Veranstaltungen Fachtagung des Fachausschusses Erwerbstätigkeit/Arbeitsmarkt am 1. und 2. Oktober 2024

Arbeitsmarkt und Demografischer Wandel – Empirische Befunde und Forschung zum Fachkräftebedarf

Ergebnisse der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit Fokus auf für den Arbeitsmarkt relevanten Aspekten

Dr. Elke Loichinger, Olga Pötzsch

Statistisches Bundesamt

Abstract

Während die Babyboomer-Generation das Erwerbspersonenpotenzial in den 1990er-Jahren deutlich verjüngt hat, trägt sie mittlerweile zu seiner Alterung bei. Derzeit sind über 50 % aller Menschen im Erwerbsalter 45 Jahre und älter. Wenn die stark besetzten Jahrgänge in den kommenden 10 bis 15 Jahren aus dem Erwerbsalter ausscheiden, wird das Erwerbspersonenpotenzial bis Mitte der 2030er-Jahre schrumpfen. Ohne Nettozuwanderung würde es sich alleine bis 2040 um rund 9 Millionen Menschen verringern (Modellrechnung G2L2W0). Um diese Verluste abzufangen, müssten zwischen 2022 und 2040 per Saldo jährlich etwa 490 000 Menschen im Alter zwischen 20 und 66 Jahren nach Deutschland zuwandern.

Der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials wird vom Wanderungsniveau bestimmt: Nach denjenigen Varianten der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, die von einer moderaten Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und Lebenserwartung ausgehen, wird die Zahl der Menschen im Erwerbsalter bis 2035 bei einer dauerhaft hohen Nettozuwanderung um 1,6 Millionen (Variante 3, G2L2W3) abnehmen. Bei einer moderaten Nettozuwanderung beträgt die Abnahme 3,2 Millionen (Variante 2, G2L2W2) und bei einer niedrigen Nettozuwanderung 4,8 Millionen (Variante 1, G2L2W1). Dementsprechend wird der Anteil der Menschen im Erwerbsalter in den nächsten Jahren in allen Varianten der Vorausberechnung deutlich sinken und im Jahr 2037 voraussichtlich 56 bis 57 % betragen.

Nach 2037 kann voraussichtlich mit einer mehrjährigen Stabilisierungsphase auf dem jeweils erreichten Niveau gerechnet werden. Bei hoher Zuwanderung könnte das erreichte Niveau bis Ende des Vorausberechnungszeitraums gehalten beziehungsweise in Kombination mit der hohen Geburtenhäufigkeit wieder etwas gesteigert werden (Variante 5, G3L1W3). Bei niedriger Zuwanderung kann es ab Anfang der 2040er-Jahre, bei moderater Zuwanderung ab Anfang der 2050er-Jahre zu einem weiteren Rückgang kommen, der je nach Annahme zur Geburtenentwicklung unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Im Jahr 2070 werden dann voraussichtlich zwischen 40,5 Millionen (Variante 1, G2L2W1) und 50,9 Millionen (Variante 3, G2L2W3) Menschen im Alter zwischen 20 und 66 Jahren sein. Bei einem Renteneinstiegsalter von 65 Jahren würde das Erwerbspersonenpotenzial in allen oben genannten Varianten zum Ende des Vorausberechnungszeitraums um etwa 2 Millionen Menschen geringer sein.

Hinter den beschriebenen Entwicklungen für Deutschland verbergen sich deutliche regionale Unterschiede: Während in den westlichen Flächenländern bis Ende der 2030-er Jahre mit tendenziell schrumpfender und dann mit stagnierender Bevölkerung im Erwerbsalter zu rechnen ist, wird in den ostdeutschen Flächenländern die Zahl der 20- bis 66-Jährigen unabhängig von den getroffenen Annahmen kontinuierlich schrumpfen. Da die Bevölkerung in den Stadtstaaten einen jüngeren Altersaufbau als in den Flächenländern hat, wird Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in den Stadtstaaten tendenziell wachsen.

In die Ergebnisse der 15. koordinierten Vorausberechnung ging der Bevölkerungsstand der bisherigen Fortschreibung auf Basis des Zensus 2011 ein. Die Veröffentlichung der 16. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, ausgehend vom Bevölkerungsstand 2024 auf Basis des Zensus 2022, ist für das vierte Quartal 2025 geplant. Zum Zensus-Stichtag (15.5.2022) lebten in Deutschland laut Zensusergebnis um 1,4 % weniger Menschen im Alter von 20 bis 66 Jahren als nach dem statistischen Ergebnis auf Basis des Zensus 2011 bisher ausgewiesen.