Veranstaltungen Fachtagung des Fachausschusses Erwerbstätigkeit/Arbeitsmarkt am 1. und 2. Oktober 2024

Arbeitsmarkt und Demografischer Wandel – Empirische Befunde und Forschung zum Fachkräftebedarf

Langfristige Folgen von Demografie und Strukturwandel für die Arbeitsmarktregionen

Florian Bernardt, Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS),
Christian Schneemann, Johanna Zenk, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
Michael Kalinowski, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

Abstract

Im Rahmen des QuBe-Projektes (www.qube-projekt.de) werden regelmäßig mittel- und langfristige "Qualifikations- und Berufsprojektionen" auf Bundesebene erstellt, die einen Überblick über die voraussichtliche Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes geben. Aktuell reicht der Projektionshorizont bis in das Jahr 2040. Aufgrund unterschiedlicher Bevölkerungs- und Branchenstrukturen können jedoch regionale Disparitäten in der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung auftreten. Deshalb werden die Qualifikations- und Berufsprojektionen auf Bundesebene um regionale Projektionen erweitert, mit denen die Entwicklung von Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftebedarf nach Bundesländern und Arbeitsmarktregionen ausgewertet werden kann. Die regionalen Projektionsergebnisse können nach 37 Wirtschaftszweigen und 37 Berufshauptgruppen differenziert werden.

Für die regionale Projektionen wird das Regionalmodell QMORE (QuBe-Monitoring-Regional) an das Bundesmodell QINFORGE (QuBe INterindustry FORecasting GErmany) gekoppelt. Dadurch ist die Konsistenz der regionalen Projektionen mit den Ergebnissen auf Bundesebene gegeben und es zeigt sich die Verteilung der Bundesentwicklungen im Raum. Die Regionalisierung erfolgt topdown, sodass die Bundesergebnisse die Treiber der regionalen, wirtschaftlichen Dynamik darstellen. Gleichzeitig werden regionale Wirtschaftsstrukturen und branchenspezifische Wachstumsunterschiede zwischen der jeweiligen räumlichen Ebene und der übergeordneten Region berücksichtigt.

Um Arbeitsmärkte auf regionaler Ebene genauer zu untersuchen, wurden 34 Arbeitsmarktregionen innerhalb Deutschlands auf Basis der Arbeiten von Kropp und Schwengler (2011 und 2016) definiert. Arbeitsmarktregionen beschreiben einen gemeinsamen Arbeitsmarkt, der durch das Pendlerverhalten bestimmt wird. Dabei bilden jene Kreise und kreisfreie Städte einen gemeinsamen Arbeitsmarkt, die hohe gegenseitige Pendlerströme aufweisen. Für jede Arbeitsmarktregion werden Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftebedarf mit Bezug auf regionalspezifische Komponenten modelliert.

Für die Angebotsseite werden regionalspezifische Bevölkerungsentwicklungen auf Basis der eigens erstellten regionalen QuBe-Bevölkerungsprojektion berücksichtigt. Neben Anzahl und Altersstruktur der regionalen Bevölkerung werden auch Aspekte wie die Staatsangehörigkeit herangezogen, um entsprechende Dynamiken bei Geburtenziffern und Wanderungsverhalten in den Projektionen mitabzubilden. Für den Arbeitsmarkt relevante Merkmale wie Ausbildungsstatus, Qualifikationsstufen und erlernte Berufen werden anhand der Daten aus dem Mikrozensus abgebildet. Ausschlaggebend für das regionale Arbeitskräfteangebot sind schließlich die Erwerbsneigungen sowie die berufliche Flexibilität der jeweiligen Bevölkerungsgruppen.

Auch auf der Bedarfsseite spielen die regionalspezifischen Bevölkerungsentwicklungen eine Rolle für die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in bestimmten Wirtschaftszweigen und den damit verbundenen Arbeitskräftebedarfen. Zusätzlich werden für die Modellierung der regionalen Arbeitskräftebedarfe verschiedene Shift-Share-Ansätze verfolgt, um den regionalen Wirtschaftsstrukturen und branchenspezifischen Trends gerecht zu werden. So werden beispielsweise Vorleistungsverflechtungen sowie nationale und internationale Marktentwicklungen berücksichtigt. Die Konsistenz zur übergeordneten regionalen Ebene wird dabei stets beachtet.

Die Ergebnisse der siebten Welle der regionalisierten QuBe-Projektionen zeigen zunächst, dass die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-74 Jahre) zwischen 2021 und 2040 in fast allen Arbeits-marktregionen sinkt. Besonders ausgeprägt sind die Rückgänge in vielen östlichen Arbeitsmarktregionen. Unter Berücksichtigung der Erwerbsneigung sowie der Pendlerbewegungen sinkt die Zahl der Erwerbspersonen zwischen 2021 und 2040 in 24 von 34 Arbeitsmarktregionen. Relativ betrachtet sind die größten Rückgänge in den Arbeitsmarktregionen Chemnitz, Neubrandenburg und Erfurt zu erwarten. Der Bedarf nach Arbeitskräften sinkt zwischen 2021 und 2040 hingegen in nur 17 von 34 Arbeitsmarktregionen. Die Rückgänge auf der Bedarfsseite sind dabei in vielen Arbeitsmarktregionen weniger stark ausgeprägt als die Rückgänge beim Arbeitskräfteangebot. Die Arbeitskräftesituation in metropolitangeprägten Stadtregionen wie Leipzig oder München dürfte sich hingegen zugunsten der Arbeitgebenden entspannen.


Literatur

Bernardt, F., Parton, F., Ulrich, P. (2023): Das Regionalmodell QMORE. In: Zika, G., Hummel, M., Maier, T, Wolter, M. I. (Hrsg): Das QuBe-Projekt: Modelle, Module, Methoden. IAB-Bibliothek 374. Bielefeld: wbv. S. 149-175.
Kropp, P. und Schwengler, B. (2016): Three-Step Method for Delineating Functional Labour Market Regions. In: Regional Studies. Journal of the Regional Studies Association, Jg. 50, H. 3, S. 429-445.
Kropp, P. und Schwengler, B. (2011): Abgrenzung von Arbeitsmarktregionen – ein Methodenvorschlag. In: Raumforschung und Raumordnung, Jg. 69, H. 1, S. 45-62.
Schneemann, C., Söhnlein, D., Studtrucker, M., Zika, G. (2023): QuBe-Bevölkerungsprojektion für Kreise und kreisfreie Städte Deutschlands. In: Zika, G., Hummel, M., Maier, T, Wolter, M. I. (Hrsg): Das QuBe-Projekt: Modelle, Module, Methoden. IAB-Bibliothek 374. Bielefeld: wbv. S. 55-71
QuBe-Projekt (2022): Dossiers Arbeitsmarktregionen zur QuBe-Basisprojektion (7. Welle). https://www.bibb.de/de/172253.php.