte,
  • die Steuern und Subventionen und
  • die Abschreibungen.

Für die Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und die Unternehmensgewinne sind die notwenigen statistische Ausgangsdaten lückenhaft. Daher werden diese Größen berechnet, indem vom BIP gemäß der Entstehungs- oder Verwendungsrechnung die originär berechneten Verteilungskomponenten abgezogen werden. Daher kann die Verteilungsrechnung in Deutschland nicht als ein eigenständiger Rechenweg des BIP dienen.

Die Arbeitnehmerentgelte umfassen zunächst die Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber, sei es in einem Angestellten- oder Beamtenverhältnis, in der Ausbildung, im Freiwilligendienst, in der geringfügigen Beschäftigung oder für die Arbeit in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderungen. Zuschläge, Sonderzahlungen, Trinkgelder und Naturalleistungen sind ebenfalls Teil der Bruttoentlohnung. Zusätzlich sind die Sozialbeiträge der Arbeitgeber zu berücksichtigen. Die sogenannten tatsächlichen Sozialbeiträge entrichten die Arbeitgeber für ihre Beschäftigten an gesetzliche und private Sozialversicherungssysteme (Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung) und Träger der betrieblichen Alterssicherung. Wenn sie entsprechende soziale Leistungen direkt an ihre Beschäftigten auszahlen ohne Einbeziehung eines Sozialversicherungsträgers, wie dies bei Beamtinnen und Beamten der Fall ist, so erfolgt eine Buchung als unterstellte Sozialbeiträge.

Für jeden Wirtschaftszweig wird die durchschnittliche Bruttoentlohnung ermittelt und mit der Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich multipliziert. Die durchschnittlichen Löhne und Gehälter werden auf der Grundlage einer Vielzahl von Datenquellen ermittelt, allen voran die Arbeitskostenerhebung und die Verdiensterhebung. Die entsprechende Anzahl der Beschäftigten ist das Ergebnis der Erwerbstätigenrechnung innerhalb der VGR. Auch sie führt mehrere Datenquellen wie zum Beispiel die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit und den Mikrozensus zu einem volkswirtschaftlichen Gesamtbild der Beschäftigung zusammen. Für die Sozialbeiträge der Arbeitgeber zählen die Statistiken der gesetzlichen Sozialversicherungsträger und Informationen der privaten Krankenversicherer sowie der BaFin zu den wichtigsten Quellen.

Die Steuern und Subventionen leiten sich aus den Rechnungsergebnissen der öffentlichen Haushalte ab.

Abschreibungen werden aus der Vermögensrechnung der VGR abgeleitet. Sie messen die Wertminderung des Anlagevermögens während einer Periode durch normalen Verschleiß, wirtschaftliches Veralten und durch versicherbare Schadensfälle. Abschreibungen werden auf das gesamte Anlagevermögen, also sowohl auf Sachanlagen als auch auf geistiges Eigentum, wie Forschung und Entwicklung, Urheberrechte, Suchbohrungen sowie Software und Datenbanken vorgenommen. Ausgenommen sind definitionsgemäß Nutztiere.

Die Berechnung der Abschreibungen basiert auf zwei Komponenten. Zum einen werden lange Investitionsreihen der Güter betrachtet, die mehrere Jahrzehnte abdecken. Zum anderen wird die Dauer geschätzt, die ein Investitionsjahrgang einer jeden Gütergruppe produktiv genutzt wird. Die Investitionsreihen liegen in den VGR mindestens ab dem Jahr 1991 vor, manche reichen länger zurück. Für die Nutzungsdauern werden verschiedene Datenquellen ausgewertet, darunter die Angaben zu den steuerlichen Nutzungsdauern des Bundesfinanzministeriums.

Die Wahrscheinlichkeit für das Ausscheiden aus dem Produktionsprozess verteilt sich glockenförmig um die durchschnittliche ökonomische Nutzungsdauer. Dies wird als die Abgangsfunktion bezeichnet. Ein Investitionsgut wird linear mit dem Kehrwert der Nutzungsdauer abgeschrieben, dem sogenannten Abschreibungssatz, bis es aus dem Produktionsprozess ausscheidet. Aus beiden Komponenten Abgangsfunktion und Abschreibungssatz lässt sich pro Gütergruppe und für jedes aktuelle Berichtsjahr bestimmen, welcher Anteil eines bestimmten früheren Investitionsjahrganges abgeschrieben werden muss. Bewertet werden die Abschreibungen zu Wiederbeschaffungspreisen der Anlagegüter in der Berichtsperiode. Die Berechnungen werden in einer tiefen Gütergliederung durchgeführt und zu gesamtwirtschaftlichen Abschreibungen summiert.

Welche sind die wichtigsten Datenquellen?

  • Arbeitskostenerhebung (EVAS 62411)
  • Verdiensterhebung (EVAS 62361)
  • Statistiken der gesetzlichen Krankenkassen, Rentenversicherung und anderen Trägern der gesetzlichen Sozialsicherung
  • Verband der privaten Krankenversicherung
  • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin): Daten zu Pensionskassen und Pensionsfonds
  • Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigtenstatistik
  • Mikrozensus (EVAS 12211)

Wo finde ich aktuelle Ergebnisse?

Aktuelle Ergebnisse zur Verteilungsrechnung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen stehen in unserer Datenbank GENESIS-Online (Tabelle 81000-0106, Tabelle 81000-0107 und Tabelle 81000-0110 zur Verfügung.

Zur detaillierten Methodenbeschreibung "ESA 2010 methods and sources for the German GNI and its components - Edition 2021" (nur in englischer Version verfügbar)