Veranstaltungen 15. Wissenschaftliche Tagung am 20. und 21. Juni 2024

Datenerhebung, Datenqualität und Datenethik in Zeiten von künstlicher Intelligenz

KI in der Markt- und Sozialforschung - Ein Überblick zu Anwendungen, Erfahrungen, Perspektiven und zu wichtigen ethischen Aspekten

Bettina Klumpe1, Hartmut Scheffler2

Abstract

Angesichts der inflationären und oft unbedachten Nutzung des KI–Begriffes beginnt der Vortrag mit einer für die Markt- und Sozialforschung geeigneten Definition. Auf dieser Basis werden die drei wichtigsten Anwendungsfelder von KI in der Markt- und Sozialforschung beschrieben. Am häufigsten findet sich – und dies ist das erste Einsatzfeld – der Einsatz von KI im Projektmanagement, also zum Beispiel für Übersetzungen, Speech to Text, Coding, Zusammenfassungen, Erstellung von Charts und Präsentationen. Zweitens findet sich immer häufiger der KI-Einsatz im Rahmen von Tools wie zum Beispiel Pretests, Konzepttests, Packungstests, usw. Und drittens ist schließlich der Einsatz der generativen KI zu nennen, der immer häufiger auch für die Erstellung von Produktbeschreibungen, Werbetexten und Bildern genutzt wird. Diese Darstellung der Anwendungsfelder wird um wichtige Erfahrungen aus der Praxis ergänzt.

Und die Zukunft? Überlegungen und Bewertungen thematisieren, inwieweit KI zukünftig Emotionen erkennen, kreativ und intelligent sein, Empathie zeigen und "Verstehen" lernen kann und wird. Wie ist hier und bei den folgenden Punkten der Stand der Diskussion? Inwieweit wird eine Validierung der Ansätze möglich sein? Wie sind die Möglichkeiten von Betrug und Fakes, zum Beispiel über das imitieren von Sprache und Erstellen von Bildern bis hin zur Simulation echter Personen in Videos, zu bewerten und wie ggf. einzugrenzen? Abgeschlossen wird der Blick in die Zukunft mit einem Ausblick auf synthetische Daten und synthetische Befragte – unter anderem am Beispiel konkreter Angebote und Anbieter.

Der Einsatz von KI verlangt – dies ist inzwischen wohl Mehrheitsmeinung - neue ethische Leitplanken. Deshalb geht es im zweiten Teil um die Notwendigkeit einer ethischen Einordnung und Bewertung von KI in der Markt- und Sozialforschung. Dazu drei Themenblöcke: Den Einstieg bilden Überlegungen zu generellen Ethikfragen und -prinzipien, hier der Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, dem Prinzip richtigen und guten Handels, der Folgenabschätzung als ethischem Grundprinzip, dem Schutz vor Missbrauch bis hin zum problematischen Konzept der Machbarkeitsethik infolge hohen Legitimationsdrucks.

Zum zweiten werden die Konsequenzen für durch KI betroffene Menschen angesprochen: die Wahrung von Würde und Autonomie, die Vermeidung von (algorithmischer) Diskriminierung bis hin zur Gefahr einer Einschränkung von Kompetenzen und Fähigkeiten von Menschen durch KI.

Es folgen als drittes Hinweise auf erste Beispiele ethikgetriebener Aktivitäten wie dem EU AI Act, dem "Ethikbeirat HR – Tech", dem Bereich "Ethics/AI-Governance" als einem Teil der sechs "ESOMAR Focus Areas for AI", den begonnenen Selbstregulierungen der Marktforschung selbst bis hin zu ersten Unternehmens-Guidelines.

Abgeschlossen wird dieser einführende Vortrag mit einem Blick auf die nicht hoch genug einzustufende Bedeutung von Kompetenz und Transparenz in Zusammenhang mit dem KI-Einsatz in der Markt- und Sozialforschung heute und in Zukunft. Dabei betrifft Transparenz sowohl den notwendigen, zu kommunizierenden Hinweis, wann immer KI eingesetzt wird (z.B. bei KI-unterstützten Texten oder Analysen) als auch Quantität und Qualität sowie Aktualität der Trainingsdaten für die eingesetzte KI-Tools.

1: Geschäftsführerin ADM

2: Berater für Marktforschung und Markenführung